05 2011 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 7campus Der Historiker Prof. Dr. Jörn Leon- hard und der Leiter des Husserl-Ar- chivs Freiburg, Prof. Dr. Hans-Helmuth Gander, haben im September 2011 an der Schnittstelle zwischen Schule und Wissenschaft das Lernprojekt „Zeitrei- sen – Alltag und Erfahrung in histori- schen Ego-Dokumenten“ gestartet. Die Forscher wollen Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 9 bis 12 für historische Quellen im Deutschen Ta- gebucharchiv (DTA) in Emmendingen begeistern und ihnen den wissen- schaftlichen Umgang mit den Doku- menten beibringen. Die Schüler wer- den einige der etwa 8.500 im DTA gelagerten Quellenbestände sichten und bearbeiten. Dadurch erhalten sie einen Einblick in die Alltags-, Mentali- täts- und Erfahrungsgeschichte der letzten 250 Jahre. Studentische Tuto- rinnen und Tutoren werden die Ju- gendlichen während des Lernprojekts betreuen und wissenschaftlich beraten. Das Projekt ist zunächst auf drei Jahre angelegt und wird mit etwa 50.000 Euro von der Robert-Bosch-Stiftung unterstützt. An der Kooperation betei- ligen sich das Albert-Schweitzer-Gym- nasium in Gundelfingen, das Erasmus- Gymnasium in Denzlingen, das Goethe-Gymnasium in Emmendingen und das St.-Ursula-Gymnasium in Freiburg. Schüler machen Geschichte Die Universität Freiburg und die Mädchenrealschule St. Ursula wollen beim Berufswahlunterricht zukünftig kooperieren. Die Universität präsen- tiert sich vor Schülerinnen der Klas- sen 7 bis 9 als großer Ausbildungs- betrieb mit circa 100 Auszubildenden und informiert über den Arbeitsalltag an der Uni. Ziel ist es, den Schülerin- nen Einblicke in frauenuntypische Be- rufsfelder zu geben und sie dazu zu ermutigen, sich für diese Berufe und eine Ausbildung an der Universität zu entscheiden. Das Physikalische Ins- titut stellt die Ausbildungsberufe der Feinwerkmechanikerin und der Elek- tronikerin vor, das Chemische Institut den Beruf der Chemielaborantin und die zentrale Universitätsverwaltung die Ausbildung zur Kauffrau für Bü- rokommunikation. Die Institute bieten den Jugendlichen zudem einwöchige Schülerinnenpraktika und ein Bewer- bungstraining an. Das Abkommen ist das erste dieser Art in Freiburg und zunächst bis zum Schuljahresende 2014 befristet. Weitere Kooperationen mit Schulen aus Freiburg sind geplant. Damit Frauen ihren Mann stehen Tandem auf dem Schulhof Mit dem Projekt „Rock your Life“ setzen sich Freiburger Studierende für mehr Bildungsgerechtigkeit ein von Anita Rüffer Angelica ist heute nicht gut drauf. Die 15-jährige Freiburger Werkre- alschülerin mit den langen mittelblon- den Haaren und schwarz getuschten Wimpern hat Ärger in der Schule ge- habt. „Du kannst mich immer anrufen, wenn es Probleme gibt“, ermuntert Neli Strobel sie. Wer die beiden zusammen sieht, könnte sie für Freundinnen hal- ten. Aber die zierliche junge Frau mit der blonden Kurzhaarfrisur ist Angelica nicht nur um neun Lebensjahre voraus. Eigentlich trennen die beiden Welten: Die Neuntklässlerin mit italienischen Wurzeln liest Bücher nur, weil sie muss, und würde die Schule lieber heute als morgen hinter sich lassen, um eine Ausbildung zu beginnen. Neli Strobel hingegen studiert Englisch und Deutsch und will Lehrerin werden. Wie viele ihrer Mitstudierenden will sie über den Tel- lerrand ihres Milieus hinausschauen. Vor knapp einem Jahr haben Kommili- toninnen und Kommilitonen den Verein „Rock your Life (RYL) Freiburg“ gegrün- det – mit dem Ziel, mehr Bildungsge- rechtigkeit zu schaffen. Zwei Jahre sind Pflicht Angelica und Neli sind eins von der- zeit vierzig Coaching-Paaren aus je- weils einem Studierenden und einer Hauptschülerin oder einem Hauptschü- ler von der Albert-Schweitzer- oder der Vigeliusschule. Bis Ende 2011 sol- len es 80 solcher Tandems werden. „Hauptschüler können mehr, als ihnen zugetraut wird“, sagt Neli überzeugt. „Aber viele glauben nicht an sich.