06 2011 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 5 Die Albert-Ludwigs-Universität schreibt zum dritten Mal den Lehrent- wicklungspreis Instructional Develop- ment Award (IDA) aus. Bis zu sechs Projekte an der Universität Freiburg werden mit jeweils 70.000 Euro ge- fördert. Vier Preise werden im Rah- men des Wettbewerbs „Exzellenz in der Lehre“ des Projekts „Windows für Higher Education“ vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und von der Kultusministerkonferenz ver- geben. Zwei weitere Preise werden aus Mitteln des „Qualitätspakt Lehre“ des Bundes und der Länder finan- ziert. Diese erweitern das bisherige Konzept um zwei neue Bereiche: „In- novative Studieninhalte/Modulinnova- tion“ und „Innovationen in Staatsexa- mens-Studiengängen“. Ziele sind die stete Verbesserung der Qualität von Studium und Lehre, die Reduzierung von Studienabbruchquoten sowie die Entwicklung von Angeboten für be- sondere Zielgruppen, etwa interna- tionale Studierende, Studentinnen in den MINT-Fächern, Teilzeitstudieren- de oder Studierende mit Kindern. Bis zum 27. Januar 2012 können sich alle Professorinnen und Professoren der Universität, die seit ihrer Ernennung mindestens vier Jahre in der Lehre tätig sind, bewerben. Die Laufzeit des IDA beginnt zum April 2012. forschen www.maerchen-stiftung.de ‚‚Der Mensch muss über die Welt staunen können‘‘ Juliane Egerer lebte fünf Jahre mit Trollen und Zwergen zusammen, aber nur auf dem Papier Juliane Egerer bekam für ihre Dissertation den Lutz-Röhrich-Preis. Foto: Nikschick Die Archäologische Sammlung der Albert-Ludwigs-Universität öff- net nach einer kurzen Pause wieder ihre Pforten. Die Ausstellung wurde im Mai 2011 von der Universitätsbib- liothek in das ehemalige Papierlager des Herder-Verlags verlegt. Sie um- fasst mehr als 550 antike Originale und mehr als 800 Gipsabgüsse von Skulpturen der griechischen, etrus- kischen und römischen Antike vom Beginn des zweiten Jahrtausends v. Chr. bis zum fünften Jahrhundert n. Chr., deckt also eine Zeitspanne von 2.500 Jahren ab. Ausgestellt wer- den unter anderem antike Keramik, Bronzen, Terrakotten, Gläser, grie- chische Vasenmalerei sowie Reliefs und Marmorporträts. Darüber hinaus sind auch Architekturfragmente einer römischen Tempelanlage in Baalbek im heutigen Libanon Bestandteil der Sammlung. Die Gipsabgüsse von griechischen und römischen Skulptu- ren stammen aus zahlreichen Muse- en der ganzen Welt. Die Sammlung vereint museale Kunst des Mittel- meerraums mit der archäologischen Lehrsammlung für Studierende. Die Ausstellung im Herderbau in der Tennenbacherstraße 4 ist dienstags bis freitags sowie sonntags zwischen 11 und 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist kostenlos. Archäologische Sammlung wieder geöffnet Die Archäologische Sammlung im Herderbau zeigt zahlreiche Kunstschätze der Antike. Foto: Zahn Doppelte Auszeichnung: Gleich zweimal ging der Bartholdi-Preis 2011 an Freiburger Studenten. Fabi- an Zegowitz erhielt den ersten Preis in Höhe von 4.000 Euro für sein Prak- tikum bei der Deutsch-Tunesischen Industrie- und Handelskammer in Tu- nis/Tunesien. Adrian Eppel, der fünf Monate lang ein Praktikum bei der Versammlung der Regionen Europas in Straßburg/Frankreich absolvierte, bekam den Förderpreis in Höhe von 1.000 Euro. Die Auslandspraktika sind Teil des Masterstudiengangs „Interna- tionale Wirtschaftsbeziehungen“ des Frankreich-Zentrums der Universität Freiburg. Fester Bestandteil dieses Studiengangs ist ein Auslandsjahr, das sich aus einem Semester Studi- um und einem Semester Praktikum zusammensetzt. Als Ausübungsorte kommen alle frankofonen Gebiete in Frage – nicht nur Frankreich, son- dern zum Beispiel auch Kanada oder afrikanische Staaten. Der Bartholdi- Preis wird seit 2001 jedes Jahr für die besten Auslandspraktikumsberichte von Studierenden im Dreiländereck vergeben, um den Aufbau grenz- überschreitender bi- und trinationaler Studiengänge in der Oberrheinregion zu fördern. Bartholdi-Preis: Freiburg zweimal unter den Siegern Von links: Lothar Späth, Ministerpräsident a.D., Fabian Zegowitz, 1. Preis (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg/Frankreich-Zentrum), Adrian