uni'leben 02-2020

Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 02 2020 Abschied vom Amt: Rektor Hans-Jochen Schiewer > S. 3 - 5 Ansatz für die Lehre: digitales Laborpraktikum > S. 10 Antrag auf Unterstützung: Studiennothilfe > S. 11 Die grüne Oase feiert Geburtstag Ein frischer Schauer im Tropenhaus: Regina Müller vom gärtnerischen Team besprüht die Pflanzen, was für eine erhöhte Luftfeuchtigkeit sorgt. FOTO: THOMAS KUNZ Der Botanische Garten der Universität Freiburg wird 400 Jahre alt – und hat sein Gesicht in dieser Zeit immer wieder verändert von Eva Opitz Der Botanische Garten der Universität Freiburg an der Schänzlestraße im Stadtteil Her- dern feiert ein stolzes Jubiläum. Seit der Gründung 1620 sind 400 Jahre vergangen – geprägt von Kriegswirren, Zerstörungen und mehrfachen Neuanfängen, aber auch durch die zunehmende Be- deutung der naturwissenschaftli- chen Forschung an der Universität. „Die ersten Gärten haben mit dem heutigen Bota nischen Garten kaum etwas gemeinsam“, betont Prof. Dr. Thomas Speck, seit 2002 Direktor des Gartens. Der erste „Hortus Me- dicus“ sei vor allem für die Ausbil- dung von angehenden Medizinern angelegt worden, ganz nach dem Motto „Gegen jede Krankheit ist ein Kraut gewachsen“. Heute sei der fünftälteste univer- sitäre Garten in Deutschland ein Schaufenster für Forschung und Lehre, aber auch ein Ort der Ruhe, Entspannung und Bildung für die Öffentlichkeit. Die ursprüngliche Gartenanlage am jetzigen Standort habe die Pflanzengeografie in den Mittelpunkt gestellt. „Damit sprach der Garten die gestiegenen Erwar- tungen der Bürgerinnen und Bürger an, die sich zunehmend Reisen in fremde Länder leisten konnten“, erzählt Speck. Die pflanzlichen Stammbäume seien weit vor den Ergebnissen der molekularen Sys- tematik entstanden. Nach heutiger Erkenntnis sei einiges falsch ge- deutet worden, anderes jedoch im- mer noch korrekt. Eine Schautafel verdeutlicht die Änderungen. nes Lebens habe das Tier dann in der Stuttgarter Wilhelma zubrin- gen dürfen. Bionik und Arche-Noah-Prinzip Ein Beispiel für die enge Verbun- denheit des Gartens mit der Wissenschaft ist die Bionik. Ein Lehrpfad mit 15 Tafeln informiert über die Ergebnisse der Grundla- genforschung. Bekannt ist unter anderem der Selbstreinigungs- oder „Lotus“-Effekt, beobachtet an der gleichnamigen Sumpfpflanze. Als eine wichtige Funktion des Gartens beschreibt Speck das so genannte Arche-Noah-Prinzip: Bedrohte Arten sollen erhalten werden. Zu solchen Erhaltungs- kulturen zählt etwa der kleine Weinberg entlang des Institutsge- bäudes, bepflanzt mit verschiede- nen Rebsorten und traditionellen Begleitern wie Weinbergstulpen oder Weinbergslauch, deren Zwie- beln auch zum Auswildern an Win- zerinnen und Winzer abgegeben werden. Es sei auch schon vorgekom- men, dass Besucherinnen und Besucher die Aufgabe der Arter- haltung missverstanden und vor dem Urlaub Aquariumstiere wie kleine Piranhas ungefragt der Ob- hut des Gartens übergeben hät- ten. Und bei kleinen Fischen ist es nicht geblieben. Als der Gärt- nermeister bei der Arbeit an ei- nem der Teiche einen unerklärli- chen elektri schen Schlag bekam, habe man einen mehr als einen Meter langen Zitteraal als Verur- sacher gefunden. Den Rest sei- Bei Ausstellungen wie „Forscher, Sammler, Pflanzenjäger“ steht der Garten im engen Austausch mit circa 100 weiteren Botanischen Gärten in Deutschland. „Wir bieten zudem jährlich 100 bis 150 Führun- gen für Schulklassen, Firmen und interessierte Besuchergruppen an“, informiert der Gartendirektor. Der erste Vorgängergarten ent- stand 1620 im Stadtteil Neuburg, vermutlich auf dem Gelände des heutigen Stadtgartens. Der genaue Standort ist nicht bekannt. Der Dreißigjährige Krieg und die Festungsbauten Vaubans um 1677 brachten ihm das Aus. Über- bleibsel des Gartens wurden laut einer Chronik „kulinarischen Zwecken zugeführt“. Der zweite Garten wurde nach 90 Jahren Pause 1766 entlang der heutigen Kronenstraße am linken Ufer der Dreisam angelegt. Trotz einer ver- stärkten botanischen Ausrichtung an dem „Clavis Systematis Sexualis“ des berühmten Naturforschers Carl von Linné war er, wie schon sein Vorgänger, hauptsächlich ein medizinischer Lehrgarten. Die falsch verstandene Bezeichnung der an Staub- und Fruchtblättern orientierten Systematik Linnés bewog die katholische Kirche übrigens dazu, Linnés Forschung auf den Index zu setzen. Der wissenschaftliche Beitrag seiner botanisch interessierten Direktoren brachte den Garten in vorderösterreichischer Zeit voran. Ab 1805, unter der Herrschaft der badischen Markgrafen, veränderte er jedoch deutlich sein Gesicht: „Mit finanzieller Unterstützung wurden von 1827 an Gewächs- häuser neu angelegt und beste- hende erweitert“, berichtet Speck. „Die wissenschaftlich-botanische Ausrichtung nahm ihren Anfang.“ Ein Novum war auch der nationale und internationale Austausch von Samen unter den Botanischen Gärten, der 1830 begann – damals mit circa 3.300 Arten, heute mit 6.000. Der Platzbedarf der wachsenden Stadt an der Dreisam, der sich auch im Bau neuer Straßen niederschlug, ver- trieb den Garten 1879 erst ins Institutsviertel und nach auch dort steigender Bautätigkeit um 1912 auf ein angekauftes Grundstück an der Schänzlestraße im Stadt- teil Herdern, dem gegenwärtigen Standort des Gartens. In diese Zeit fällt auch die endgültige Ab- trennung von der Medizin mit der Gründung einer mathematisch- naturwissenschaft lichen Fakultät. Der Garten in Zeiten von Corona Nach seiner Zerstörung bei der Bombardierung Freiburgs 1944 wurde der Botanische Garten aus- gebaut und umfangreich saniert. „Gegenüber neuen Herausforde- rungen wie dem Klimawandel ist der Garten gut aufgestellt“, sagt Speck. Trockenheitsempfindliche Bäume wie die Sumpfzy pressen profitierten als erste von einer ausgeklü gelten Tröpfchenbewäs- serung. „Weitere Pflanzen werden folgen.“ Früh habe das Garten- team begonnen, eine Datenbank für den Austausch von Pflanzen- samen einzurichten. In Planung sei zudem ein digi tales QR-Sys- tem, um Besuchern via Smartpho- ne möglichst viele Informationen zu einzelnen Pflanzen geben zu können. Für die 400-Jahr-Feier sei die Premiere eines virtuellen Rund- gangs durch den Garten sowie eine Reihe von Jubiläumsveran- staltungen vorgesehen gewesen, doch die Corona-Krise machte dem Team einen Strich durch die Rechnung – manche der Aktionen werden später nachgeholt, andere entfallen. Der Botanische Garten musste aufgrund der Pandemie drei Monate lang seine Pforten schließen. „Das war schon surreal“, sagt Thomas Speck. „In der Mit- tagspause saß ich ab und zu auf einer Bank im leeren Garten und habe es bedauert, dass die Stu- dierenden und Forschenden hier nicht arbeiten können. Da blutete mir das Herz.“ Seit Anfang Juli hat der Garten wieder geöffnet, und der Direktor zeigt sich glück- lich darüber, „dass die Leute nun sehen können, wie schön alles die- ser Tage blüht“. Jetzt, wo das Kri- senmanagement nicht mehr den Alltag bestimmt, will er mit seinem Team wieder langfristige Heraus- forderungen angehen: „Wir werden ordentlich Kraft für die Zukunfts- aufgaben brauchen, aber wir freu- en uns darauf.“  www.botanischer-garten. uni-freiburg.de

2 aktuell unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de „So einen Unsinn sollten wir nicht im Grundgesetz haben“ Die genetische Vielfalt im menschlichen Erbgut ist groß – die Hautfarbe einer Person als Garanten für ihre Abstammung zu deuten führt in die Irre. FOTO: MONIK A/STOCK.ADOBE.COM „Rassen“ gibt es beim Menschen nicht, darüber ist sich die moderne Forschung einig – warum hält sich der Begriff dennoch so hartnäckig? 02 2020 02 2020 Umweltberichte und grüne Geldanlagen Die Universität Freiburg setzt ein Zei- chen für den Klimaschutz: Sie hat ihre Umweltleitlinien und ihre Anlagerichtlini- en aktualisiert und sich dazu verpflichtet, künftig einmal im Jahr einen Umweltbe- richt sowie alle drei Jahre einen umfang- reicheren Nachhaltigkeitsbericht zu ver- öffentlichen. In die Umweltleitlinien wurde unter anderem der Klimaschutz als wichtiges Ziel aufgenommen. Im ers- ten Umweltbericht 2019/20 legt die Uni- versität wesentliche Fakten und Zahlen zu ihrer Kohlenstoffdioxid-Teilbilanz offen: Darin sind sowohl die Treibhausgasemis- sionen infolge des Energieverbrauchs als auch eine Hochrechnung der durch Dienstreisen verursachten Emissionen enthalten. Die Anlagerichtlinie gilt für die Verwaltung des Körperschaftsvermö- gens der Universität Freiburg, das unter anderem 34 Treuhandstiftungen umfasst. Die Richtlinien enthalten nun zum Beispiel die Bestimmung, dass Unternehmen, de- ren Kerngeschäft auf der Exploration, der Förderung, dem Transport und dem Ver- trieb oder der Gewinnung von Energie aus fossilen und nuklearen Energieträ- gern beruht, aus der Vermögensanlage ausgeschlossen werden.  www.zuv.uni-freiburg.de/service/ anlagerichtlinien  www.nachhaltige.uni-freiburg.de/ umweltbericht Autonomie und Qualität in der Lehre Die Universität Freiburg darf ihre mehr als 200 Studiengänge nun selbst einer Qualitätsprüfung unterziehen: Sie hat das 2017 gestartete Verfahren der Sys- temakkreditierung erfolgreich und aufla- genfrei durchlaufen und darf somit das Qualitätssiegel des Akkreditierungsrats eigenständig vergeben. Bachelor- und Masterstudiengänge sollen alle acht Jahre ein Verfahren zur Qualitätsent- wicklung durchlaufen. Als Beurteilungs- grundlage dienen Daten zur Studien- dauer und zur Erfolgsquote sowie Studien- und Prüfungsordnungen und Modulhandbücher. Jede Fakultät ent- sendet acht Personen in den Internen Akkreditierungsausschuss, der einzelne Akkreditierungen gemeinsam mit exter- nen Gutachterinnen und Gutachtern prüft. Die Gruppe legt ihre Beschluss- vorschläge der Hochschulleitung vor, die über die Akkreditierung eines Studien- gangs entscheidet. Die Universität ist zunächst für sechs Jahre systemakkre- ditiert. In regelmäßigen Abständen wird extern überprüft, ob sie weiterhin zur Vergabe des Qualitätssiegels für ihre Studiengänge berechtigt bleibt. Unter dem Eindruck der jüngsten Demonstrationen gegen Rassismus in den USA und in vielen europäi- schen Ländern und der mit neuem Selbstbewusstsein vorgetragenen völkischen Weltanschauungen in Deutschland ist eine Formulierung in Artikel 3 des Grundgesetzes in den Fokus gerückt. Dort heißt es: „Niemand darf wegen seines Ge- schlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glau- bens, seiner religiösen oder poli- tischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Aber Menschenrassen gebe es nicht, be- tont die moderne Forschung. Sollte man das Wort dann nicht aus dem Grundgesetz streichen? Jürgen Reuß hat bei der Freiburger Wissen- schaftshistorikerin Prof. Dr. Veronika Lipphardt nachgefragt, die sich mit genetischen Zuordnungen in der Ge- schichte, aber auch in der heutigen Forschung und Forensik beschäftigt. uni’leben: Frau Lipphardt, Sie sind dafür, den Begriff „Rasse“ aus dem Grundgesetz zu streichen. Warum? Veronika Lipphardt: Weil er zwi- schen all den anderen Begriffen in der Aufzählung so klingt, als ob es Rassen tatsächlich gäbe. Gibt es aber nicht. Die Verteilung von genetischen Variati- onen ist sehr komplex, sehr vielschichtig und lässt sich nicht so sortieren, wie es der Begriff „Rasse“ vorgibt. Das weiß die Wissenschaft spätestens seit den 1990er Jahren. Aber diese Erkenntnis hielt sich lange Zeit in der Wissen- schaft und auch im öffentlichen Be- wusstsein noch parallel zu der Vorstel- lung, dass eine Einteilung in Rassen prinzipiell möglich wäre. Und auch heute gibt es noch Wissenschaftlerin- nen und Wissenschaftler, die meinen, dass es bei der Kritik am Begriff „Ras- se“ nur um so ein Political-Correct- ness-Ding ginge, Rassen seien doch offensichtlich. Aber ich sehe doch gewisse Rassenunterschiede. Äußerlich erkennbar ist nur ein ganz kleiner Teil der genetischen Variation, weil nur wenige Variationen etwas kodieren, das mit dem Ausse- hen zu tun hat. Abgesehen davon ist der bei Weitem größte Teil des Genoms bei allen Menschen iden- tisch. Was Sie sehen und zu erken- nen glauben, sind nur die Fälle, die eindeutig scheinen. All die anderen, die nicht so eindeutig sind, haben Sie dann offenbar übersehen. Wir begeg- nen jeden Tag extrem vielen Men- schen, die wir überhaupt nicht zuord- nen können oder die wir völlig davon überzeugt, recht zu haben, komplett falsch zuordnen würden. Wie ist so ein unsinniger Begriff dann überhaupt ins Grundgesetz geraten? Die Geschichte dieses Begriffs und der entsprechenden Klassifikation reicht weit bis in die Aufklärung zurück. Seither ist der Begriff tief in der europäischen Kultur verankert. Um 1945 stand für vie- le Wissenschaftler weltweit, auch für antirassistisch gesinnte, noch außer Frage, dass es drei oder vier Men- schenrassen gebe. Die Möglichkeit, an- ders darüber zu sprechen, hat sich erst im späten 20. Jahrhundert herausgebil- det. Heute stehen uns andere Begriffe zur Verfügung – etwa „genetische Viel- falt“ oder „genetische Variationen“. Rassentheorie aufzugreifen und ihren Einfluss auf die Rechtspre- chung auszuschließen? Die Absicht des Grundgesetzes war antirassistisch, das steht für mich au- ßer Frage. Aber heute suggeriert der Begriff, dass der Gesetzgeber immer noch der Meinung sei, dass es tat- sächlich Rassen gäbe. Das war schon damals umstritten. Es gibt dazu zwei interessante UNESCO-Statements. Das erste von 1950, überwiegend von Geistes- und Sozialwissenschaftlern formuliert, besagt, dass „Rassen“ und vermeintlich damit zusammenhängen- de geistige Unterschiede nur ein My- thos seien. Ein starkes Statement ge- gen Rassismus. 