“ Die Studentin schwärmt zum Beispiel von Angelicas praktischen und künstleri- schen Talenten. „Da kann ich echt was von ihr lernen.“ Aber natürlich kann auch Angelica etwas von Neli lernen: Gemeinsam haben sie zum Beispiel die Bewerbung für das Praktikum der Neuntklässlerin in der Lackiererei der Mercedes-Benz-Niederlassung ge- schrieben. Es dürfte ein zusätzlicher Türöffner gewesen sein, dass Neli beim Vorstellungsgespräch dabei war. Immerhin beweist Angelica Durchhal- tevermögen, wenn sie sich an einem Projekt wie RYL beteiligt. Für zwei Jahre verpflichten sich beide Seiten zur Zusammenarbeit. Angelica und Neli treffen sich alle zwei Wochen. Sie ge- hen spazieren oder ins Kino. Manch- mal besucht Neli das Mädchen auch zu Hause, wo sie inzwischen Kontakt zu Angelicas Mutter geknüpft hat. Wer Handcreme benutzt, ist auch nur ein Mensch Erfolge sind zweifellos zu vermel- den, etwa die Zusammenarbeit bei der verpflichtenden Literaturarbeit, für die Angelica eine prima Note bekam. Sie hatte sich das Buch „Der große Bru- der von Neukölln“ von Fadi Saad aus- gesucht, der darin erzählt, wie er vom Gangmitglied zum Streetworker gewor- den ist. Angelica möchte gerne nach der neunten Klasse eine Ausbildung zur Raumausstatterin machen. „Das ist ein toller Beruf. Ich werde sie dabei unterstützen“, sagt Neli. Sie will An- gelica keinesfalls drängen, doch noch unbedingt den Werkrealschulabschluss zu machen. Stattdessen wird sie ihr bei der Suche nach einem Ausbildungs- platzsuche behilflich sein. Schließlich ist RYL auch dabei, Netzwerke mit Un- ternehmen zu knüpfen. Dass die Tandempartnerinnen sich im November 2010 gefunden haben, war kein Zufall: Mit einem Fragebogen wurde ermittelt, welche Konstellatio- nen zueinanderpassen. Neli und An- gelica finden, dass sie es gut getroffen haben. Angelica muss es zuerst etwas merkwürdig vorgekommen sein, sich mit einer „Studierten“ auf Augenhöhe zu treffen. Aber als Neli dann mitten im Gespräch anfing, sich die Hände einzucremen, war der Bann gebrochen. Für Angelica ein Zeichen: „Die ist auch nur ein Mensch.“ „Rock your Life“ Das Projekt Rock your Life gibt es an 18 Hochschulstandorten in Deutsch- land. Der erste Verein entstand 2008 in Friedrichshafen nach einer politi- schen Podiumsdiskussion. Mittlerwei- le wurde eine gemeinnützige GmbH mit einer hauptamtlichen Geschäfts- führerin gegründet. Die Zentrale hilft bei der Gründung neuer Gruppierun- gen und bildet Multiplikatoren aus, die die studentischen Coaches trai- nieren. Es gibt klare Strukturen und Regeln: Wer mitmacht, muss sich für zwei Jahre verpflichten. Die Initiati- ve wurde bereits mit renommierten Preisen ausgezeichnet und soeben für den Deutschen Engagementpreis 2011 nominiert. Die Freiburger „Ro- cker“ freuen sich über Mitstreiterin- nen und Mitstreiter aus allen Hoch- schulen. freiburg@rockyourlife.de www.rockyourlife.de „Du kannst mich immer anrufen, wenn es Probleme gibt“: Die angehende Lehrerin Neli Strobel (links) und die Werkreal- schülerin Angelica unterhalten sich über Stress in der Schule. Foto: Rüffer chancengleichheit@verwaltung.uni-freiburg.de Sichern auch Sie sich ein Stück Zeitgeschichte und erwerben Sie Ihre Papstbank mit Ihrer persönlichen Wunschnummer und Echtheitszertifikat zum Preis von 410 Euro! Informationen und Bestellmöglichkeit im Internet unter www.papstbank.de, per E-Mail: service@papstbank.de oder per Telefon: 0761 2188-960 PAPSTBANK 2011 5 m Zeitgeschichte – 5.000 Unikate Nr. 1 / 5000Nr. 1 / 5000 OFFIZIELLE PAPSTBANK ZUM BESUCH VON PAPST BENEDIKT XVI. 2011 IN FREIBURG OFFIZIELLE PAPSTBANK ZUM BESUCH VON PAPST BENEDIKT XVI. 2011 IN FREIBURG www.srp.de