Eppel, Förderpreis (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg/Frankreich- Zentrum), Christel Ladwein, Présidente de l’Association „Prix Bartholdi“, Vizerektor Heiner Schanz. Foto: Zahn Ausschreibung: Die Universität soll noch besser werden www.lehrentwicklung. uni-freiburg.de/projekte/ida Dieser kleine Troll zierte Juliane Egerers Zimmerwand während ihrer Forschungszeit. zeichnung: Kjell Aukrust von Julia Nikschick Lillifee, die Mumins und Orks – heute kennt fast jedes Kind diese fantasti- schen Wesen. Auf Schultaschen, Früh- stücksbrettchen, in Büchern und Filmen begleiten sie Jung und Alt, entführen in fremde Welten, verzaubern und erschrecken. Doch woher stammen die kleinen Feen und ihre Gefährten? Dr. Juliane Egerer vom Skandinavi- schen Seminar der Universität Freiburg hat sich die Herkunft dieser Wesen im Kontext nordeuropäischen Volksglau- bens genauer angesehen. In ihrer Dis- sertation „Von Waldtrollen und Haus- zwergen. Norwegens übernatürliche Wesen als Erzählfiguren“ verfolgt sie deren literarisch nachweisbaren Wer- degang von der Reformation bis in die Neuzeit. „Erste Aufzeichnungen über Trolle und Zwerge finden sich in histo- risch-topografischen Schriften aus dem 17. Jahrhundert. Vög- tezeichneten Karten von der Landschaft, hielten aber die landwirtschaftliche Nut- zung für unmöglich auf- grund des Volksglaubens, dass in den Bergen Feen, Trolle oder dergleichen wohnten“, erklärt Egerer. Auch Priester hätten sich schriftlich zum Volksglau- ben geäußert, ihn aber nicht gut geheißen. „Zu- nehmende Aufklärung und Bildung machten einen fan- tastischen Erklärungsanspruch unnötig. So fielen diese Wesen langsam dem Vergessen zum Op- fer“, beschreibt Egerer die Entwicklung durch die Jahrhunderte. Kreative Wahrnehmung oder Glauben an Fantastisches? Glücklicherweise fanden sich Men- schen, denen das Bewahren solcher Geschichten am Herzen lag. Die Ten- denz, Erzählungen von Feen, Berg- trollen und Hauszwergen zu erhalten, die dem Bauern heimlich auf dem Hof zur Hand gehen, zeichnete sich im 19. Jahrhundert in der Nationalroman- tik ab. Heute sind diese Fabelgestal- ten vorrangig in der Kinderliteratur zu finden, um zu unterhalten, aber auch um Werte zu vermitteln, etwa den Umweltschutz. Solche Erzähltraditi- onen zu bewahren erachtet Juliane Egerer als besonders wichtig in einer Zeit, in der Tradition als altmodisch gilt und die vergleichende Erzähl- forschung als Wissenschaftsgebiet von der Volkskunde an die einzelnen Philologien abgegeben wurde. „Man- che Gegenwartsliteratur erschließt sich nur im historischen Vergleich“, sagt Egerer. „Ohne Kenntnis der tra- ditionellen Hintergründe wäre wissen- schaftliches Arbeiten unmöglich.“ „Die kreative Wahrnehmung dieser Themen ist besonders wichtig“, erläu- tert die Wissenschaftlerin, „nur Kre- ativität kann dieses Kulturgut bewah- ren. Archivierung reicht nicht, um es wach zu erhalten. Man muss sich aktiv mit diesen Geschichten auseinander- setzen.“ So trennt sie in ihrer Arbeit verschiedene Wahrnehmungsstufen voneinander: Es müsse bewusst zwi- schen kindlicher Wahrnehmung und aufgeklärter Wahrnehmung von Er- wachsenen unterschieden werden. Juliane Egerer schafft, was viele Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler im Laufe ihrer Forschungen verlieren: Sie kann noch staunen. Und dieses Staunen wird belohnt. Ihre Dis- sertation wurde 2011 mit dem Lutz- Röhrich-Preis für Erzählforschung ausgezeichnet. Lutz-Röhrich-Preis für Erzählforschung Der Lutz-Röhrich-Preis wird jähr- lich von der Märchen-Stiftung Wal- ter Kahn verliehen. Benannt ist der Preis nach dem Erzählforscher und Volkskundler Lutz Röhrich, der 1967 der erste Inhaber des Lehrstuhls für Volkskunde an der Universität Frei- burg war. Röhrich, der 1991 selbst den europäischen Märchenpreis der Kahn-Stiftung erhielt, setzte sich bis zu seinem Tod 2006 mit verschiede- nen Formen des Erzählens ausein- ander, unter anderem mit Märchen aus skandinavischen Ländern. Der Preis ehrt deutschsprachigen wis- senschaftlichen Nachwuchs auf dem Gebiet der volkskundlich historisch- vergleichenden Erzählforschung. Er wird nur für bisher nicht prämierte Arbeiten verliehen und ist mit 2.500 Euro dotiert.