1951 publizierten Naturwissenschaftler ein zweites Statement, das auf dem Begriff der Rasse beharrte. Entscheidend sei nur, wie man damit umgehe, um dem Ras- gut verteilt, bekomme ich 20 Farben. Und die Verteilung genetischer Variation bei Menschen ist viel komplexer als die Farbstruktur des Regenbogens. Das nächste Argument ist immer: Bei den Tieren gibt es doch auch Rassen. Ein britischer Kollege hat mich mal irritiert gefragt, weshalb an einem Hundesalon in Berlin stand: „Alle Rassen“. Im Englischen würde man für Hunde- rassen niemals das Wort „race“ benut- zen. Der Begriff ist dort für Menschen reserviert. Bei Tieren heißt es „breed“, weil es einen Prozess des Züchtens voraussetzt. Ohne Zucht gibt es also auch nicht die gewünschte Hunde-„Breed“. Genau. Jede Hundezüchterin und jeder Hundezüchter weiß, dass eine so genannte Rasse nur ein unter Auf- wand betriebenes Vermeiden von Varietäten ist. Bei Wildtieren finden Sie genau das, eine „rasselose“ Viel- zahl von Varietäten. Es führt ganz oft zu Missverständnissen, dass man den englischen beziehungsweise amerika- nischen Begriff „race“ mit dem deut- schen Begriff „Rasse“ gleichsetzt. Aber das sind zwei komplett unterschiedli- che Begriffe. In Nordamerika wird der Begriff so verwendet, dass er soziale Gruppen beschreibt, die unter ähnli- chen Diskriminierungsmustern leiden. Oft ist eine Übersetzung mit „Minder- heiten“ angebracht. Eine Variante ist auch das Hantieren mit dem Begriff „Ethnie“. Wie bewerten Sie das?  www.qmlehre.uni-freiburg.de/ systemakkreditierung Nimmt man „Ethnie“ nur als Ersatzbe- griff für „Rasse“, und das Konzept bleibt gleich, ist das reines Blendwerk. Das ist ausgerechnet in der Genetik leider oft der Fall. Wenn man damit, ähnlich wie im englischsprachigen Raum, zum Aus- druck bringen möchte, dass man etwas Komplexes meint, was sich eben nicht auf eine gemeinsame Abstammung re- duzieren lässt, ist der Begriff beden- kenswert. Der wichtigste Punkt ist die Selbstzuschreibung. In den USA dienen die Begriffe „Ethnie“ und „race“ dazu, sich selbst einer Gruppierung zuzuord- nen. In Deutschland gibt es diese Art der Selbstzuordnung nicht. Gibt es eine Alternative für Rasse, mit der Sie sich anfreunden könnten? Sie meinen fürs Grundgesetz? Man könnte zum Beispiel einfach „Aussehen“ schreiben. Die vielen derzeit kursieren- den Vorschläge für Ersatzbegriffe sollte man mal gründlich und interdisziplinär prüfen, auch im Kontext der anderen Be- griffe. Davon würde der Grundgesetzes- text profitieren. Knapp 500.000 Euro für Stipendien Im Akademischen Jahr 2020/21 erhalten 138 Studierende aus allen Studienphasen und Fachbereichen der Universität Freiburg jeweils ein Deutsch- landstipendium. Die Förderung beträgt 300 Euro monatlich und wird für ein Jahr gewährt. Die Hälfte des Betrags finan- zieren regionale und überregionale För- derinnen und Förderer. Darunter befin- den sich Unternehmen, Stiftungen und Privatpersonen wie der Förderverein Alumni Freiburg e.V., die Erzbischof Her- mann Stiftung, die Gisela und Erwin Sick Stiftung gemeinsam mit der Sick AG sowie das Biotechnologieunterneh- men CSL Behring. Das Bundesministe- rium für Bildung und Forschung trägt die zweite Hälfte des Stipendiums und hat die von der Universität eingeworbenen Mittel von 248.700 Euro auf 497.400 Euro verdoppelt.  www.uni-freiburg.de/universitaet/ foerdern-und-stiften/deutschlandstipendium Die Wissenschaftshistorikerin Veronika Lipphardt plädiert dafür, den Begriff „Rasse“ im Grundgesetz durch das Wort „Aussehen“ zu ersetzen. FOTO: KL AUS POLKOWSKI Aber sind die Kontinente denn keine gute Richtschnur für eine Einteilung? Wo sollte beispielsweise eine Trenn- linie zwischen Asien und Europa ver- laufen? Geografisch gibt’s da keine. Und der Austausch im Mittelmeerraum war so groß, dass Bewohnerinnen und Bewohner rund ums Mittelmeer kaum zweifelsfrei genetisch unterscheidbar sind. Oder denken Sie an Südamerika. Milliarden Menschen lassen sich also nach dem herkömmlichen Muster nicht zuordnen. War es für die Zeit, in der das Grundgesetz geschrieben wurde, aber nicht eine kluge Idee, die sismus einen Riegel vorzuschieben. Heute rechtfertigt der Stand der Wis- senschaft die Feststellung, dass die Einteilung der Menschheit in Rassen Unsinn ist. Deswegen ist klar: So einen Unsinn sollten wir nicht im Grundgesetz haben. Menschen mögen einfache Welt- bilder. Ich sehe doch, die ist schwarz, der ist weiß. Weil es scheinbar so offensichtlich ist. Aber nehmen wir den Regenbogen. Welche Farben hat der? Die meisten sagen Blau, Grün, Gelb, Rot. Aber das stimmt nur, solange man genau eine Probe aus der Mitte jedes dieser Farb- streifen nimmt. Nehme ich 20 Proben,

02 2020 02 2020 aktuell 3 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de „Es war ein riesengroßes Geschenk“ Hans-Jochen Schiewer blickt auf zwei Amtszeiten als Rektor der Universität Freiburg zurück Seit zwölf Jahren steht Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer als Rektor an der Spitze der Universität Frei- burg – am 1. Oktober 2020 kehrt er auf seine Professur für Germa- nistische Mediävistik zurück. Im Interview mit Nicolas Scherger berichtet er über die Bedeutung einer Vision für die gesamte Universität, das besondere Frei- burger Gefühl der Zusammenge- hörigkeit und die Verpflichtung, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. uni’leben: Herr Schiewer, als Me- diävist: Welche Elemente einer Aventürefahrt hatte Ihre Amtszeit? Hans-Jochen Schiewer: Eine Aventürefahrt besteht aus voraus- sehbaren und aus überraschenden Herausforderungen. Das entspricht dem, was ein Rektor erlebt. Bei glücklichem Verlauf mündet eine Aventürefahrt in ein rauschendes Fest am Artushof, und der Bericht über die bestandenen Aventüren ist eine willkommene Unterhaltung. Ich kann mir überlegen, ob ich aus meiner Aventürefahrt als Rektor eine Geschichte machen werde, die noch zu erzählen ist. Zu Beginn Ihrer Aventürefahrt waren Sie mit ganz anderen Herausforderungen konfrontiert als heute – etwa mit kontro- versen Debatten zum Bologna- Prozess. Wie sind Sie mit den schnell wechselnden Themen und den vielen kurzlebigen Trends umgegangen? Wichtig ist eine Vision, wie ein Rektor die Universität weiterent- wickeln möchte. Eine der großen Stärken unserer Universität ist der Teamgeist: die Bereitschaft, über die Grenzen von Fächern und Fakultä- ten hinweg zusammenzuarbeiten und wissenschaftliche Fragen ge- meinschaftlich zu lösen. Das habe ich schon als Professor erlebt und dann in meine Amtszeit als Rektor weitergetragen, um diese Stärke in die Entwicklung der Universität ein- zubringen. Das große Ziel darf man nicht aus den Augen verlieren, und in diesen Rahmen müssen sich die kurzfristigen Trends, Debatten und Themen einordnen lassen. Womit ist es aus Ihrer Sicht be- sonders gut gelungen, diese Stärke umzusetzen? Mit der Einrichtung des Freiburg Institute for Advanced Studies, an dem dieser Teamgeist gelebt wird. Mit dem Studiengang Liberal Arts and Sciences, der dieses Prinzip in die Lehre hineinträgt. Beides sind Alleinstellungsmerkmale unserer Universität. Dazu kommt die Zu- sammenarbeit mit den anderen wissenschaftlichen Einrichtungen, sei es die traditionelle Zusammen- arbeit mit der Max-Planck-Gesell- schaft, die geradezu modellhafte Kooperation mit der Fraunhofer- Gesellschaft oder die Zusammen- arbeit mit den anderen Hochschu- len am Standort. Und wichtig ist mir vor allem auch der Brückenschlag zu unseren starken Partnern in Frankreich und in der Schweiz. Sie haben auf den European Campus gesetzt, lange bevor eu- ropäische Universitäten zum gro- ßen politischen Thema geworden sind. Weshalb? Hans-Jochen Schiewer ermuntert alle Mitglieder der Universität Freiburg, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen: „Alle Disziplinen müssen sich fragen, wie sie zur Arbeit an den großen Herausforderungen unserer Zeit beitragen können.“ FOTO: PATRICK SEEGER Ich bin überzeugter Europäer, das kommt durch meine Berliner Wurzeln. Und Freiburg ist durch seinen Standort am Oberrhein für mich schon immer ein Europa in der Nussschale gewesen. Meine Idee war, dass wir ein Experi- ment machen, wie wir Lehre, For- schung, Transfer und gesellschaftliche Verantwortung grenzüberschreitend mit unseren Partnern Basel, Karlsruhe, Mulhouse und Strasbourg leben und umsetzen können – und dass wir aus unseren unterschiedlichen kulturellen Traditionen Stärke gewinnen. Man darf nicht blauäugig sein, das ist schwierig. Aber es bringt auch viele Glücks- momente mit sich. Unser Ansatz war modellbildend für die Initiative für Euro- päische Universitäten, plötzlich wurde die Universität zum Träger der europä- ischen Idee – und wir waren von An- fang an dabei. Das finde ich großartig. Sie waren Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz Baden- Württemberg, Präsident von Eucor – The European Campus und Vorstandsvorsitzender des Univer- sitätsverbunds German U15. Was hat Sie motiviert, sich politisch zu engagieren? Natürlich muss man erstmal vor Ort seine Arbeit leisten. Aber ein Rektor leistet vor allem Strategiearbeit, indem er – in Abstimmung mit dem gesamten Rektoratsteam – die Richtlinien der Ent- wicklung vorgibt. Und Strategiearbeit ist immer politisch. Der Rektor hat die Ver- antwortung, im wissenschaftspolitischen Raum Präsenz zu zeigen und eher Rat- geber als Ratsuchender zu sein. Damit kann er auf die Rahmenbedingungen Einfluss nehmen, unter denen die Uni- versität ihre Strategie umsetzt. Ein politisch wichtiges Thema ist die Förderung junger Forscherin- nen und Forscher. Sie haben sich stark für wissenschaftliche Talente eingesetzt und die Tenure-Track- Professur in Freiburg etabliert. Wa- rum würden Sie zu einer Karriere in der Forschung raten? sind. Dieser Weg ist nie risikofrei. Wis- senschaft bedeutet aber auch Freiheit, Selbstbestimmtheit und Selbstverwirk- lichung. Wer für seine Wissenschaft brennt, hat das Glück, seine Leiden- schaft zum Beruf machen zu können. Man muss aber die Weichen für erfolg- reiche Karrieren möglichst früh stellen. Deswegen bin ich überzeugt, dass es für Karrierewege gerade von Frauen in der Wissenschaft zentral ist, über die Tenure-Track-Professur eine klare Per- spektive zu eröffnen. Diesen Weg zur Professur wollen wir in unserer univer- sitären Kultur verankern. Die Universität verzeichnet besonders bei Förderformaten für junge Forschende große Erfolge, hat eine hervorragende Leistungs- bilanz, zählt in maßgeblichen Ran- kings regelmäßig zu den Top Ten bundesweit – darf sich aber nicht mit dem Titel „Exzellenzuniver- sität“ schmücken. Wie schwer wiegt dieser Umstand? Persönlich geht es mir schon nach, dass wir das Ziel, zu den geförderten Exzellenzuniversitäten zu gehören, nicht erreicht haben. Aber trotz der durchaus kontroversen Diskussion über Sinn und Unsinn dieses Wettbewerbs an unserer Universität haben alle, die daran betei- ligt waren, dies als einmaliges Erlebnis der Zusammengehörigkeit wahrgenom- men. Für diese Leistung und diesen Teamgeist hätten wir es verdient gehabt, ausgezeichnet zu werden. Es ist nicht so gekommen – und doch hat uns diese gemeinsame Anstrengung vorange- bracht. Die Universität hat sich in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich in ihren Leistungsdaten verbessert, und wir sind auch ohne Exzellenzförderung mit den Exzellenzuniversitäten auf Au- genhöhe unterwegs. Das sollten wir wertschätzen. Als Krisenmanager waren Sie ebenfalls gefragt. Welche Lehren haben Sie aus der Aufklärung der Dopingvergangenheit der Freibur- ger Sportmedizin gezogen? Ich habe selbst die Erfahrung ge- macht, welche Unsicherheiten mit wis- senschaftlichen Karrieren verbunden Pointiert formuliert, wäre ich in die- sem Fall lieber investigativer Jour- nalist als Rektor dieser Universität gewesen. Denn für den Rektor ist der rechtsstaatliche Rahmen das Maß aller Dinge. Ich habe persönlich die- sen Rahmen bis zur Ermessensgren- ze ausgeschöpft, um Aufklärung zu ermöglichen – aber er ist eben da. Insofern bin ich durchaus stolz, dass wir als einzige akademische Einrich- tung in Deutschland die Verstrickung der Sportmedizin konsequent aufge- arbeitet und öffentlich dokumentiert haben. Zugleich bin ich zutiefst er- nüchtert, dass vieles erst in Jahren öffentlich werden darf und damit die Aufklärung an einem bestimmten Punkt nicht weitergeführt werden konnte. Nach zwölf Jahren als Rektor: Was haben Sie aus Ihrer Arbeit gelernt? Als Professor für mittelalterliche Literatur und Sprache war am Beginn meiner Amtszeit meine Kenntnis der gesamten Universität noch nicht so ausgeprägt wie heute. Es war ein riesengroßes Geschenk, als Rektor alle Wissenschaften, die wir an unse- rer Universität betreiben, kennen- lernen und diese Institution gestalten zu dürfen. Außerdem ist mir klar ge- worden: Alle, die hier forschen, lehren und lernen, haben die Verpflichtung, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Alle Disziplinen müssen sich fragen, wie sie zur Arbeit an den großen Herausforderungen unserer Zeit beitragen und wie sie wichtige Themen öffentlich zur Diskussion stel- len können. Welcher Moment wird Ihnen als besonders glücklich in Erinnerung bleiben? Ganz persönlich war einer der glücklichsten Momente meine Wieder- wahl 2014 und der Start in eine zwei- te Amtszeit mit einem neuen Rektorat. Und eine prägende Erfahrung, die letztlich in ein großes Glücksgefühl mündete, war die Kooperation mit den beiden Clusterteams im Rahmen der Exzellenzstrategie. Wir haben unend- lich hart zusammengearbeitet, einen Teamspirit aufgebaut, große mensch- liche Nähe entwickelt. Es war eine unglaubliche Erfahrung, dann in dem Moment, als es darauf an- kam, die beste Leistung abzulie- fern und beide Cluster erfolgreich einzuwerben. Auf welche Erfahrung hätten Sie lieber verzichtet? Auf keine. Mit welchen Themen wollen Sie sich künftig in der Mediävis- tik befassen? Ein Leitprinzip wird für mich die gesellschaftliche Verantwortung sein. Als Mediävist, der sich mit geistlicher Literatur des Mittelalters befasst, kann ich auch etwas zu Themen wie religiös begründete Politik, gesellschaftlicher Zusam- menhalt oder Furcht im Angesicht gesundheitlicher Bedrohungen sagen. Außerdem hoffe ich, dass ich es schaffe, mein Lieblingspro- jekt umzusetzen: ein Buch mit dem Titel „Bestseller im Mittelalter“ – al- so Artusromane, Enzyklopädien, Heiligenleben und so weiter. Die- ses ganze Spektrum so zu ver- arbeiten, dass es für viele zu einer interessanten Lektüre wird, wäre mir ein Vergnügen. Was wünschen Sie Ihrer Uni- für die versität Freiburg Zukunft? Ich habe es erwähnt: dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit, dass man gemeinsam über alle Statusgruppen hinweg für seine Universität eintreten, über Fäch- ergrenzen hinweg kooperieren und etwas erreichen kann. Diese Stärke haben wir erlebt. Darauf sollten wir uns besinnen und sie für unsere Forschung, Lehre und ge- sellschaftliche Verantwortung nut- zen. Dann mache ich mir um die Zukunft dieser Universität keine Sorgen.

4 aktuell 02 2020 02 2020 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de Stimmen und Schlaglichter Hans-Jochen Schiewers Wegbegleiter äußern sich zu seiner zwölfjährigen Amtszeit – Buch- und Filmtipps inklusive Den Austausch auf Augenhöhe pflegen, Visionen im Verbund erarbeiten und den Teamspirit entfachen: Diese Leitprinzipien haben die Amtszeit von Hans-Jochen Schiewer geprägt. Er vernetzte verschiedene Gruppen innerhalb der Universität und schmiedete Kooperationen mit Partnern aus Forschung, Industrie und Hochschulpolitik. Wie haben diese Menschen die Zusammenarbeit mit ihm wahrgenommen? uni’leben hat 13 Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter gefragt, welches Erlebnis mit Schiewer ihnen in Erinnerung bleiben wird, welche Diskussion sie gerne mit ihm weiterführen würden und was sie ihm für die Zukunft wünschen. Was war Ihr eindrücklichstes Erlebnis mit Hans-Jochen Schiewer? Welche Diskussion würden Sie gerne mit Hans- Jochen Schiewer fortsetzen? „An einem Mittwochmorgen Ende April 2008 teilte mir Peter Struck, der damalige Fraktionsvorsitzende der SPD, telefonisch mit, dass mich am kommenden Freitag der Bun- desrat zum Richter und Vizepräsi- denten des Bundesverfassungsge- richts wählen würde. Darauf ging ich mit schwerem Herzen hinüber in das Zimmer von Herrn Schiewer, meinem damaligen Vizerektor, um ihm die Nachricht zu überbringen.“ Andreas Voßkuhle „Seine eindrucksvolle Rede an- lässlich des fünfjährigen Jubiläums der German-U15-Allianz in Berlin im Dezember 2017, in der er die for- schungsstarken Universitäten als ‚Orte der Freiheit, an denen das entsteht, was die Demokratie trägt‘ beschrieben hat. Seine Worte wirken bei mir und sicher vielen anderen nach.“ Michael Hoch „Beeindruckt hat mich, dass er als Geisteswissenschaftler die komple- xen naturwissenschaftlichen Themen der Exzellenzcluster so begeistert und kompetent präsentierte, als stün- de er selbst jeden Tag im Labor.“ Sabine Rollberg Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Andreas Voßkuhle war Rektor der Universität Freiburg und Präsident des Bundesverfassungsgerichts. FOTO: KLAUS POLKOWSKI „Die Unterzeichnung des Vertrags für den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit mit allen fünf Eucor-Universitäten am Tisch.“ Andrea Schenker-Wicki Die Journalistin Prof. Dr. Sabine Rollberg ist Mitglied im Universi- tätsrat und Lehrbeauftragte am University College Freiburg. FOTO: SANDRA MEYNDT „Sein unermüdlicher Einsatz für die Werte der Wissenschaft, etwa als Vorsitzender der Landes rektorenkonferenz (LRK) für eine gerechte und prospektive Hochschulfinanzierung in Baden-Württemberg und darüber hinaus.“ Wolfram Ressel „Die Rede, die Herr Schiewer anlässlich der Begehung durch die Gut- achtergruppe der Exzellenzstrategie in perfekt britischem Englisch und mit Engagement gehalten hat.“ Andreas Barner „Unsere gemeinsamen Auftritte zur Vorstellung des European Campus und des University College Freiburg im German House und im Princeton Club in New York im April 2016.“ Hans-Joachim Gehrke „Was mich immer wieder beeindruckt hat, ist das phänomenale Gedächtnis von Herrn Schiewer. Selbst bei Personen, die er nur einmal gesehen hat, und sei es im Internet, konnte er sich an den Namen oder so- gar an das Geburtsdatum erinnern.“ Daniela Kleinschmit „Sein Einsatz für MIASA, das Maria Sibylla Merian Institute for Advanced Studies in Accra/Ghana. Es gab eine Gutachterbegehung, und Herr Schiewer flog für 48 Stunden nach Accra, um für die Uni Freiburg in den Ring zu steigen. Er tat dies mit gewohnt großem Enga- gement und hinterließ einen hervorra- genden Eindruck. Das hatte einen we- sentlichen Einfluss auf die positive Begutachtung des Instituts.“ Bernd Kortmann „Die Vorbereitung der Demonstrati- on für eine bessere Hochschulfinan- zierung im Herbst 2019. Es kommt nicht oft vor, dass alle Statusgruppen und Hochschulen Baden-Württem- bergs für ein gemeinsames Ziel mobi- lisieren.“ Carlotta Rudolph Carlotta Rudolph studiert Liberal Arts and Sciences und ist im Vor- stand der Freiburger Studierenden- vertretung. FOTO: PATRICK SEEGER „Als sehr guter Menschenkenner hat er schnell herausge- funden, dass ich ein großer Fußballfan bin, und stolz berichtet, dass er Besitzer einer Dauerkarte vom SC Freiburg sei. Was, so glaube ich, nicht ge- stimmt hat! Das hat ihm bei mir – BVB- Fan und auf der War- teliste etwa 60 Jahre von einer Dauerkarte entfernt – allerhöchs- te Anerkennung ein- gebracht. Eine Dis- kussion dazu käme mir sehr gelegen.“ Beate Konze-Thomas Dr. Beate Konze- Thomas leitete die Abteilung „Programm und Infrastrukturför- derung“ bei der Deut- schen Forschungsge- meinschaft und war Mitglied des Univer- sitätsrats Freiburg. FOTO: PRIVAT „Wo stehen wir in zehn Jahren mit Eucor, und welches Erbe hinterlassen wir unseren Nachfol- gerinnen und Nachfolgern?“ Andrea Schenker-Wicki „Wie man die Politik in Berlin noch besser für die strategischen Anliegen der führenden deut- schen Universitäten gewinnen kann.“ Michael Hoch „Die Frage, warum es eine Symptomangabe auf Attesten für Prüfungsleistungen braucht. Uns kann nach wie vor niemand erklären, warum ein Prüfungsausschuss ohne medizinische Kompe- tenz besser als Ärztinnen und Ärzte einschätzen können sollte, ob jemand prüfungsfähig ist.“ Carlotta Rudolph „Unter anderem wür- de ich gerne einmal ver- stehen, wieso eine Uni- versität, die sich nicht zu Unrecht zu den bes- ten Forschungsuniversi- täten Europas zählt, kei- ne Grundfinanzierung für Graduiertenschulen vorsieht, wie es interna- tionaler Standard ist.“ Bernd Kortmann „Was ist und bedeutet ‚Exzellenz‘?“ Wolfram Ressel Der Sprachwissen- schaftler Prof. Dr. Bernd Kortmann ist Direktor des Freiburg Institute for Advanced Studies. FOTO: JÜRGEN GOCKE „Viele der Themen der politischen Entwicklung, sei es in Baden-Württemberg oder für die Ge- samtheit aller Universitäten in der Bundesrepub- lik, bieten sich für eine Fortsetzung an – ich bin sicher, dass sich Gelegenheiten für Gespräche auch darüber hinaus ergeben werden.“ Andreas Barner „Was wir gemeinsam mit BrainLinks-BrainTools geschaffen haben, ist etwas ganz Besonderes. Das wurde beispielsweise neulich beim Besuch unseres Ministerpräsidenten deutlich. Die Weiter- entwicklung dieses Zentrums würde ich auch in Zukunft gerne mit Herrn Schiewer im gewohnt konstruktiven Dialog gestalten.“ Wolfram Burgard FOTO: SANDR A MEYNDT Haben Sie einen guten Buch-, Hör- oder Filmtipp? „Douglas Adams‘ ‚Per Anhalter durch die Galaxis‘: eine unterhaltsa- me Mischung aus Komödie, Satire, Science Fiction und ein Kultbuch in der Informatik.“ Wolfram Burgard „Die Essays von Jorge Luis Bor- ges, die wieder Lust auf Literatur machen, einen Kinonachmittag mit Billy Wilders Film ‚Das Apartment‘, der einen das Leben besser ertragen lässt, die Disney-Filmversion des Musicals ‚Hamilton‘, weil es mit der Aufführung am Broadway schwierig ist, und – um den Kopf wieder frei zu bekommen – die Bach-Einspielun- gen von Víkingur Ólafsson.“ Andreas Voßkuhle „Das Buch ‚These truths. A history of the United States‘ von Jill Lepore. Besser kann man Geschichte nicht schreiben.“ Hans-Joachim Gehrke „Martha Gellhorns ‚Reisen mit mir und einem Anderen: Fünf Höllenfahr- ten‘, weil wir alle immer wieder vom Reisen träumen und auf Reisen ge- hen und dabei nicht vergessen soll- ten, dass wir dabei konsequent an unsere eigenen Grenzen stoßen und an unseren eigenen Vorurteilen und Wünschen scheitern.“ Carlotta Rudolph „Den Bonner Beethoven, dessen 250. Geburtstag wir in diesem Jahr feiern. Kaum ein anderer Musiker vor und nach ihm hatte die Gabe, in der Musik vollendete Perfektion mit der ganzen Bandbreite menschlicher Emotionen zu verbinden.“ Michael Hoch „Ich würde eher einen Museums- besuch empfehlen, nämlich das Arp Museum Rolandseck, wenn Herr Schiewer einmal wieder nach Bonn kommt: sehr gute Ausstellungen in einem schönen Ambiente.“ Dorothea Rüland Der Informatiker Prof. Dr. Wolfram Burgard ist Sprecher des Exzellenz- zentrums BrainLinks-BrainTools. FOTO: PRIVAT Der Historiker Prof. Dr. Hans- Joachim Gehrke ist Director of Outreach am University College Freiburg. FOTO: SILVIA WOLF Prof. Dr. Michael Hoch ist Rektor der Universität Bonn, die Mitglied im Verbund German U15 ist. FOTO: BARBARA FROMANN/ UNIVERSITÄT BONN Dr. Dorothea Rüland ist General- sekretärin des Deutschen Akade- mischen Austauschdienstes und war Mitglied des Universitätsrats Freiburg. FOTO: DEUTSCHER AKADE- MISCHER AUSTAUSCHDIENST

02 2020 02 2020 aktuell 5 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de Um was haben Sie Hans-Jochen Schiewer während seiner Zeit als Rektor beneidet und weswegen bemitleidet? „Ich habe ihn um sei- nen treuen Fahrer sehr beneidet, weil ich keinen habe, und gleichzeitig ha- be ich ihn wegen der wei- ten Wege bemitleidet, die er immer für seine Uni- versität und Eucor in Deutschland und Europa zurücklegen musste.“ Andrea Schenker-Wicki Prof. Dr. Andrea Schenker- Wicki ist Rektorin der Universität Basel und Vize- präsidentin von Eucor – The European Campus. FOTO: UNIVERSITÄT BASEL „Beneidet um seine Con- tenance, sein Verhandlungs- geschick, seine Begeiste- rung für die Wissenschaft und seine Gabe, das ande- ren zu vermitteln. Bedauert habe ich ihn, weil die Gutachterinnen und Gutachter das nicht verstanden und Freiburg nicht den verdienten Exzellenzstatus verliehen haben.“ Beate Konze-Thomas „Beneidet eher selten. Schön ist es sicherlich, Netzwerke zu knüpfen, Neues auf den Weg zu bringen. Doch dazu bräuchte man vielleicht noch mehr Handlungsspielraum.“ Dorothea Rüland Prof. Dr. Wolfram Ressel ist Rektor der Univer- sität Stuttgart und war Vorstand der Landes- rektorenkonferenz Baden-Württemberg. FOTO: UNIVERSITÄT STUTTGART Nach vorn mit frischem Blick Die künftige Rektorin Kerstin Krieglstein möchte die Universität Freiburg neu und unvoreingenommen kennenlernen „Beneidet um seine Reisen. Bemitleidet wegen so man- cher Kolleginnen und Kollegen, die, ihm Fallen stellend, auf der Lauer lagen.“ Sabine Rollberg „Herr Schiewer hat weder Neid noch Mitleid verdient. Der letzte Exzellenzwettbewerb hatte allerdings etwas Tragisches: (fast) alles richtig gemacht und trotzdem kei- ne Chance, zu gewinnen.“ Andreas Voßkuhle „Beneidet habe ich Herrn Schiewer darum, in eiligen Angelegenheiten Entscheidungen treffen zu können, die dann sofort umgesetzt werden konnten.“ Carlotta Rudolph „Es ist grundsätzlich schwierig, Rektorinnen und Rek- toren um ihren Job zu beneiden. Bemitleiden schon eher, weil man häufig den Kopf für etwas hinhalten muss, für das man keine Verantwortung trägt. Mir fiel das vor allem im Zusammenhang mit der Doping-Affäre in der Freibur- ger Sportmedizin auf.“ Bernd Kortmann „Nicht beneidet, aber bewundert: seine diplomatischen Fähigkeiten, seinen Willen, immer wieder Brücken zu bauen. Dass der Versuch, sich der Politik gegenüber für die Universitäten und Hochschulen einzusetzen, häufig an mühsame Sisyphusarbeit erinnert, ist bekannt – hier- für verdient Herr Schiewer – mehr als Mitleid – Dank.“ Andreas Barner „Neid – eigentlich keinen, vielleicht auf sein stets kor- rekt-preußisches Auftreten! Mitleid – eigentlich keines, vielleicht wegen des übertrieben kritischen Umgangs der Freiburger Universitätsgesellschaft mit ihrem erfolgrei- chen und liebenswerten Rektor.“ Wolfram Ressel Welcher Begriff charakterisiert die „Ära Schiewer“? „Kollegiale Führung der Universität Freiburg unter Erhalt und Steigerung der Forschungsmöglichkeiten dank hervorra- gender Drittmitteleinwerbung.“ Andreas Barner Was wünschen Sie Hans-Jochen Schiewer für die Zukunft? „Ihm wünsche ich vor allem weniger Stress. Uns wünsche ich, dass er seine Kompetenzen und seine Erfahrung weiterhin für die wichtigen Be- lange der deutschen Universitäten einsetzt.“ Michael Hoch „Eine erfüllte Zeit als Forscher, Hochschullehrer und Ratgeber, in der er sich in aller Ruhe den ganz normalen Alltagswahnsinn auf der Ebene der neuen Hochschulleitung und Landeshochschulpolitik ansehen kann.“ Bernd Kortmann „Viele gute und lange Wanderungen: in der Natur und in der Land- schaft seines Faches, und das alles eingebettet in familiäres Glück.“ Hans-Joachim Gehrke von Nicolas Scherger Prof. Dr. Dr. Andreas Barner ist Präsident des Stifterverbands, Mitglied des Gesellschafterausschusses der Boehringer Ingelheim GmbH und Vor- sitzender des Universitätsrats Freiburg. FOTO: BOEHRINGER INGELHEIM „Ein Rektor für alle.“ Wolfram Burgard „Raus aus der Provinz, rein in die Welt!“ Beate Konze-Thomas „Integration.“ Andreas Voßkuhle „Dass er im internationalen Wissenschaftsbereich weiterhin eine wich- tige Rolle spielen und sich seinen wissenschaftlichen Fragestellungen, die in den zwölf Jahren zu kurz gekommen sind, intensiver widmen kann. Vielleicht noch, dass er eine Dauerkarte für den SC Freiburg ge- schenkt bekommt.“ Beate Konze-Thomas „Die Muße, sich den Dingen zuzu- wenden, die ihm Freude bereiten, zum Beispiel Reisen. Dem neuen Rektorat wünsche ich die Kraft und das Miteinander, um gemeinsam Ziele erreichen zu können. Diesen Spirit spüren wir immer wieder, aber er kann so leicht verloren gehen.“ Daniela Kleinschmit „Die Europäische Universität. Eucor. Si- cher eine Herzensangelegenheit von Herrn Schiewer, mit der er auch den Nerv der Zeit getroffen hat.“ Daniela Kleinschmit „Er möge die Muße haben, die Re- gion nicht nur als Gestaltungsraum für Eucor zu erleben, sondern als Quelle für Lebensfreude, Energie und Kraft.“ Sabine Rollberg „Eine exzellente Nachwuchsförderung.“ Michael Hoch „Transparenz, Offenheit, Kommunikation.“ Bernd Kortmann „Enthusiast für die freie Wissenschaft und Universität.“ Wolfram Ressel „Erfüllende Momente bei der Be o b- achtung einer blühenden Albert- Ludwigs-Universität.“ Andreas Voßkuhle Prof. Dr. Daniela Kleinschmit ist Expertin für Forst- und Um- weltpolitik und war Dekanin der Freiburger Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen. FOTO: PATRICK SEEGER Am 1. Oktober 2020 wird die erste Rektorin in der Geschichte der Universität Freiburg ihr Amt antreten: Senat und Universitätsrat haben Prof. Dr. Kerstin Krieglstein, Rektorin der Universität Konstanz und ehemalige Dekanin der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg, am 27. Mai 2020 mit hoher Zustimmung für eine Amtszeit von sechs Jahren gewählt. „Ich danke den Wahlgremien für die- ses klare Votum und das mir entge- gengebrachte Vertrauen“, sagt Kriegl- stein. „Die Universität Freiburg ist eine forschungsstarke Institution, die als Volluniversität mit einem beeindru- ckend großen inhaltlichen Spektrum sichtbar ist. Sie in ihren weiteren Ent- wicklungsprozess führen zu können ist eine großartige Aufgabe.“ Die Neurowissenschaftlerin und Pharmakologin ist seit dem 1. August 2018 Rektorin der Universität Kons- tanz. Zuvor war sie ab April 2014 erste hauptamtliche Dekanin der Medizinischen Fakultät der Albert-Lud- wigs-Universität und damit zugleich Vorstandsmitglied des Universitätskli- nikums Freiburg. „Kerstin Krieglstein verfügt über Erfahrung als Rektorin Kerstin Krieglstein möchte die Spitzen- forschung und die Erneuerungsfähig- keit der Universität Freiburg stärken. FOTO: UNIVERSITÄT KONSTANZ einer Spitzenuniversität, vertritt mit den Life Sciences einen besonders leistungsstarken Forschungsbereich der Universität Freiburg und steht mit ihrer Vita und Persönlichkeit für die en- ge Partnerschaft mit dem Universitäts- klinikum. „Ich bin mir sicher, dass die Universität Freiburg mit ihr als Rektorin eine hervorragende Wahl für die Zukunft getroffen hat“, sagt Prof. Dr. Dr. Andreas Barner, Vorsitzender des Universitätsrats. Mit ihrem Amtsantritt verbindet die designierte Rektorin die Chance, die Universität Freiburg in all ihren Facet- ten neu und unvoreingenommen ken- nenzulernen. „Ich möchte zunächst zuhören und mit den Mitgliedern der Universität ins Gespräch kommen, um dann kooperativ und partizipativ mit ihnen an der künftigen Entwick- lungsstrategie zu arbeiten“, sagt Krieglstein. Besonderes Potenzial sieht sie in dem umfangreichen Fä- cherspektrum der Universität und den Möglichkeiten, die sich daraus für Verbundprojekte ergeben. Die Spit- zenforschung möchte sie ebenso stärken wie die universitäre Erneue- rungsfähigkeit – mit dem Ziel, die füh- rende Position der Universität Frei- burg national und international auszubauen und 2026 mit ihr in den Kreis der Exzellenzuniversitäten zurückzukehren.

6 aktuell 02 2020 02 2020 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de Vertrauen in Politik und Medien Eine bundesweite Umfrage will herausfinden, wie sich Verhalten und Ängste der Bevölkerung während der Corona-Pandemie verändern von Stephanie Streif Vor Corona schien alles möglich. Die Menschen konnten reisen, in Restaurants essen, ins Kino oder ins Theater gehen und einander ganz selbstverständlich per Handschlag begrüßen. Doch seit das Virus in der Welt ist, ist der Ausnahmezustand das neue Normal. Und selbst diese mühsam erkämpfte Routine verändert sich ständig in Abhängigkeit von den aktuellen Infektions- und Reproduk- tionszahlen. Wie gehen die Menschen mit der Corona-Pandemie um? Das wollen Prof. Dr. Uwe Wagschal und Dr. Sebastian Jäckle vom Seminar für Wissenschaftliche Politik der Universi- tät Freiburg herausfinden. Die Polito- logen leiten eine deutschlandweite Befragung zu diesem Thema. Gemein- sam mit Kolleginnen und Kollegen der Universitäten München und Stuttgart haben sie einen Fragen katalog aufge- setzt. „Thematisch hat allerdings jedes Team eigene Schwerpunkte gesetzt“, erklärt Wagschal. „Wir zum Beispiel legten den Fokus auf ökonomische und gesundheitliche Zusammenhänge.“ Die Befragung, so der Plan, soll über ein Jahr und vier Runden laufen. Dabei werden in jeder Runde dieselben Per- sonen befragt, sodass es möglich ist, individuelle Veränderungen in Einstel- lungsmustern über die Zeit zu analysie- ren. Die erste Befragung fand Mitte Mai 2020 statt. Knapp 8.000 Menschen nahmen an der Umfrage teil. Das Gros rekrutierten die Forschenden aus dem „Politikpanel Deutschland“, einer Online-Befragung, die Wagschal seit der Bundestagswahl 2017 organisiert. Weitere Teilnehmerin- nen und Teilnehmer fanden die For- schenden über Social Media und über Regionalzeitungen, die auf die Untersu- chung aufmerksam machten. Mit der Teilnehmerzahl zeigen sich Wagschal und Jäckle sehr zufrieden. Die sei für eine Online-Umfrage hoch, und auch die Verteilung der Teilnehmenden nach Alter, Geschlecht und Parteineigung entspreche vergleichsweise gut derje- nigen in der Wahlbevölkerung. Eine Online-Befragung habe zudem viele Vorteile, betont Jäckle. Zum Beispiel könnten die Teilnehmer manche Fragen über optische Vergleichsopti- onen wie Schieberegler beantworten. „So lassen sich Dinge abfragen, die wir in einem Telefoninterview nicht ab- fragen könnten.“ Das Virus macht Angst Die Ergebnisse der ersten Runde haben die Politologen bereits ausge- wertet. Bei fast allen Menschen scheint angekommen zu sein, dass das Virus alles andere als harmlos ist – gesundheitlich, aber auch in wirt- schaftlicher und sozialer Hinsicht. Angst, dass sie selbst oder naheste- hende Personen schwer daran erkran- ken, haben 39 Prozent der Befragten. 20 Prozent fürchten sich vor einem starken Einbruch der Wirtschaft, 18 Prozent vor dem Verlust von demokra- tischen Rechten und 12 Prozent davor, ihre Lebensgewohnheiten einschrän- ken zu müssen. An dem Virus kommt kaum jemand ohne Sorgen vorbei. Lediglich ein Prozent gab an, „keine Angst“ zu haben. Die Menschen sind allerdings nicht überall gleichermaßen belastet. Vielmehr gibt es Regionen mit gefühlt hoher und solche mit einer als gering empfundenen Belastung. Interessant ist, dass die wahrgenom- mene Belastung nicht unbedingt mit den tatsächlichen Covid-19-Fallzahlen zusammenhängt. So fühlen sich die Menschen unter anderem in Mittelfran- ken und Sachsen-Anhalt sehr viel stär- ker belastet als im Süden Bayerns oder in Baden-Württemberg, wo die Anste- ckungsraten und die Zahl der Todes- fälle deutlich höher waren. Einblick in politische Milieus Ihn persönlich habe überrascht, sagt der Politologe Wagschal, dass knapp 60 Prozent der Befragten mit den staatlichen Maßnahmen zur Bekämp- fung des Virus einverstanden seien. Corona-Proteste gebe es natürlich auch, diese fielen aber weniger durch Masse als durch mediale Präsenz auf. Nur 22 Prozent der Befragten hielten die Corona-Regeln für „nicht geeignet“, und 17,1 Prozent meinten, sie seien „teils, teils“ geeignet. Auch interessant ist, wie differenziert die Menschen in Deutschland die Maßnahmen im Um- fragezeitraum bewertet haben: Grenz- schließungen hielten 69,4 Prozent für richtig, die Schließung von Kitas und Schulen befürworteten 66 Prozent und Kontaktbeschränkungen außerhalb des eigenen Haushalts 64 Prozent. Was bei der Bevölkerung weniger gut ankam, ist der von Gesundheitsminis- ter Jens Spahn zwischenzeitlich vorge- schlagene Immunitätsausweis für Per- sonen, die die Krankheit überstanden haben. Dieser brachte es auf gerade mal 32,7 Prozent Zustimmung. Die Zahlen verraten allerdings noch mehr: Sie legen offen, wie unterschiedlich die jeweiligen politischen Milieus die staatlichen Maßnahmen zur Bekämp- fung des Virus bewerten. Bevor Wag- schal ins Detail geht, spricht er von einer „ungewöhnlichen Polarisierung“ – ungewöhnlich deshalb, weil die FDP aus der Reihe der etablierten Partei- en herausfalle. Von den Anhängerin- nen und Anhängern der FDP bewer- ten 51,8 Prozent die Maßnahmen kritisch, bei der AfD sind es 73,5 Prozent. Bei den anderen Parteien sind die Unzufriedenen in der Minderheit: 14,7 Prozent sind es bei den Anhängern der Grünen, 12,2 bei denen der Union und 11,8 bei Befragten, die der SPD nahestehen. Selbst im Umfeld der Linken sehen nur knapp 20 Prozent die Maßnahmen kritisch. Dass die FDP-Anhänger sich von der Mitte ent- fernt haben, erklären die beiden Poli- tikwissenschaftler mit der wirtschafts- liberalen Position der Partei: „Zu ihrer Wählerschaft gehören viele Selbst- ständige und freiberuflich Arbeitende, Gesundheitliche Ängste, wirtschaft- liche Belastung, aber Vertrauen in die staat lichen Maßnahmen: So lautet ein entscheidendes Ergebnis der Umfrage. FOTO: ELDARNURKOVIC/ STOCK.ADOBE.COM die durch die Anti-Corona-Maßnah- men in ihrem Wirtschaften zu sehr eingeengt wurden.“ Auf das Virus muss aber auch in wirtschaftlicher Hinsicht reagiert wer- den. Nur wie? Auch das fragten die Forschenden ab. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten, 51 Prozent, schlugen vor, die Reichen über eine Vermögensabgabe zur Kasse zu bitten. Als weitere Maßnahmen nannten sie „staatliche Kredite“, Ausgabenkürzun- gen und Einkaufsgutscheine für alle. Was Wagschal nicht versteht, ist, wa- rum der Verkauf staatlicher Goldreser- ven mit nur 10,8 Prozent Zustimmung so wenige Befürworterinnen und Be- fürworter findet. In anderen Ländern, etwa in der Schweiz, verkaufe man längst überschüssige Goldreserven: „Warum also nicht auch hier?“ Schließ- lich bilde man Rücklagen ja, um in Kri- senzeiten darauf zugreifen zu können. Ein weiteres interessantes Detail, auf das die beiden Politikwissenschaftler aufmerksam machen: Etwa 30 Prozent der Befragten gaben an, seit Corona mit weniger Geld auskommen zu müs- sen, was nicht weiter verwundern dürf- te. Es gibt aber auch die anderen: die, die von dem Virus finanziell profitieren – und das sind immerhin 10 Prozent. Vertrauen schützt vor Fake News Wagschal und Jäckle sind gespannt, was die nächsten drei Befragungsrun- den ergeben werden. „Im Vergleich mit anderen Ländern sind wir bislang ver- gleichsweise gut durch die Krise gekom- men“, betont Jäckle. Das Institutionen- system habe schnell und angemessen reagiert. Noch habe die große Masse Vertrauen in die Politik und die Medien. Aber auch hier treten Unterschiede auf: Die Anhänger von CDU/CSU sowie von SPD und Grünen trauen vor allem Zei- tungen, öffentlich-rechtlichen Medien sowie den Websites des Robert-Koch- Instituts oder des Bundesgesundheits- ministeriums. Bei AfD-Anhängern oder Protestlerinnen und Protestlern wie der neu gegründeten Gruppe „Widerstand 2020“ hingegen ist das Vertrauen in sämtliche Informationsquellen sehr schwach ausgeprägt. Am ehesten trau- en sie noch Social Media und Blogs – und damit gerade den Quellen, die die große Mehrheit der Bevölkerung als be- sonders wenig vertrauenswürdig ein- schätzt. „Wichtig ist, dass die Politik die Menschen auf dem Weg durch die Krise weiterhin mitnimmt“, hebt Jäckle hervor. „Denn fehlt das Vertrauen, wird der Mensch empfänglich für Fake News.“ Rückgabe von NS-Raubgut Neues Musicallexikon Corona im Kaleidoskop Die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden und die Universitätsbibliothek Freiburg haben drei Bücher an die Familie des niederländischen Philoso- phen Leo Polak zurückgegeben. Dazu gehören eine ethnologische Unter- suchung von Hochzeitsbräuchen in der Türkei, eine Darstellung über Tod, See- lenglaube und Seelenkult im alten Isra- el und eine Einführung in die Geschich- te der Griechen und Römer. Die drei Ausgaben stammen aus der privaten Bibliothek Polaks. Nationalsozialisten hatten die Bücher 1941 geraubt. Unter ungeklärten Umständen gelangten die Exemplare nach Kriegsende in die Bestände der Dresdener und der Frei- burger Bibliothek. Polaks Nachfahren schenken die drei Bücher der Universi- tätsbibliothek Amsterdam, wo seine Bib- liothek wieder zusammengeführt wird. Leo Polak stammte aus einer jüdischen Familie. 1941 starb er aufgrund schwerster körperlicher Misshandlungen im Konzentrations lager Sachsenhausen. Diese Buchsignatur hat es ermöglicht, Leo Polak als Besitzer zu identifizieren. QUELLE: SLUB, DEUTSCHE FOTOTHEK Mehr als 300 Werke sind schon doku- mentiert, viele weitere sollen folgen: Das Zentrum für Populäre Kultur und Musik (ZPKM) der Universität Freiburg hat eine neue Online-Enzyklopädie für Musicals veröffentlicht. Sie enthält Werke des popu- lären Musiktheaters, die im deutschspra- chigen Raum zwischen 1945 und der Ge- genwart zum ersten Mal auf die Bühne gebracht wurden. Der Erfolg der einzelnen Produktionen, ihre Bedeutung, Prominenz oder die Größe der Spielstätten fallen bei der Auswahl nicht ins Gewicht. Das neue Angebot beruht auf den Beständen des Deutschen Musicalarchivs, das am ZPKM angesiedelt ist. Das Lexikon richtet sich an alle Interessierten, von Fans und Theater- besucherinnen und -besuchern über Jour- nalistinnen und Journalisten bis hin zu Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- lern unterschiedlicher Fächer.  www.musicallexikon.eu FOTO: ROMOLO TAVANI/STOCK. ADOBE.COM, MONTAGE: SANDRA MEYNDT Die Universität Freiburg berichtet in ei- ner Reihe von Wissensformaten über un- terschiedliche Aspekte der Corona-Pan- demie: In dem Videopodcast „Corona im Kaleidoskop“ bieten Freiburger Forschen- de Perspektiven zu den vielfältigen Aus- wirkungen des Virus. Beispielsweise be- leuchtet Melanie Arndt, Professorin für Wirtschafts-, Sozial- und Umweltgeschich- te, wie Menschen früher mit Katastrophen umgegangen sind, die Soziologin Prof. Dr. Manuela Boatcă erläutert, warum Pande- mien Bevölkerungsgruppen nicht in glei- cher Weise treffen, sondern bestehende soziale Ungleichheiten verstärken. Die aktuelle Ausgabe des Forschungsmaga- zins „uni’wissen“ enthält ein Dossier, in dem Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler ihre Expertise zum Coronavirus teilen. Zum Beispiel stellen Prof. Dr. Ro- land Zengerle und Dr. Daniel Mark eine Ausgründung vor, die einen Schnelltest für SARS-CoV-2 auf den Markt bringen will, und die Mediziner Prof. Dr. Harmut Hengel und Prof. Dr. Winfried Kern thematisieren, wie neue Symptome den Blick auf Co- vid-19 verändert haben und wann mit ei- nem Impfstoff zu rechnen ist.  www.pr.uni-freiburg.de/pm/online- magazin/forschen-und-entdecken/ corona-im-kaleidoskop  www.pr2.uni-freiburg.de/publikationen/ uniwissen/uniwissen-2020-1

02 2020 02 2020 aktuell 7 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de Fakt, Meinung oder Mission? Gerade in Krisenzeiten wollen Medien nicht auf die Expertise von Forschenden verzichten – ein Gespräch über den schmalen Grat zwischen gesellschaftlicher Verantwortung und Aktivismus Was sehen Sie? Carsten Dormann: Dass wir ermutigt werden, mit unseren Forschungser- kenntnissen in die Öffentlichkeit zu ge- hen. Die meiste Forschung ist jedoch sehr kleinteilig. Das sind sehr kleine Steinchen, die ganz allmählich zu einem größeren Ganzen zusammenge- tragen werden. Und jedes einzelne klei- ne Steinchen ist in gewisser Weise langweilig. Man kann dann entweder die Öffentlichkeit damit langweilen, oder man stellt es in dramatisierender Weise in den Gesamtzusammenhang – in dem der eigene Beitrag dann aber kaum noch erkennbar ist. Ich glaube daher, dass es nicht hilft, wenn jeder, der über etwas forscht, diese Ergebnis- se über Twitter kommuniziert. Frau Kleinschmit, twittern Sie? Daniela Kleinschmit: Wir kommuni- zieren, auch über Twitter, auch unsere kleinen Steinchen. Und für die meisten mag das tatsächlich uninteressant sein. Aber dann gibt es auch immer wieder Nachfragen, interessierte Reaktionen. Zugegeben, die kommen oft aus der Fachöffentlichkeit. Aber manchmal geht es auch darüber hinaus. Kommunizieren Sie auch mit der Politik? Daniela Kleinschmit: Ja, ich habe verschiedene politische Prozesse, die mein Thema betreffen, beratend begleitet. Dann schildere ich meinen Forschungsstand. Und fühlen Sie sich da gehört? Oder ist das eher frustrierend? Daniela Kleinschmit: Ich fühle mich da durchaus gehört, was nicht heißt, dass ich keine frustrierenden Erfahrun- gen mache. Dass ich mich frage: Was machen die jetzt mit meinen Informati- onen? Aber ich finde, es gehört eben dazu, dass das nicht immer eins zu eins umgesetzt wird. Die Politik entscheidet, nicht die Wissenschaft. Carsten Dormann: Ich war mal in einem EU-Projekt beschäftigt, 200 Wis- senschaftler, fünf Jahre Dauer. Nach Abschluss hatten wir einen Termin bei der Kommission und sollten das Ergeb- nis in zwei Minuten zusammenfassen. Das ist doch absurd. So funktioniert Öffentlichkeit eben: Da gibt es „bits and pieces“. Die Zeitung will einen kurzen Text, eine knackige Überschrift. Carsten Dormann: Das sagen Sie. Ich habe mal in den Niederlanden ge- lebt und dort etwas anderes erlebt. Der „Volkskrant“ hat jedes Wochenende eine Dissertation vorgestellt, auf einer gan- zen Zeitungsseite. Das waren Texte mit Tiefe. Da hat die deutsche Medienland- schaft noch jede Menge Luft nach oben. Auch renommierte Zeitungen wie etwa die „Süddeutsche“. Daniela Kleinschmit: Mit den „bits and pieces“ habe auch ich meine Erfah- rungen gemacht. Etwa bei einer Presse- konferenz, wo wir die Arbeit eines inter- nationalen Forscherteams zum Thema illegaler Holzschlag vorstellten. Ein wichtiges Ergebnis war, dass der geld- werte Schaden sich nicht genau bezif- fern lässt, die Angaben differieren. Aber ein Journalist hat dann eben eine ein- zelne Zahl genommen – die am nächs- ten Tag in der Überschrift stand. Das ist dann eher frustrierend. Daniela Kleinschmit: Ich finde das einerseits sehr undifferenziert. Anderer- seits denke ich: Immerhin ist das Thema kommuniziert. Immerhin ein Anfang. Dazu kommt: „Bits and pieces“ prägen ja nicht nur die Medien, sondern auch unseren eigenen Wissenschaftsbetrieb. Wir sind leider nicht die hehre Ausnahme. Carsten Dormann: Ich vermute, der Gang an die Öffentlichkeit hat vor allem den positiven Effekt der Anerkennung. Wohl deswegen, weil der akademische Betrieb selbst eher streng im Umgang ist – jedes neue Paper wird sehr kritisch angeschaut. Wenn wir selbst mehr loben würden, würden die For- scher sich diese Wertschätzung nicht mehr draußen holen müssen. Sie könn- ten sich dann mehr auf die Forschung konzentrieren. Das wäre sozusagen mein Fazit. Nämlich? Carsten Dormann: Es stört mich, dass wir Wissenschaftler wertend tätig sind, aber noch mehr stört es mich, wenn wir unsauber wertend tätig sind. Wenn wir uns zum Beispiel Urteile auch außerhalb unseres Sachgebiets erlau- ben. Ich ärgere mich, wenn ich in der Badischen Zeitung einen Leserbrief von einem „Prof. Dr.“ sehe. Woher weiß ich, dass hier nicht ein Virologe über Stadt- planung spricht? Ich finde das an- maßend. Ich pflege deswegen die kom- munikative Abstinenz. Würden Sie sich wünschen, dass andere Wissenschaftler das genau- so handhaben? Die Wissenschaft sollte sich als „honest broker“ in der Öffentlichkeit einbringen, findet Carsten Dormann. FOTO: ROGER KUPFER Carsten Dormann: Nein, das nicht. Das muss jeder für sich selbst entschei- den. Es gibt ja auch Fachbereiche, die – anders als mein eigener – für öffent- liche Kommunikation geradezu prädes- tiniert sind. Ich glaube aber, als Wissen- schaftler im öffentlichen Diskurs sollten wir stärker darüber reflektieren, was wir wissen und was wir lediglich meinen. Daniela Kleinschmit: Das stimmt. Wir sollten aber dennoch Wissen- schaftlern, die mit der Öffentlichkeit kommunizieren, nicht unterstellen, dass ihre Forschung deswegen schlechter ist – oder dass sie zumin- dest besser wäre, wenn sie weniger oder gar nicht kommunizieren würden. Dass wir Wissenschaftler die Arbeit von Kollegen mehr loben könnten, finde ich wieder gut. Das werde ich mir zu Herzen nehmen. Das Coronavirus legt die Welt lahm, der Planet wird immer heißer: Bei drängenden Themen wie Epide- mien oder den Folgen des Klima- wandels ist die Wissenschaft in der Öffentlichkeit sehr präsent. Bundes- bildungsministerin Anja Karliczek wünschte sich in einem 2019 veröf- fentlichten Positionspapier daher, dass Forschende sich verstärkt in den Diskurs einbringen. An der Uni- versität Freiburg wird diese Auf- fassung freilich nicht vorbehaltlos geteilt: Daniela Kleinschmit, Profes- sorin für Forst- und Umweltpolitik, sieht bei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine gesellschaft- liche Verantwortung, die die Kom- munikation mit der Öffentlichkeit einschließt. Carsten Dormann, Pro- fessor für Biometrie und Umwelt- systemanalyse, sind Lehre und For- schung wichtiger – er möchte es jeder und jedem selbst überlassen, wie intensiv sie sich in öffentliche Diskussionen einschalten. Mathias Heybrock hat mit den beiden gesprochen. uni’leben: Frau Kleinschmit, Herr Dormann, die Klimaaktivistin Greta Thunberg findet, der gesellschaft liche Einfluss der Wissenschaft könne gar nicht groß genug sein: Sie allein bringe die Lösung. Finden Sie das auch? Daniela Kleinschmit: Ich verstehe zumindest, worauf Thunberg hinaus will. Sie möchte, dass wir uns stärker auf Expertinnen und Experten verlassen, weil sie, anders als Parteien, nicht von der Wählergunst abhängig sind. Weil sie sich nur vom Erkenntnisinteresse leiten lassen. Ob das immer zutrifft, las- se ich jetzt einmal dahingestellt. Selbst wenn es stimmt, sehe ich aber die Ge- fahr, dass wir so demokratische Richtli- nien an den Rand drängen. Carsten Dormann: Das Interessan- te an Thunberg ist, dass sie ein sehr rationales Ideal hat. Es steht jedoch im völligen Widerspruch zur Debatte, die extrem emotional geführt wird, auch von Thunberg selbst. Ich mag dieses rationale Ideal: Wir stellen un- sere Erkenntnisse dar, machen trans- parent, worauf sie basieren – und kommen dann zu tragfä higen Ent- scheidungen. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass Politik so funktioniert. Oder die Welt überhaupt. Das spricht aber nicht dagegen, dass sich die Wissenschaft an der öffentlichen Debatte beteiligt. Carsten Dormann: Überhaupt nicht. Dass sie sich einbringt, finde ich voll- kommen legitim. Sie sollte dies jedoch als „honest broker“ tun – als ehrliche Vermittlerin, die überparteilich und sachorientiert spricht. Wir sehen aller- dings häufig, dass prominente Wissen- schaftler diesen Bereich verlassen und ihre eigene Weltsicht propagieren. Forschende sind verpflichtet, die Öffentlichkeit über ihre Ergebnisse zu informieren, betont Daniela Klein- schmit. FOTO: PATRICK SEEGER Zum Beispiel? Carsten Dormann: Mir fällt da ein Buch von Hans Joachim Schellnhuber ein, dem ehemaligen Direktor des Pots- dam-Instituts für Klimafolgenforschung. „Selbstverbrennung“ heißt es. Den Großteil dessen, was darin steht, kann ich unterschreiben. Aber Schellnhubers Botschaft ist nicht: Das ist der Stand der Forschung. Sie lautet: Wir müssen endlich was tun! Als Wissenschaftler so in die Interessenvertretung zu gehen – da wird eine Grenze überschritten, finde ich. Diejenige zum politischen Aktivismus? Carsten Dormann: Ja. Hinzu kommt: Wenn ein Wissenschaftler mit sehr starkem Sendungsbewusstsein an die Öffentlichkeit geht, nimmt er alle anderen Kolleginnen und Kolle- gen in gewisser Weise mit in Haftung. FOTO: VALMEDIA/STOCK.ADOBE.COM Es wirkt dann so, als würde er für die gesamte Wissenschaft sprechen. Und das kann zu Problemen der Glaub- würdigkeit führen. Daniela Kleinschmit: Ich würde die Grenze weniger eng ziehen. Wenn ein Philosoph an einer aufklärerischen Theorie arbeitet, darf er sie auch in die Gesellschaft tragen. Wenn die Arbeit eines Klimawissenschaftlers ergibt, dass sich die Erde erhitzt, darf und muss er das sagen, selbst wenn darin dann auch ein aktivistisches Moment liegt. Natürlich kommt es in den Medien manchmal geradezu zur Heroisierung von Wissenschaftlern – das ist dann auch mir zu viel. Trotzdem: Mit Kritik sollten wir vorsichtig sein, da Wissen- schaftler, die ihre Erkenntnisse der Öffentlichkeit kommunizieren, einen wich- tigen Beitrag leisten. Der Fall Drosten zeigt das ganz gut. Inwiefern? Daniela Kleinschmit: Der Virologe Christian Drosten ist derzeit sehr stark in den Medien präsent. Er macht das richtig gut; er versucht, in der Corona- Pandemie wissenschaftliche Grund- lagen darzulegen, bekommt aber trotz- dem heftige Kritik zu hören. Wenn er sich aus diesem Grund aus der Öffent- lichkeit zurückziehen würde, wäre das der Sache nicht dienlich, finde ich. Carsten Dormann: Drosten finde ich auch gut – seine Neutralität, die Klar- heit seiner Kommunikation. Aber trotz- dem habe ich eine Nachfrage: Daniela, du sagst, das sei der Sache nicht dien- lich. Was ist denn „die Sache“? Daniela Kleinschmit: Dass es eine gewisse gesellschaftliche Verant- wortung gibt, der wir als Wissen- schaftler nachkommen müssen. Es gibt das Erkenntnisinteresse, aber auch die Verantwortung dafür, dass Erkenntnisse kommuniziert werden. Wenn Wissenschaft soziale Distanz zu Politik und Allgemeinheit aufbaut, wirkt das auf mich elitär. Man kann nicht einfach sagen: Wenn ihr was wissen wollt, schaut doch in meine Publikationen. Carsten Dormann: Ich verstehe nicht, was gesellschaftliche Verant- wortung ist. Das klingt für mich, als gäbe es ein Ziel, eine gesellschaft- liche Norm, der wir nacheifern, der wir folgen, die wir erfüllen müssen. Die sehe ich nicht.

8 forschen 02 2020 02 2020 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de Von Kopf bis Fuß Für einen Sprung beim Kopfball ist ein stabiler Rumpf wichtig – diese Stabilität kann man auch über den Hirnstamm stärken. FOTO: AUREMAR/STOCK.ADOBE.COM Ein Training, bei dem Gehirn und Nervensystem geschult werden, kann die Leistungen im Sport verbessern von Pascal Lienhard Neurozentriertes Training – das klingt für Laien ganz schön kom- plex. Dabei ist die Idee, die dahinter- steht, gar nicht so kompliziert: Mithilfe spezieller Übungen sollen nicht nur der Körper, sondern auch das Gehirn und das Nervensystem geschult werden, um beim Sport bessere Ergebnisse zu erzielen. Dr. Alexander Kurz und Pa- trick Jendricke vom Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Freiburg haben sich in einer Pilotstudie mit dem Thema befasst. „Im neurozen- trierten Training geht es darum, das Wissen aus den Neurowissenschaften darüber, wie das zentrale Nervensys- tem unsere Bewegungen steuert, ge- zielt zu nutzen“, erklärt Kurz. Jendricke gibt ein Beispiel aus dem Fußballtraining: Für einen Sprung beim Kopfball sei die Rumpfstabilität entscheidend. Doch wie stärkt man diese abseits des klassischen Trai- nings? „Für die Rumpfstabilität ist auch unser Hirnstamm zentral“, erläu- tert Jendricke. Um diesen zu aktivie- ren, werden Blicksprünge genutzt. Der Begriff mag nicht allen geläufig sein, doch die Bewegung selbst kennt jede und jeder aus dem Alltag: „Stellen Sie sich vor, Sie fahren in einem Zug, und Ihre Augen fixieren ein Pferd auf einer Weide“, erklärt Jendricke. „Sie fahren weiter, das Pferd verschwindet aus dem Blickfeld, und Ihre Augen fixieren ein anderes Objekt. Das ist der Blicksprung.“ Das brachte die bei- den Forscher zu der Vermutung: Wird im Training via Blicksprung der Hirn- stamm aktiviert, wirkt sich das auf die Rumpfstabilität und damit auf den Sprung zum Ball hin aus. Für eine sol- che Übung reichen ein mobiler Bild- schirm und ein Programm, bei dem sich Objekte über den Bildschirm be- wegen. Die Trainierenden fixieren die Objekte abwechselnd und führen dann Blicksprünge aus. Zwei Übungen für Testpersonen Können alle Sportlerinnen und Sportler auf diese neue Form des neurozentrierten Trainings setzen? Da gibt es aus Sicht von Kurz und Jendricke ein Problem: Das Thema ist noch kaum wissenschaftlich aufgear- beitet worden; es liegen keine Daten vor, die den Nutzen des Trainings be- weisen. Hier setzt die Freiburger Pilotstudie an. „In den Medien wird das Thema gehypt“, sagt Kurz. Die For- scher wollen sich dem Feld hingegen wissenschaftlich-nüchtern nähern. „Wir sind der Praxis eine kritische Haltung schuldig“, betont Jendricke. Im besten Fall könnten die wissenschaftlichen Ergebnisse dazu dienen, Empfehlun- gen zu formulieren. In ihrer Studie haben sich Jendri- cke und Kurz mit den Effekten eines visuellen Trainings auf die Schuss- genauigkeit im Fußball auseinander- gesetzt. Dabei ging es um Akuteffek- te, also Ergebnisse, die sich direkt nach einer Übung einstellen. Unter- sucht wurden zwei Übungen. Das Szenario war bei beiden dasselbe: Zunächst schossen die Testpersonen ohne vorherige Übung aufs Tor, dann noch einmal nach der Übung. Die Sportler waren studentische Hobby- fußballer sowie Spieler der U- 16-Mannschaft von Borussia Dort- mund. Im Mittelpunkt einer der Übungen stand eine mit bunten Perlen bestückte Schnur, in der Fach- sprache „Brock String“ genannt. Diese wird von der Nasenspitze der Testperson aus in Richtung Ball geführt. Nun sollen die Spieler die Perlen in den verschiedenen Entfernungen visuell fokussieren und so das beidseitige Sehen trainieren. Sind die Augen auf verschiedene Distanzen „scharf gestellt“, erhöht dies die Schusspräzision. So weit die Theorie. Und die Praxis? Ergebnisse bei Profis und Hobbyfußballern „Man sollte unsere Daten mit Vorsicht genießen“, sagt Jendricke. Schließlich sei es eine kleine Ver- suchsgruppe mit wenigen ausge- führten Schüssen ge wesen. „Insge- samt können wir aber einen positiven Effekt vermelden.“ Bei den Hobby- fußballern hätten sich signifikante Ver- besserungen eingestellt, bei den Profis sei ein Trend zu einer ver besserten Schusspräzision auszumachen. Die Wissenschaftler wollen sich weiter mit dem Thema befassen. So könnten etwa größere Teilnehmer- gruppen involviert werden. Zudem wäre es interessant, das neurozen- trierte Training über einen längeren Zeitraum hinweg anzubieten und zu beobachten. Also genügen im besten Fall ein paar Übungen zu Hause, und schon wird man zum Fußballprofi? Leider nicht. Jendricke und Kurz ver- deutlichen, dass neurozentriertes Training nur als Ergänzung verwendet werden könne, um das eigentliche Training effektiver zu machen. Der Gang auf den Sportplatz bleibt also unerlässlich. In Deutschland sind 95 Prozent der Inhaftierten Männer. Viele verschweigen nach ihrer Frei- lassung, dass sie im Gefängnis waren. FOTO: NEW AFRICA/STOCK.ADOBE.COM Wenn Freiheit Angst macht Die Kulturanthropologin Barbara Sieferle hat Männer befragt und begleitet, die im Gefängnis saßen von Annette Hoffmann Dass die Menschen, die Dr. Barbara Sieferle für ihre ethnografische Feldforschung getroffen hat, anonym bleiben sollen und sie selbst die Stadt, in der sie leben, nicht nennen möchte, führt schon mitten hinein in die Ge- mengelage ihres Arbeitsgebietes. Die Freiburger Kulturanthropologin be- fasst sich mit dem Leben von aus der Haft entlassenen Menschen, und de- ren Existenz bleibt auch nach dem Gefängnis von Stigmata geprägt. Daher heißen die Männer, die Sieferle begleitete, unter anderem Daniel, Stefan, Boris, Tom und Murin. Als Information muss genügen, dass Sie- ferle sich bewusst für ein Männerge- fängnis entschied und deswegen aus- schließlich männliche Haftentlassene in ihrer Studie vorkommen. Wohnung, Arbeitsplatz, Intimität Tatsächlich sind in Deutschland 95 Prozent der Inhaftierten Männer. Das Besondere an Sieferles Habilitations- projekt ist die Tatsache, dass sie aus einer kulturanthropologischen Pers- pektive auf das Leben nach der Haft schaut. Um zu verstehen, wie sich dieses darstellt, hat sie versucht, Ein- blick in den Alltag von zehn Männern zu gewinnen. Fünf Monate hat sie sich zunächst mit ihnen im Gefängnis getroffen und sie befragt. Danach be- gleitete die Forscherin sie bei den ersten Schritten zurück in die Freiheit. Wer das Leben von aus der Haft entlassenen Menschen verstehen und erforschen will, muss auch das Leben in der Haft begreifen – davon ist Barbara Sieferle überzeugt. Und so hat sie sich auf die Bedingungen der Justizvollzugsanstalt eingelassen: die Kontrollen und Restriktionen, die Überwachungen, die festgesetzten Besuchszeiten. Während des Zeit- raums, in dem sie die Männer im Be- suchsraum, im offenen Vollzug oder im Freigängerhaus traf, lernte sie alle Abteilungen der Vollzugsanstalt ken- nen. Mehr als eine Annäherung da- ran, wie sich Freiheitsentzug anfühlt, konnte es nicht sein. Denn selbstver- ständlich führte die Forscherin ihr soziales Leben weiter. Sie konnte ge- hen, wohin sie wollte, sie war nicht von technischen Entwicklungen abge- schnitten. „Gefängniserfahrung ist sehr körperlich“, sagt sie. „In der Zelle zu sein und sich nicht mehr frei bewe- gen zu können, das zu essen, was die Anstalt einem vorsetzt, sind grundlegende Handlungs- und Frei- heitseinschränkungen.“ Neben dem Gefängnis selbst war eine städtische Anlaufstelle mit Cafeteria und sozial- pädagogischer Beratungsstelle für die Wissenschaftlerin ein wichtiger Ort, um Kontakte zu knüpfen. Die begleiteten Männer mögen ge- gen die bürgerliche Ordnung verstoßen haben, ihr Lebensentwurf jedoch ist meist gesellschaftskonform. Neben dem Aufbau einer Beziehung sind das Finden einer Wohnung und einer Ar- beitsstelle die wichtigsten Ziele im neu- en Leben. Sieferle sieht darin keinen Widerspruch. „Menschen sind soziale Lebewesen. Das trifft natürlich auch auf aus der Haft entlassene Männer zu, die, gerade weil sie von allem Körperlichen abgeschnitten waren, Nähe und Intimi- tät suchen.“ Nicht selten jedoch geraten Männer, die eine Haftstrafe verbüßt ha- ben, in einen Kreislauf der Stigmatisie- rung. Denn wer vorbestraft ist, be- kommt seltener Wohnung und Arbeit. Das Stigma der Haft setzt sich im Stig- ma der Wohnungs- und Erwerbslosig- keit fort. „Am gravierendsten ist gerade bei Männern das Stigma der Arbeitslo- sigkeit“, hat Sieferle beobachtet, denn viele orientierten sich stark an hetero- normativen Lebensentwürfen. Gelingt es diesen Männern nicht, den Lebens- unterhalt für die Familie zu verdienen, ist ihr Selbstbild erschüttert, was sich stark auf die Interaktion mit anderen Menschen auswirkt. Leerstellen im Lebenslauf Nicht wenige versuchen, ihre Haft zu verschweigen. Sie habe einige Leute ge- troffen, erzählt Sieferle, die anfangs offen damit umgegangen seien, dann aber negative Erfahrungen gemacht hät- ten. Durch die ständige Ausgrenzung seien sie dazu übergegangen, ihre Haft- strafe zu verschweigen. Tom etwa hat in seinem Lebenslauf ausgelassen, dass er eine Straftat begangen hat, und muss nun auf seiner Arbeitsstelle aufpassen, was er wem sagt – was sehr belastend sein kann. Murin wiederum bekannte bei seinem ersten Treffen mit Sieferle ganz offenherzig, dass er wegen eines Tö- tungsdelikts einsaß, während Silvio sei- nen zukünftigen Arbeitgeber durch seine offene und charismatische Art für sich einnehmen konnte. Von einer „Knast- Tätowierung auf der Stirn“ sprechen je- doch viele der befragten Männer. Doch liegt nicht der Sinn von Strafe in der Wiedereingliederung in die Gesellschaft? „In der Kriminologie ist das Ziel der Resozialisierung, nach der Haft ein straffreies Leben zu füh- ren. Das ist zu eingeschränkt formu- liert“, findet die Kulturanthropologin. „Die Menschen werden durch den Ge- fängnisaufenthalt aus der Gesell- schaft und ihrer sozialen Verortung gerissen und isoliert. Sie verlernen, wie Alltag funktioniert. Nach der Ent- lassung müssen sie mit einer Welt zurechtkommen, die ihnen Angst macht.“ Barbara Sieferle geht es da- bei nicht allein um die Haftentlasse- nen, die sich von der Welt entfremdet fühlen, sondern auch um die Gesell- schaft: einerseits um die Frage, wie sinnvoll Haftstrafen bei Delikten wie etwa wiederholtem Schwarzfahren sind, und andererseits um die Frage, wie es gelingen kann, dass aus der Haft entlassene Menschen weniger stigmatisiert und mit Vorurteilen be- legt werden. Damit die Strafe nach der Haft nicht weitergeht.

02 2020 02 2020 forschen 9 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de Ich höre, also bin ich Den Klängen der Umwelt kann niemand entrinnen – die Sound Studies erforschen die unterschiedlichen Effekte von Geräuschen von Dietrich Roeschmann Vor ein paar Tagen hatte Desirée Düdder-Lechner lange am Schreib- tisch gesessen und wollte am Nachmit- tag noch einmal eine Runde um den Block drehen. Auf den Straßen war nichts los. Für die junge Forscherin war dieser Spaziergang eine unbeabsichtig- te Exkursion in ein längst bekanntes und doch ungewohntes Terrain. „Ich hörte keine Autos, keine Flugzeuge, kein Surren der Straßenbahn – nur Vogelgezwitscher und das Gluckern der Gullis“, sagt sie. Das aber sei so klar gewesen, dass sie es kaum habe glau- ben können. „Selten hatte ich ein derart intensives Hörerlebnis.“ Das will etwas heißen. Die Kunst- historikerin beschäftigt sich am Insti- tut für Medienkulturwissenschaft der Universität Freiburg nämlich mit Fragen des Klangs in Kunst, Kultur und Alltag. Ihr Forschungsfeld Sound Studies ist noch relativ jung. Erste interdisziplinäre Ansätze einer wis- senschaftlichen Beschreibung und Analyse von Hörphänomenen abseits der Musik wurden in den späten 1960er Jahren entwickelt. Zeitgleich begannen Künstlerinnen und Künstler aus der Fluxus-Bewegung, Klang als Material und Medium ihrer Performan- ces, Installationen und Videoarbeiten zu nutzen. Dabei ließen sie sich von radikalen Werken inspirieren. Mit ei- nem tonlosen Stück machte zum Bei- spiel der US-amerikanische Künstler und Komponist John Cage die Zuhö- renden zum Publikum der von ihnen selbst und anderen zufälligen Quellen verursachten Umgebungsgeräuschen. Absolute Stille gibt es nicht Für Düdder-Lechner ist es diese Qualität der Unentrinnbarkeit, die Sound als Forschungsgegenstand so spannend und ergiebig macht. „Noch vor allen anderen Sinnen ist es die Klangwahrnehmung, die uns schon im Mutterleib Kontakt zur Umwelt auf- nehmen lässt“, sagt sie. „Wir sind von Sounds umgeben, jeden Tag und an nahezu jedem Ort.“ Mal sind sie tech- nisch erzeugt, mal von Lebewesen oder von natürlichen Phänomenen wie Wind und Regen. Nie aber blei- ben die Sounds aus – absolute Stille gibt es nicht, es sei denn im Tod. Und vor allem: Nie bleiben Klänge ohne Wirkung. Diesen Effekten von Sounds auf die Spur zu kommen, sie zu analysieren und nutzbar zu machen für ein besse- res Verständnis der Welt, für die Fokussierung von Aufmerksamkeit oder die akustische Markierung von Handlungen oder Produkten gehört zu den Kernthemen der Sound Studies. Das aktuelle, weit über den wissen- schaftlichen Kontext hinausweisende Interesse an Sound Studies erklärt sich Düdder-Lechner mit dem Wunsch, den körperlosen, glatten Oberflächen der digitalen Sphäre die sinnliche Er- fahrbarkeit der Welt entgegenzusetzen. So wie im Produktdesign das Hapti- sche des Materials wieder als Zeichen des Authentischen in den Blick gerate, gehe es im Sound Design um die akustische Verknüpfung von Objekten mit Gefühlen, von Klängen mit Bildern. Sound wird dabei meist gezielt zur Schaffung von Atmosphäre einge- setzt, sei es in Filmen wie „Apocalypse Now“ – dem soundtechnisch wegwei- senden Antikriegsdrama von Francis Ford Coppola, dessen beunruhigen- der Soundtrack das Kinopublikum in das Geräuschumfeld der Schlachtfel- der von Vietnam versetzte –, sei es, um bestimmte mentale Bilder, Erinne- rungen oder Gefühlszustände zu trig- gern oder die mediale Konstruktion von Wahrheit und Wahrnehmung sichtbar zu machen wie in den Arbei- ten des Film- und Videokünstlers Bjørn Melhus, über den Düdder-Lech- ner derzeit ihre Dissertation schreibt. Das Ohr ist das Instrument, mit dem der Mechatroniker Dysfunktio- nen eines Motors erkennt, der Obst- händler die Reife einer Melone, die Ärztin eine sich anbahnende Bronchitis. Zugleich ist es das Organ, welches das akustische Produktdesign nutzt, um die Geschmacksnerven von po- tenziellen Käuferinnen und Käufern zu stimulieren: Wenn in der Werbung jemand krachend in eine Handvoll Chips beißt, wird der Appetit geweckt. Wenn eine schwere Autotür mit einem satten Klang zuschnappt, erzeugt das ein Gefühl von Sicherheit. Akustisches Marketing „Markenführung durch Klang ist in- zwischen allgegenwärtig“, sagt Düdder- Lechner – besonders präsent etwa im Design der Klingeltöne und Funk- tionssignale unterschiedlicher Be- triebssysteme. „Das dient nicht nur der Wiedererkennung, sondern schreibt sich bei der täglichen Nutzung von Desktops oder Smart- phones durch permanente Wieder- holung so tief ins Unbewusste ein, dass man wie beim Reifenquiet- schen von einer körperlichen Ein- lagerung von Hörereignissen sprechen Durch bestimmte Sounds lässt sich eine akustische Verknüpfung von Ob- jekten mit Gefühlen, von Klängen mit Bildern erreichen. FOTO: GOFFKEIN/STOCK.ADOBE.COM kann. Je nach Geräusch reagieren wir alarmiert, aufmerksam, gut ge- launt oder entspannt.“ Ausgehend von den Ergebnissen ihrer Dissertation will Desirée Düdder- Lechner nun über den Umgang mit Sound im Ausstellungskontext for- schen. Für viele sei das Museum ein stiller Ort, sagt sie. Doch das ist es höchstens dann, wenn sich niemand in den Räumen aufhält. Mehr noch als die unweigerlich anfallenden Sounds in Museen interessiert sie die Vorstellung des Geräuschs als Expo- nat. „Wie müsste eine Ausstellung konzipiert sein, die statt Bildern oder mit Bildern Klänge präsentiert?“, fragt die Kunsthistorikerin. Das Visuelle sei nur eine der möglichen Erschei- nungsformen von Kunst. Deshalb sei es wichtig, zu überlegen, in welcher Weise auch Sound im Museum mehr Raum einnehmen könne. Derzeit befindet sich Düdder-Lechner noch mitten in der Recherchephase. Ein Ausstellungshaus, in dessen Ar- chitektur bereits Erkenntnisse aus den Sound Studies eingingen, ist das Münchner Museum Brandhorst. Die aus farbigen Keramikstäben zusam- mengesetzte Fassade ist geräusch- absorbierend. Damit trägt der Bau zur Verminderung des Lärms an der viel befahrenen Kreuzung im Pinakotheken- Viertel bei. Und auch die Besucherin- nen und Besucher der Ausstellung profitieren indirekt von den Sound Studies. Etwa wenn sie sich per Audioguide von einer Stimme durch die Säle des Museums führen lassen, die sich zwischen den Kopfhörermu- scheln in intime Klangräume verwan- deln und durch diese Nähe eine in- tensive Verbindung zwischen Hören und Sehen herstellen. Den internationalen Austausch stärken Die Universität Freiburg wird eine „Rising Stars Conference“ ausrichten. FOTO: HAR ALD NEUMANN Die Deutsche Forschungsgemein- schaft (DFG) fördert das Konzept „Freiburg Rising Stars Academy“ der Albert-Ludwigs-Universität, das sich beim DFG-Ideenwettbewerb „Inter- nationales Forschungsmarketing“ durchgesetzt hat, mit 100.000 Euro. Das Vorhaben will die nachhaltige Kooperation von Freiburger For- schenden mit internationalen jungen Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftlern weiter stärken. Diese „Ri- sing Stars“ werden über ein kompeti- tives Verfahren ausgewählt und bearbeiten dann in Teams fächer- übergreifende wissenschaftliche Fragestellungen. Die Universität plant zudem, eine „Rising Stars Conference“ auszurichten. Das Inter- national Office hat den Antrag aus- gearbeitet, außerdem waren die Exzellenzcluster CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies und livMatS – Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems beteiligt. Der Projektstart verzögert sich aufgrund der Covid- 19-Pandemie. Die Ausschreibung für die „Rising Stars“ erfolgt nun im Frühjahr 2021. 34 Millionen Euro für vier Verbünde Von der Fledermaus zum Menschen Mit insgesamt knapp 34 Millionen Euro fördert die Deutsche For- schungsgemeinschaft vier Sonderfor- schungsbereiche (SFB) der Universi- tät Freiburg. Der SFB 948 „Helden – Heroisierungen – Heroismen“ erhält in den kommenden vier Jahren insge- samt 6,2 Millionen Euro und startet in die dritte Runde. Der neue SFB „Die heterozelluläre Natur kardialer Läsio- nen: Identitäten, Interaktionen, Impli- kationen“ wird mit elf Millionen Euro unterstützt. Dem SFB 992 „MEDEP – Medizinische Epigenetik – von grund- legenden Mechanismen zu klinischen Anwendungen“ stehen in seiner drit- ten und letzten Förderphase 14 Milli- onen Euro zur Verfügung. Ein Team um Prof. Dr. Robert Thimme von der Klinik für Innere Medizin II des Uni- versitätsklinikums Freiburg beteiligt sich am SFB/Transregio „Ursachen der Ausheilung bzw. Chronifizierung von Infektionen mit Hepatitisviren“, der in seiner zweiten Förderphase 11,4 Millionen Euro erhält. Davon ge- hen etwa drei Millionen Euro nach Freiburg. Ein Team um Prof. Dr. Martin Schwemmle vom Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg er- hält vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) einen Advanced Grant in Höhe von 2,5 Millionen Euro. Mit seinem Team untersucht Schwemmle, wie Krank- heitserreger von Tieren auf den Men- schen übertragen werden, insbeson- dere anhand eines Influenzavirus, das in Fledermäusen vorkommt. Die Forscherinnen und Forscher haben kürzlich nachgewiesen, dass das in Fledermäusen entdeckte Influenzavi- rus H18N11 einen anderen Infektions- weg nimmt als klassische Influenzavi- ren, die den Menschen befallen. In Zukunft wollen die Wissenschaftlerin- nen und Wissenschaftler untersuchen, ob sie das Influenzavirus als Werk- zeug im Kampf gegen Krebszellen verwenden können. Mit dem Advan- ced Grant fördert der ERC Forschen- de, die sich in den vergangenen zehn Jahren durch herausragende wissen- schaftliche Leistungen ausgezeichnet haben.

10 lernen 02 2020 02 2020 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de Messpipette und Bakterienkulturen Im digitalen Sommersemester erlernen etwa 200 Freiburger Studierende der Biologie Techniken der Laborarbeit am Bildschirm Sonja-Verena Albers ist Professorin für Mikrobiologie an der Universität Freiburg und unter anderem für das Grundmodul 14 zuständig, das Ba- chelorstudierende des vierten und fünften Semesters belegen müssen. Etwa 200 Studierende seien das je- des Jahr, die genau nach Plan durch die Lerneinheit geführt werden. Dazu gehören nicht nur Vorlesungen in Mi- krobiologie, Immunbiologie und Bio- chemie, sondern auch das Mikrobio- logie-Grundpraktikum in den ersten sechs Semesterwochen. Dabei gehe es vor allem darum, den Studieren- den alle nötigen Techniken für die La- borarbeit beizubringen, sagt Albers. Infolge der Corona-Maßnahmen wur- de das Grundmodul komplett umge- krempelt. „Sonst hätten meine Stu- dierenden ein volles Jahr warten müssen, um die Studienleistung nachzuholen.“ Fit fürs virtuelle Labor: Astrid Steindorf erklärt, was es beim sterilen Arbeiten zu beachten gilt. FOTO: HAR ALD NEUMANN Steriles Arbeiten lernen von Stephanie Streif Ein Klick reicht, und schon steht man zusammen mit Kursassisten- tin Astrid Steindorf im Labor. Sie trägt einen weißen Kittel, auf dem Arbeits- tisch vor ihr stehen zwei Laborkolben. Daneben schlängelt sich der rote Schlauch des Bunsenbrenners über den Tisch. Steindorf erklärt, was es beim sterilen Arbeiten im Labor zu beachten gilt. Fast ist es so, als stünde man ihr gegenüber, dabei ist es ein E-Labor, aus dem die Kursassis- tentin zu einem spricht. Das Corona- virus machte es im Sommersemester weitgehend unmöglich, dass sich Leh- rende und Lernende zum gemeinsamen Experimentieren im Labor treffen konn- ten. Doch die Laborarbeit ist in den Naturwissenschaften ein Muss. In nur drei Wochen wurden Kon- zepte geschrieben, Materialien zu- sammengestellt, Vorlesungen einge- sprochen und um die 25 Experimente fotografiert und gefilmt – wie die Ver- suche zum sterilen Arbeiten oder zum Wachstum von Bakterienkulturen. Stressig sei das Erarbeiten gewesen, sagt Albers im Rückblick. Gelohnt ha- be es sich trotzdem. Studierende wie Miriam Kaltwasser sind jedenfalls froh, das Modul in diesem Semester absolvieren zu können. „Das Material ist gut“, sagt Kaltwasser, die im vier- ten Semester Biologie studiert. Man nehme schon einiges mit. Ein Nach- teil sei natürlich, dass man die Dinge nicht selbst machen könne. Oder nur punktuell: Im Video zum sterilen Ar- beiten gibt Astrid Steindorf auch praktische Tipps, so zeigt sie zum Beispiel, wie eine in einem Laborkö- cher liegende Messpipette angefasst werden muss, um ihre Spitze steril zu halten. Nur dass die Messpipette ein Bleistift ist und der Köcher eine Kü- chenpapierrolle, in die eine kleinere Klopapierrolle geschoben wurde – das können die Studierenden zu Hause nachstellen. So etwas sei hilf- reich, um Handgriffe zu verinner- lichen, aber eben kein Ersatz, findet Kaltwasser. Alle Lernangebote des Grundmo- duls 14 werden dem Stundenplan ent- sprechend auf der Lernplattform ILIAS freigeschaltet. Die Vorlesungen wer- den wochenweise online gestellt, die E-Praktika am jeweiligen Kurstag. Natürlich werden die Lerneinheiten im Labor auch abgeprüft. Der Test zum Kurstag kann bis zum Sonntag- abend derselben Woche bearbeitet werden. In Vor-Corona-Zeiten war das Prak- tikumskonzept ein anderes. Bevor es ins Labor ging, bekamen die Studie- renden ein Skript zum Durcharbeiten. Die Idee dahinter: „Die Studierenden sollten vorbereitet zu uns ins Labor kommen“, sagt Albers. Den Live- Experimenten wurde darum immer ein Testat vorgeschaltet. Jetzt wird genau andersherum verfahren: Über ILIAS erhalten die Studierenden erste Informationen zu dem anstehenden Experiment. Wer will, kann sich dann direkt ins virtuelle Labor weiterkli- cken. Getestet wird danach und eben- falls online. Und das Skript? Das ge- be man im Nachgang aus, so Albers. Und die Klausur zum Modul finde, wie bisher auch, erst am Ende des Se- mesters statt. Das Online-Modul scheint zu funk- tionieren. Der erste Abschlusstest sei erfolgreich gewesen, berichtet Albers. Bis auf acht Studierende hätten alle daran teilgenommen, und nur fünf sei- en durchgefallen. Die Studierenden können auch jederzeit nachhaken. Ei- gens dafür wurde ein Online-Forum eingerichtet. Achtzehn Meldungen sind im Laufe der ersten Vorlesungs- woche bei Albers eingegangen. Eine davon war die eines Studenten, der darum bat, eine Testaufgabe in einer Mikrobiologie-Übung doch bitte noch einmal durchzurechnen. Er glaube, seine Antwort, die im Test als falsch gewertet wurde, sei richtig. Und tat- sächlich – er hatte recht. Albers und ihr Team besserten umgehend nach. Am Ende seiner Mail bedankte sich der Student noch für das Online- Praktikum. Es klappe wirklich gut, schrieb er, und mache trotz Fernlehre Spaß. Ein Gebäude, viele Perspektiven Virtuelle Reise durch die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Alten Universität von Pascal Lienhard Zwei Bäume stehen im Innenhof der Alten Universität in der Bertoldstra- ße 17, eine Linde und eine Platane. Gepflanzt wurden sie während der Re- volution von 1848/49. Was sollen die Bäume symbolisieren? Wieso kommt kaum jemand in den Innenhof, um sie zu bewundern? Und wie steht es um die Zukunft des Gebäudes, das Hof und Bäume umschließt? Diesen und weiteren Fragen sind Studierende des University College Freiburg (UCF) der Albert-Ludwigs-Universität in einem Seminar nachgegangen. „Die Alte Universität: Bildungs(t)räu- me im Wandel der Zeit“ – unter diesem Titel hat die Historikerin Dr. Marie Mu- schalek eine Lehrveranstaltung für den Studiengang Liberal Arts and Sciences angeboten. Was das Gebäude für sie so faszinierend mache, sei neben sei- ner besonderen Atmosphäre die viel- fältige Nutzung. Im 15. Jahrhundert standen hier zwei Bursen für Studen- ten der 1457 gegründeten Universität. 1620 übernahmen die Jesuiten die Bil- dungseinrichtung. Sie bauten ab den 1680er Jahren bis ins frühe 18. Jahr- hundert die Alte Uni, wie sie heute er- halten ist. Seit Jahren geben sich hier Studierende verschiedener Nationali- täten und Fachrichtungen und Be- schäftigte unterschiedlicher Abteilun- gen die Klinke in die Hand, und auch viele, die nicht an der Universität stu- dieren oder arbeiten, sind hier zu Gast. Die Alte Uni beherbergt unter anderem das Uniseum, außerdem ist sie Sitz des UCF. Ein Seminar über das Ge- bäude, abgehalten in ebendiesem – eine vielversprechende Idee. Doch dann kam Corona. „Zunächst war ich ein bisschen verzweifelt“, gesteht Muschalek. „Das Seminar über das Gebäude online abhalten zu müssen war eine traurige Aussicht.“ Mit dem Audioguide in den Wandelgang Man könnte in diesem Fall aber von „didaktischem Glück im Unglück“ spre- chen: Muschalek hatte die Veranstal- tung als Projektseminar geplant. Das heißt, dass nicht die Treffen in der großen Gruppe im Vordergrund ste- hen sollten, sondern die individuelle Arbeit in kleinen Teams. Da die Stu- dierenden wegen der Corona-Pande- mie das Gebäude nicht problemlos besuchen konnten, wurde vieles in den digitalen Raum verlagert. Drei Gruppen haben sich mit Vergangen- heit, Gegenwart und Zukunft des Baus beschäftigt. Aus der Arbeit der Vergangenheitsgruppe ist ein Audio- guide entstanden. Dieser soll nicht nur historische Hintergründe aufzei- Die Atmosphäre der Alten Uni einfangen: Die Historikerin Marie Muschalek sammelte Fotomaterial für ihr Seminar, das sie kurzerhand in den digitalen Raum verlegen musste. FOTO: KL AUS POLKOWSKI gen, wie die Studentin Carla Hart- mann verdeutlicht: „Wir wollen den Hörerinnen und Hörern Impulse für eigene Gedanken geben.“ Eine Frage war dabei, warum bestimmte Dinge als altehrwürdig eingestuft werden und andere nicht. Etwa der Wandel- gang, der den Innenhof umgibt: Frü- her wurde dieser genutzt, um sich auszutauschen, „heute stehen da Fahrradständer“, sagt Teamkollege Kaspar Lehnert und schmunzelt. „Da kann man sich doch fragen, wer ei- gentlich entscheidet, was erhaltungs- würdig ist und was nicht.“ Nicht weniger kreativ sind die bei- den anderen Gruppen vorgegangen. Die Studierenden, die sich mit der Ge- genwart beschäftigt haben, haben ei- nen Instagram-Account erstellt. „Mit diesem wollen wir individuelle Le- benserfahrungen des Lernens am UCF aufzeigen“, so Kutayba Al Kanatri. Die dritte Gruppe hat sich der Zukunft des Gebäudes im Besonderen und der der Bildung im Allgemeinen ge- widmet. Daraus entstand eine Websi- te mit Podcasts und Fotos. Das Team hat etwa Personen im Gebäude ge- fragt, wie sie sich die Zukunft der Al- ten Uni vorstellen. Die Ergebnisse sei- en mitunter auch frustrierend ausgefallen, berichtet Lotta Düme- land. „Gerade für den Innenhof gab es tolle Ansätze. Nur umsetzen können wir sie leider nicht.“ Brand- und Denk- malschutz machen große bauliche Neuerungen unmöglich. Eins der schönsten College-Gebäude Trotz der einen oder anderen Ent- täuschung schätzen die Studierenden die Erfahrung: „Das Seminar war sehr praktisch angelegt“, so Kanatri. „Das haben wir selten, die meisten Veran- staltungen sind ziemlich theoretisch.“ Selbstredend habe man auch Texte gelesen und miteinander diskutiert, im Mittelpunkt jedoch habe die prak- tische Arbeit gestanden. Außerdem gefiel den Studierenden, dass sie ihre Ideen mit viel Freiheit ausgestalten konnten – und dass Marie Muschalek den Blick nicht nur in die Vergangen- heit richtete. Warum legt eine Historikerin so viel Wert auf Gegenwart und Zukunft? „Geschichte ist immer mit der Gegen- wart verbunden“, sagt Muschalek. „Und für die Zukunft ist es wichtig, die Geschichte zu kennen. Das Gebäude ist da ein toller Anlass, um über die Zukunft nachzudenken.“ Zudem ist die Forscherin selbst Feuer und Flamme für die Alte Uni. Im Internet hat sie eine Seite mit den verschiede- nen University Colleges Europas ge- funden. Ihr Urteil: „Freiburg hat eines der schönsten College-Gebäude.“ Und dass der Ort besonders für län- derübergreifende Ideale steht, bewei- sen die in der Revolution von 1848/49 gepflanzten Bäume: Sie stehen für Deutschland und Europa. Mehr De- tails verraten die Formate, die aus dem Seminar hervorgegangen sind.  www.alte-uni.tk

02 2020 02 2020 campus 11 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de Hilfe über die Pandemie hinaus Mehr als 100.000 Euro sind für ein neues Förderprogramm zusammengekommen, das Freiburger Studierende in finanzieller Not unterstützt von Patrick Siegert Vor vier Jahren ist Pooja Karki aus Nepal nach Deutschland gezogen. Seit etwa einem Jahr wohnt sie in Frei- burg und studiert Psychologie an der Albert-Ludwigs-Universität. Ihr Studium finanzierte sie bisher durch einen Aus- hilfsjob in einem Freiburger Modege- schäft, denn ihre Eltern können sie nicht mit Geld unterstützen. Aufgrund der Corona-Pandemie musste der Betrieb schließen, und ihre Stelle wurde gestri- chen, weshalb Karki ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen konnte. „Auf einer Website der Uni erfuhr ich vor einigen Wochen von einem neuen Förderpro- gramm. Sobald das Antragsformular online verfügbar war, bewarb ich mich“, erzählt sie. Wenige Tage später erhielt sie eine Überweisung vom Studieren- denwerk Freiburg-Schwarzwald (SWFR) und damit die finanzielle Unterstützung, die sie dringend benötigte. Mit der „Studiennothilfe“ haben die Universität Freiburg und das SWFR auf die aktuelle Situation vieler Studie- render reagiert, die wie Karki aufgrund des allgemeinen Lockdown in finanzi- elle Schwierigkeiten geraten sind: Im Rahmen des Förderprogramms erhal- ten sie für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten insgesamt bis zu 900 Euro. Das Geld müssen die Studieren- den nicht zurückzahlen. Barbara Toth von der allgemeinen Sozialberatung des SWFR bearbeitet derzeit zahlrei- che Anträge auf finanzielle Unterstüt- zung. „Die meisten Studierenden wen- den sich an uns, weil sie ihren Job verloren haben. Sie begeben sich ak- tuell auf Jobsuche, allerdings gibt es nicht genug Stellen, weil viele Betriebe in Kurzarbeit sind oder weil ihnen die Umsätze weggebrochen sind. Hiervon ist besonders die Gastronomie betrof- fen, wo viele Studierende beschäftigt sind“, erklärt die Sozialberaterin. Hinzu kommt, dass viele Eltern ihre Kinder weniger als bisher oder gar nicht mehr finanziell unterstützen können, da auch sie ihren Job verloren haben oder in Kurzarbeit gehen müssen. Bisher sind es 164 Anträge Inzwischen haben auch Bund und Länder finanzielle Hilfen für Studieren- de, die von der Corona-Pandemie be- troffen sind, auf den Weg gebracht. Die Universität Freiburg und das SWFR weiten daher die Studiennothil- fe aus: Das Programm steht künftig allen Studierenden der Universität Freiburg offen, die ohne eigenes Ver- schulden in wirtschaftliche Not geraten sind. Es soll ihnen ermöglichen, trotz existenzbedrohenden Verdienstausfäl- len ihr Studium fortzusetzen. Beim SWFR sind bisher 164 Anträge auf Studiennothilfe eingegangen, von de- nen 92 bewilligt wurden. Die bislang genehmigte Auszahlungssumme be- läuft sich auf knapp 27.000 Euro. Der Förderverein Alumni Freiburg e.V., die Maria-Ladenburger-Stiftung unter dem Dach des Verbands der Freunde der Im digitalen Semester ist alles anders: Pooja Karki nutzt die Wiese vor dem Institut für Psychologie zum Lernen – die Fachbib- liothek hat noch geschlossen. FOTO: JÜRGEN GOCKE Universität Freiburg, die Neue Universi- tätsstiftung, die Wissenschaftliche Ge- sellschaft Freiburg sowie viele private Förderinnen und Förderer haben seit dem Start des Programms mehr als 100.000 Euro gespendet. Trotz der finanziellen Unterstützung bereitet der Gedanke an das laufende Semester Pooja Karki derzeit schlaflo- se Nächte: „Mein Studium liegt mir sehr am Herzen. Das aktuelle Semester ist für mich zu einer finanziellen, psychi- schen und gesundheitlichen Herausfor- derung geworden. Außerdem muss ich oft an meine Familie denken, die weit weg von mir in Nepal lebt.“ Aufgeben und sich von der Situation abschrecken lassen komme für sie allerdings nicht infrage. Weil ihre Förderung nur über einen Monat läuft, stellt Pooja Karki in Kürze einen weiteren Antrag auf Studi- ennothilfe: „Das Geld reicht zwar nicht aus, um alle Kosten zu decken, aber es hat mir dennoch sehr geholfen. Ich bin dankbar, dass es solch ein Angebot für Studierende wie mich gibt.“  www.uni-freiburg.de/universitaet/foerdern- und-stiften/studiennothilfe Nur noch kurz die Welt retten In einem Comic kämpfen Bösewichte und Superhelden um die Zukunft des Planeten – ein Plädoyer für die Bioökonomie Dackel Alex und Förster Uwe genießen die Idylle im Schwarzwald. Als der Böse- wicht Petrolius auf den Plan tritt, erwacht in Alex die „Green Power“. FOTOS: JÜRGEN GOCKE von Patrick Siegert In dem fiktiven Schwarzwalddorf Waldesruh existieren Mensch und Natur noch weitgehend harmonisch miteinander. In dieser Idylle lebt der Dackel Alex, der den Förster Uwe auf Revierfahrten begleitet, Schmetterlin- ge jagt und viel über das Ökosystem Wald lernt. Er trifft Menschen wie den Sägewerkbesitzer Mr. Sawmills und die Brennholzproduzentin Frau Hack- schnitzel, die sich um die Ressource Holz streiten. Doch bald beschäftigen Alex und Uwe auch neue Probleme: Vertrocknete Bäche, Borkenkäferpla- gen und Waldbrände bedrohen ihre Heimat. Weil sich die Situation immer weiter zuspitzt, begibt sich Alex auf die Suche nach Wegen, um seine Um- welt zu retten, und findet heraus, wer hinter der Energiekrise steckt. Im Auftrag der Umwelt Nachzulesen ist die ganze Ge- schichte in dem Comic „Die Abenteu- er von Alex & Bioman“. Mit diesem Projekt wollen Dr. Alex Giurca und Dr. Markus Herbener von der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen den Comic als kreatives und humoris- tisches Wissenschaftsformat etablie- ren – und gleichzeitig das Konzept der Bioökonomie auf einfache Weise vermitteln. „Bioökonomie ist eine Wirtschaft, die sich auf erneuerbare statt auf fossilba- sierte Ressourcen stützt. Es geht da- bei um Energie und Materialien wie Kleidung, biobasierte Kunststoffe und Chemikalien“, erklärt Giurca. „Der Wald beispielsweise ist nicht nur Bio- masse, aus der wir etwas herstellen, sondern ein wichtiges Ökosystem, das es zu erhalten gilt.“ Eine Ressource wie Holz sollte nur in dem Maße ge- nutzt werden, wie sie sich wieder rege- nerieren könne, fügt Herbener hinzu: „Solche Ressourcen wurden in vergan- genen Energiekrisen zu viel genutzt. Bioökonomie ist für mich die Zukunft, weil sie eine zentrale Frage beantwor- tet: Wie kommen wir weg von fossilen Brennstoffen?“ Schon seit einigen Jahren beschäf- tigt sich die Universität Freiburg mit dem Thema, unter anderem als Mit- glied des landesweiten Forschungs- programms „Bioökonomie Baden- Württemberg“. Alex Giurca hat seine Dissertation über Aspekte der Bioöko- nomie geschrieben, und Markus Her- bener lehrt unter anderem Ressour- cen- und Umweltgeschichte. Mit „Alex & Bioman“ haben die Forscher an ei- nem bundesweiten Hochschulwettbe- werb teilgenommen – und gewonnen. Die Initiative „Wissenschaftsjahr 2020“ will junge Forscherinnen und Forscher dabei unterstützen, das Thema Bio- ökonomie einer breiten Öffentlichkeit nahezubringen. Wissenschaft zum Sammeln Auf einer Website haben Giurca und Herbener Mitte März 2020 die ersten Seiten des Comics veröffent- licht, jeden Freitag soll eine neue Sei- te erscheinen. Interessierte können die digitalen Comicfolgen bis Ende November 2020 kostenlos sammeln. Auch eine Printausgabe wird es ge- ben. Neben Vorträgen zu Bioökono- mie und Humor in der Wissenschaft sowie Workshops zur Anwendung kre- ativer Formate im Unterricht planen die beiden Wissenschaftler eine Aus- stellung zur Geschichte des Comics. Auf Facebook und Instagram erklärt der Dackel Alex außerdem regelmä- ßig bioökonomische Themen aus sei- nem Alltag. Derweil diskutieren beim Weltwirt- schaftsforum im fiktiven Nuvos Fach- leute aus Wirtschaft, Politik und Wis- senschaft über den Klimawandel und seinen Hauptschuldigen: den Ölmag- naten Petrolius. Die Nachfrage nach Öl hat ihn reich und mächtig ge- macht – und die Welt vom ihm abhän- gig. Alles ziemlich verfahren; die Ex- pertinnen und Experten wollen die Hoffnung schon aufgeben. Da behaup- tet die Wissenschaftlerin Prof. Dr. Vo- gelgrün, eine Lösung für das Problem gefunden zu haben. Sie hat in einem Labor in der Arktis einen Cyborg ent- wickelt, ein Mischwesen aus lebendi- gem Organismus und Hightechmaschi- ne. Das kann Biomasse wie etwa Holz in jede beliebige chemische Substanz umwandeln. Sein Name lautet Bioman. Und seine Mission: die Welt retten. In der Realität wurde so eine Wunderma- schine noch nicht erfunden, sagen Gi- urca und Herbener. Das wiederum sei aber eine zentrale Aufgabe der For- schung zur Bioökonomie.  www.alex-bioman.de

12 kompass 02 2020 02 2020 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de Informativ, kommunikativ und unterhaltsam Das Intranet der Universität Freiburg bietet nun mehr Möglichkeiten zum Austausch und zur Zusammenarbeit Vernetzt und verbunden: Die App „Share“ bietet kurze Kommunikationswege. ILLUSTRATION: JÜRGEN OSCHWALD tionswege verein- fachen sich“, sagt Dr. Reiner Fuest, Leiter der Abteilung Wissens manage-ment. Ein weiterer Vorteil sei, dass sich die Beschäftigten in einem geschützten Bereich online austauschen könnten, un- abhängig davon, ob sie in ihrem Büro an der Univer- sität, von unterwegs oder im Homeoffice arbeiteten. Zusätzlich gestaltet die Ab- teilung Presse- und Öf- fentlichkeitsarbeit einen neuen, redaktionellen Be- reich im Intranet. Ziel ist, die Beschäftigten dort ab sofort über aktuelle Entwick- lungen an der Universität zu informie- ren und den Arbeitsort Universität mit seinen Menschen in aller Vielfalt sicht- bar und erlebbar zu machen. Dafür bietet uni’intern Features in Form von Texten und Videos über die unter- schiedlichen Arbeitsbereiche und die Menschen, die dort tätig sind. Eben- so stehen Tipps von Expertinnen und In der sprachlichen Kommunikation geht es häufig nicht darum, Wirklichkeiten möglichst adäquat abzubilden, sondern darum, Beziehungen aufrechtzuerhalten. Man verschweigt der Freundin die Wahr- heit, weil man keinen Konflikt riskieren und weiter mit ihr kommunizieren will. Ein wichtiges Charakteristikum von Notlügen ist übrigens auch, dass man unter Druck antwortet. Wir bringen die Lüge nicht von uns aus an, sondern weil wir gefragt wer- den. Und nichts zu sagen ist in so einer Situation oft keine Option, denn Schweigen wird als Eingeständnis interpretiert. Es ist wichtig, sich vor Augen zu führen, dass diese Art von Fragen die Gesprächspartnerin oder den Gesprächspartner nötigt – nämlich dazu, die Unwahrheit zu sagen. Aber wann ist die Not groß genug für eine Lüge? Wenn ich meinen Partner betrüge und er mich fragt: „Gehst du fremd?“ Experten für den Alltag, zum Beispiel zu Themen wie Ernährung oder den Umgang mit Stress, auf dem Pro- gramm. Einen inhaltlichen Schwerpunkt bil- den zudem Berichte über die Fort- schritte des „Connected Services“- Teams, das seit Herbst 2019 an der Modernisierung administrativer Pro- zesse arbeitet. Die dazugehörige Int- ranetgruppe „Connected Services“ ist offen für Fragen, Anregungen und Kommentare und möchte den Aus- tausch zu den Themen des Pro- gramms fördern. „Es würde uns sehr freuen, wenn möglichst viele Nutze- rinnen und Nutzer von dieser Mög- lichkeit gleich von Anfang an Ge- brauch machen“, betont Andreas Friedrich, der das Team der „Connec- ted Services“ leitet. Das Intranet solle sich zu einer zentralen Anlaufstelle für die administrativen Aktivitäten an der Universität Freiburg entwickeln. „Deshalb sind alle herzlich eingeladen, das Intranet regelmäßig zu besuchen und die Chancen, die es für den Ar- beitsalltag bietet, zu nutzen.“ ich zugebe, ihn betrogen zu haben? Ist es vielleicht besser, ihn zu schonen und nichts zu sagen? Typisch in so einer Situation ist natürlich auch, dass man sich die eigenen Lügen schönredet. Dabei will man vor allem auch sich selbst schonen. Alltägliche Notlügen dienen der Abkürzung: Man will sich gar nicht erst in einen Konflikt hineinbegeben. Darf ich mir mit einer Lüge Vorteile verschaffen? Das ist die klassische Konstellation der Lüge: dass man einem anderen schadet, um selbst einen Vorteil zu haben. Diese Konstellation lässt am wenigsten moralische Auswege zu. Kommt diese Art der Lüge im Alltag häufig vor? Nein. Sie haben keinen echten Vor- teil davon, wenn Sie der Freundin sagen, sie sehe toll aus, obwohl das nicht stimmt. Sie beschwören keinen Konflikt herauf und müssen nicht dis- kutieren – mehr aber auch nicht. Beim Fremdgehen ist das natürlich anders: Da kann eine Notlüge für die Person, die lügt, sehr wohl von Vorteil sein – sie hat das sexuelle Vergnügen, und die Partnerin oder der Partner schenkt ihr weiterhin Vertrauen. Das wäre eine Notlüge aus Eigennutz. Zum Schluss noch eine unver- meidliche Frage: Wann haben Sie selbst Ihre letzte Notlüge platziert? Ich muss kurz überlegen. Wahr- scheinlich sind das so viele, dass mir gerade keine einfällt. Doch: Ich kaufe aufgrund der Corona-Situation für älte- re Herrschaften in der Nachbarschaft ein. Jetzt meinte ein Ehepaar, sie könnten das womöglich wieder selbst tun, aber sie seien so schlecht zu Fuß, und der Weg sei weit. Ich erwiderte, noch sei von einer großen Gefahr aus- zugehen, sodass ich selbstverständ- lich weiter für sie einkaufen ginge. Na- türlich war die Schilderung der anhaltenden Gefahr eine an eine Not- lüge grenzende Übertreibung, aber ich konnte ihnen so die Peinlichkeit erspa- ren, mich darum bitten zu müssen, auch ohne Corona-Gefahr weiter die Einkäufe für sie zu erledigen. von Nicolas Scherger Das Intranet der Universität Freiburg, das in den vergangenen Wochen überarbeitet wurde und auf der Software Intrexx basiert, soll künftig entscheidend dazu beitragen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über aktuelle Entwicklungen und Strategien der Universität zu infor- mieren, und aufzeigen, wie sich be- stimmte Entscheidungen auf das ge- meinsame Arbeitsumfeld auswirken. Zu finden sind im Intranet außerdem der Veranstaltungskalender, die Stellen- börse, Nachrichten aus der Verwaltung, Rundschreiben und amtliche Bekannt- machungen. Auch das Vorschlagswesen uni’ideen, über das die Beschäftigten Anregungen für Verbesserungen in Ver- waltung, Service und Technik einreichen können, ist dort verortet. Kurze Dienstwege dank „Share“ Die interne Plattform bietet nun dank der App „Share“ zusätzlich die Möglichkeit zu Zusammenarbeit, Aus- tausch und Beteiligung auf Onlineba- sis. Wie bei sozialen Medien gibt es eine Seite mit Neuigkeiten, auf der die aktuellen Beiträge zu sehen sind. Beschäftigte können eine eigene Gruppe für den jeweiligen Arbeitsbe- reich oder das eigene Team gründen, deren Sichtbarkeit sich von privat bis öffentlich einstellen lässt. Die Mitglie- der einer Gruppe können untereinan- der chatten und sich so auf dem kur- zen Dienstweg austauschen. Großes Interesse an einer Gruppe hat bereits das Netzwerk von Sekretärinnen und Sekretären angemeldet. Ganz ähnlich lassen sich auch Projekte anlegen, an denen gemeinsam im Intranet gear- beitet wird. „Mit der App lassen sich zahlreiche E-Mails und langwierige Besprechun- gen einsparen, und die Kommuni ka- vor der Tür und fragt nach einem flüchti- gen Regimekritiker – und der versteckt sich auf Ihrem Dachboden. Ihr Nein ist zwar gelogen, schützt aber diesen Geflüchteten. Und ist Lügen in diesen drei Situationen erlaubt? Ich bin Philosoph und muss zum Glück keine moralischen Bewertungen vorneh- men. Was mich interessiert, sind die kom- munikativen Konstellationen, die Notlügen hervorbringen. Und im Gegensatz zu den moralphilosophischen Traditionalisten – angefangen bei Augustinus bis hin zu Im- manuel Kant – bin ich nicht für ein abso- lutes Verbot der Lüge. Ich bin bereit, den Nutzen einer Lüge in bestimmten Situati- onen anzuerkennen. Die Position der traditionellen Mo- ralphilosophie ist Ihnen zu radikal? Ja. Ihr Hauptargument ist, dass wir beim Lügen das Kommunikationssys- tem, in dem wir uns befinden, unter- graben. Denn unsere Kommunikation, so lautet die Argumentation, ist dar- auf ausgelegt, dass jeder Mensch im- mer die Wahrheit sagt. Wenn wir lü- gen, nehmen wir dieses System zwar in Anspruch, weil wir ja wollen, dass uns geglaubt wird, wir selbst entzie- hen uns aber der kommunikativen Wahrhaftigkeit. Wer lügt, begibt sich also in einen Selbstwiderspruch. Die- se Argumentation vereinfacht meiner Meinung nach das Wie unserer sprachlichen Kommunikation. Inwiefern? Booksmart In der neuen Serie „Booksmart“ ziehen Freiburger Forscherinnen und Forscher Argumente aus ihrer jeweiligen Disziplin heran, um Fragen des Alltags zu beantworten. Nee, doch, steht dir super! FOTO: POINTIMAGES/ STOCK.ADOBE.COM Warum Notlügen ein Kitt für die Kommunikation sein können Ehrlich währt am längsten? Von wegen. Im Alltag greift der Mensch gerne mal zu einer Notlüge. Aber sind Notlügen moralisch vertret- bar? Und darf man sich mit einer Lüge Vorteile verschaffen? Auf die- se Fragen versucht Andreas Urs Sommer, Philosophieprofessor an der Universität Freiburg, Antworten zu geben. Stephanie Streif hat mit ihm gesprochen. uni’leben: Herr Sommer, zuerst die Begriffsklärung: Was genau ist eine Notlüge? Andreas Urs Sommer: Die Notlüge ist eine Lüge, die vorgebracht wird, weil wir denken, mit der Wahrheit Schaden anzurichten. Die Notlüge muss von der klassischen Lüge unterschieden werden. Die klassische Variante ist ein bewusstes Die-Unwahrheit-Sagen, um Schaden an- zurichten. Die Notlüge weicht von einer solchen Lüge stark ab. Sie wird geäu- ßert, um zum Beispiel das Gegenüber nicht zu verletzen. Also etwa eine Freundin, die ein schreckliches Outfit trägt? Ja. Sie sagen ihr nicht, wie schreck- lich Sie ihr Outfit finden, sondern loben es, um sie nicht zu verletzen. Das ist der harmloseste Fall einer Notlüge. Wir alle praktizieren das täglich. Es gibt aber noch andere Formen der Notlüge. Etwa wenn ein Kind aus Angst vor Sanktionen etwas abstreitet, was es of- fensichtlich getan hat. Das wäre die zweite Variante der Notlüge. Sie dient dem Selbstschutz. Die dritte Variante wird angebracht, um andere zu schüt- zen: Bei Ihnen steht die Geheimpolizei Die menschliche Kommunikation ist nicht schwarz oder weiß, sondern spielt sich in ganz vielen Grautönen ab. Die Freundin in dem hässlichen Outfit weiß möglicherweise selbst, dass ihr das Kleid nicht steht und dass das „Steht dir super!“ ihres Gegenübers eine Notlüge ist. Das macht aber nichts. Sie will vielleicht gar keine objektive Evaluation, sondern eine Rückkopplung, eine Resonanz – und wenn die sich im Normalfeld bewegt, ist doch alles in Ordnung. Heißt: Die Wahrheit taugt im All- tag oft nicht für das menschliche Miteinander? Als Philosoph interessiert sich Andreas Urs Sommer für die kommunikativen Konstellationen, in denen Notlügen entstehen. FOTO: PATRICK SEEGER Muss ein Dritter geschützt werden, lässt sich eine Notlüge am ehesten rechtfertigen. Bei den beiden anderen Varianten lässt sich das nicht so ein- deutig beantworten. Natürlich könnte man mit dem Schaden argumentieren: Wann ist der Schaden größer – wenn ich die Wahrheit sage oder wenn ich lüge? Um beim Fremdgehen zu bleiben: Verletze ich meinen Partner sehr, wenn

02 2020 02 2020 menschen 13 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de Ein Weiser aus dem Saarland Der Wirtschaftswissenschaftler Lars Feld ist Vorsitzender des Sachverständigenrats, der die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland begutachtet von Anita Rüffer E inen Weisen stellt man sich ge- meinhin anders vor: Lars Feld ist weit entfernt vom Bild eines Methusa- lem mit langem weißem Bart. Offen und zugewandt wirkt der 53-jährige Professor für Wirtschaftspolitik, der nicht nur an der Universität Freiburg forscht und lehrt, sondern auch Direk- tor des Walter Eucken Instituts ist. Mitte März 2020 wurde Feld als einer der fünf so genannten Wirtschaftswei- sen von seinen Kolleginnen und Kol- legen zu ihrem Vorsitzenden gewählt. „Der Begriff ist der Presse geschul- det“, erklärt er. Wer mag sich schon mit umständlichen Titeln wie „Sach- verständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ aufhalten? Gleichwohl habe es ihm viel bedeutet, dass er 2011 vom Bun- despräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung in das Gremium be- rufen wurde. Das traditionelle Jahres- gutachten der Wirtschaftsweisen er- wartet schließlich die gesamte Nation mit Spannung. Dass der führende Wirtschaftswis- senschaftler und Politikberater – auch als Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina – gera- de jetzt in der Corona-Krise zum sys- temrelevanten Personal der Republik zählt, leuchtet ein. Corona-Bonds? „Emotionen sind keine gute Handlungs- maxime“, sagt er und warnt davor, sich um der europäischen Solidarität willen auf eine gesamtschuldnerische Haftung einzulassen. Der Staat gibt unvorstell- bare Geldbeträge aus, um die Folgen des Lockdowns abzumildern: Wie geht es dem überzeugten Schuldenbremser damit? „Das Instrumentarium zur Be- wältigung einer solchen Krise haben wir von Anfang an mitgedacht“, sagt Feld und bleibt mit Verweis auf den sicheren Ordnungsrahmen eher gelassen. geriatrischen und einer geschlosse- nen Psychiatriestation. „Das war schon eine harte Nummer.“ Auch das Saarland, wo er 1966 geboren wurde, mag seine prägende Wirkung entfaltet haben: eine strukturschwache Region mit einer kränkelnden Montanindust- rie und einer auf 13,5 Prozent hoch- schnellenden Arbeitslosigkeit. Spätestens in der Finanzkrise 2008 hat der damalige Berater im Finanzmi- nisterium gelernt, mit welchen Summen hantiert werden muss, um die Finanz- märkte zu beruhigen und die Realwirt- schaft vor dem Absturz zu bewahren. Auf seinen öffentlichen Äußerungen lastet ein riesiges Gewicht. Das bereitet Feld meist keine schlaflosen Nächte. „Aber manchmal wache ich jetzt nachts auf und werde von der gegenwärtigen Dynamik eingeholt“, gesteht er. Es ist ja keine Kaffeesatzleserei, die die Wirt- schaftsweisen betreiben: Ihren Vorher- sagen für die Zukunft liegen berechen- bare Szenarien und Modelle zugrunde. Manchmal fließen aus den Fragestel- lungen, die sich im Rat ergeben, auch Impulse in die Forschung des Wirt- schaftswissenschaftlers ein. Von den Bücherwänden und de- ckenhoch aufgetürmten Papierstapeln in Lars Felds Büro sollte man sich nicht täuschen lassen: Dazwischen hat sich kein weltfremder Bücher- wurm vergraben. Dafür sprechen schon die drei Söhne, die er mit sei- ner Frau, einer Ärztin, großgezogen hat. Oder die „Feierlaune“, die er nach dem Abitur erst mal verspürte. Oder die Arbeit als Pflegehelfer vor und nach dem Wehrdienst auf einer Ein Schein führte zur Berufung Schon als Jugendlicher spürte Feld den Zusammenhang zwischen den Sor- gen der Menschen und einer schwä- chelnden Wirtschaft. Bis zum Wirt- schaftsweisen lag aber noch eine lange Wegstrecke vor ihm. Das erste Semes- ter an der Universität von Saarbrücken geriet zum „Schnupperstudium“: Eng- lisch, deutsche Literatur, Politikwissen- schaft. Ein für die Politik nötiger Schein in Volkswirtschaftslehre wurde dann zum Erweckungserlebnis: Lars Feld hatte seine Berufung gefunden. Und mit den Professoren Olaf Sievert, ei- nem seiner Vorgänger im Sachverstän- digenrat, und Werner Pommerehne zwei Lehrer, die schon früh den Keim für eine spätere Forschungs- und Bera- tungstätigkeit an den Schnittstellen zwi- schen Wirtschaftswissenschaften, Recht und Politik legten. Nach Stationen an den Universitäten von St. Gallen, Marburg und Heidel- berg hat Feld seit 2010 die Professur für Wirtschaftspolitik und Ordnungs- ökonomik in Freiburg inne. In zahllo- sen Gremien und Kommissionen ist sein Rat gefragt. Mittagessen mit Mi- nisterinnen und Ministern oder der „im- mer bestens vorbereiteten“ Kanzlerin In der Corona-Krise ist seine Expertise dringend gefragt: Lars Feld gehört seit 2011 zum Rat der Wirtschaftsweisen – seit einigen Monaten leitet er das Gremium. FOTO: PATRICK SEEGER haben den Wirtschaftsweisen anfangs, wie er einräumt, beeindruckt, gehören inzwischen aber fast zur Routine. Dass Finanzminister Olaf Scholz und die SPD eine mögliche dritte Amtszeit von Lars Feld ab dem kommenden Jahr ver- hindern wollten, erlebe dieser nicht als persönliche Kränkung. Manche poli- tische Position von SPD und Gewerk- schaften wie den Mindestlohn hatte er in der Vergangenheit als „falsche Wei- chenstellung“ kritisiert. „Wir liefern kei- ne Wunschgutachten“, sagt Feld. Er pocht auf die Unabhängigkeit des Sach- verständigenrats und möchte seine Ar- beit von der Politik respektiert wissen. „Nichts ist schlimmer als dämliche Reibungsverluste“ Als neue Vorsitzende des Personalrats will Christine Jägle Vorurteile gegenüber der Arbeit des Gremiums abbauen Amts war dahin. Auf einmal wurde das Außergewöhnliche zum Alltag. Doch Christine Jägle lässt sich nicht so leicht aus dem Konzept bringen. Seit 19 Jahren ist sie im Personalrat dabei – da lernt man, sich auf alle möglichen Situationen einzustellen, nach Lösun- gen zu suchen und meistens auch welche zu finden. Tief in der Materie und ohne Illusionen Leidenschaft, Germanistik und Roma- nistik, entschied. Auch mit den Anfra- gen, Abläufen und Absprachen, mit denen der Personalrat betraut ist, ist Jägle inzwischen bestens vertraut. Doch der Blick auf die eigene Arbeit verändert sich, je mehr Einblicke man in die Materie bekommt. Desillusio- niert so viel Einsicht einen nicht auch über die Jahre? Jägle schüttelt den Kopf. „Ich habe mir nie Illusionen gemacht.“ Worauf es bei dieser Arbeit an- kommt, hat Jägle sich Stück für Stück angeeignet. Zunächst war sie ab und zu als Nachrückerin bei den Sitzun- gen des Personalrats dabei. Nach den ersten Diskussionen habe ihr der Kopf geschwirrt, „das war alles Fach- chinesisch. Ich war einfach nur froh, wenn ich ab und zu etwas verstand“, erinnert sie sich und lacht. Nach und nach verbrachte sie mehr Zeit im Gremium, besuchte Fort- und Weiter- bildungen und wurde erst zum festen, dann auch zum freigestellten Mitglied gewählt. Inzwischen sind ihr selbst die sper- rigsten Begriffe aus dem Landesper- sonalvertretungsgesetz oder dem Ar- beitsrecht geläufig. Auf den Regalen in ihrem Büro reihen sich bunte, brei- te Buchrücken, die eng beschriebene Seiten vermuten lassen: Gesetze, Ur- teile, Kommentare. „Ganz schön viel Text, spannend!“ Das passt gut zu einer Frau, die eigentlich gerne Jura studiert hätte – und sich im letzten Moment dann doch für die größere Das „geballte Leid“ mancher Be- schäftigten komme im Personalrat aufs Tapet. Jägle kennt Fälle von Schikane und Mobbing. Manche trägt sie über Jahre mit sich herum. Der Job ist be- lastend, das sei ihr von Anfang an klar gewesen. Doch drehe man die Medail- le um, finde sich auf der anderen Seite die lohnenswerteste Aufgabe: „Die Leute ein Stück weit aufzubauen, nach einem Ausweg aus dem Konflikt zu su- chen – dafür setze ich mich gerne ein.“ Manchmal führe der Weg aber auch in die Sackgasse. So sei es nach wie vor ein großes Problem, dass viele Uni-Beschäftigte in befristeten Verhält- nissen arbeiteten. Jägle sieht hier nicht unbedingt die Hochschulleitung in der Verantwortung. Die Auflagen des Landes würden der Uni bisweilen heftige Daumenschrauben anlegen und ihren Haushaltsplänen zu viel ab- verlangen – unter anderem die Finan- zierung von entfristeten Stellen: „Wo soll das Geld denn herkommen? Dru- cken dürfen wir es ja nicht“, bringt Jäg- le ihren Unmut zum Ausdruck. Zu einer der wichtigsten Aufgaben des Personalrats für 2020 gehört ei- ne neue Dienstvereinbarung: Alle Be- schäftigten sollen von einer gleiten- den Arbeitszeit Gebrauch machen können und dadurch von mehr Flexi- bilität profitieren. Ein neues Ampel- modell soll zudem Alarm schlagen, wenn jemand zu viele Überstunden ansammelt. Auch die Umsetzung des Datenschutzes steht oben auf der Lis- te, ein Sisyphus-Kraftakt: „Das muss man schon mögen.“ Doch der ganz große Wurf, „ein Mordsaufschlag“, muss es für Jägle nicht immer sein. Oft klingelt ihr Telefon auch, weil je- mand eine Nachfrage zur Einstufung oder zur Elternzeit hat oder wissen will, wie bei einem nicht genehmigten Urlaub zu verfahren sei. „Ich freue mich, wenn ich im Alltag eine Hilfe- stellung geben kann.“ Eine Schwachstelle will Jägle in Zukunft persönlich angehen: Bei Vor- gesetzten möchte sie Vorurteile ge- genüber dem Personalrat abbauen. „Oft ist das Bild, das sie von uns ha- ben, von den Betriebsräten aus den Medien geprägt.“ Viele befürchteten, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter auf die Barrikaden gehen, so- bald der Personalrat aufschlägt. Doch eine Partei in ihren Rechten zu stär- ken bedeute nicht, die Rechte einer anderen zu beschneiden: „Wir wollen doch alle eine gute Arbeit machen. Das geht am besten, wenn wir koope- rieren und nicht einander bekriegen. Nichts ist schlimmer als dämliche Reibungsverluste.“ Christine Jägle möchte bei Vorgesetzten für den Personalrat werben: Eine Partei in ihren Rechten zu stärken bedeute nicht, eine andere in ihren Rechten zu beschneiden. FOTO: PATRICK SEEGER von Rimma Gerenstein Corona hat ihren Amtsantritt nicht komplett verhagelt, aber eben auch nicht erleichtert. Eigentlich wollte Christine Jägle die Wochen zwischen ihrer Wahl zur Vorsitzenden des Per- sonalrats und dem Antritt des Postens im Mai 2020 nutzen, um sich auf die neue Aufgabe vorzubereiten. „Wenn man von der Position der Stellvertre- terin in die der Vorsitzenden wechselt, verändert sich ja doch noch mal was“, sagt sie. Doch dann kam das Virus – und mit ihm eine Flut von Verordnun- gen, Satzungen, Maßnahmen und offenen Fragen. Die Routine des

14 persönlich 02 2020 02 2020 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de Ausgezeichnet Ein Team um Prof. Dr. Ali Al-Ahmad, Leiter des Bereichs Orale Mikrobiologie an der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Paradontologie des Universitätskli- nikums Freiburg, wird von der Deut- schen Forschungsgemeinschaft für die nächsten drei Jahre mit 664.000 Euro gefördert. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen ge- meinsam mit Forschenden der Univer- sität Regensburg, wie sich Mikroorga- nismen der Mundflora durch die Behandlung mit dem oralen Antisepti- kum Chlorhexidin verändern und wie Resistenzen gegen dieses lokal wirken- de Desinfektionsmittel entstehen. Die Universität Freiburg verleiht den E-Learning-Förderpreis 2020 an Dr. Jennifer Andexer vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften und an Dr. Heiko Winter von der Professur für Forstliche Biomaterialien. Im Rahmen von Andexers Lehrprojekt „Chemie- Grundlagen im Pharmaziestudium“ kön- nen Studierende ihre Chemiekenntnis- se in einem Lernmodul auf der E-Learning-Plattform ILIAS selbststän- dig festigen. Winter ermöglicht Studie- renden mit seinem Projekt „LignoPort“, in einem potenziellen Beschäftigungs- szenario bei der fiktiven Firma „Ligno- BaseConsult“ ihr Wissen über den Roh- stoff Lignocellulose zu vertiefen, ebenfalls über die Plattform ILIAS. An- dexer und Winter erhalten jeweils 2.500 Euro, um ihre Projekte weiterzuentwi- ckeln. Jürgen Bauhus, Professor für Wald- bau der Universität Freiburg, übernimmt für die nächsten drei Jahre den Vorsitz des Wissenschaftlichen Beirats für Waldpolitik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Das Gremium besteht aus 15 Professorin- nen und Professoren aus unterschiedli- chen Fachrichtungen und verfasst Stel- lungnahmen sowie Gutachten, um die Waldpolitik in Deutschland nachhaltig weiterzuentwickeln. Auch Friederike Lang, Professorin für Bodenökologie der Universität Freiburg, ist Mitglied des Gremiums. Die Landesfinanzministerin Edith Sitzmann hat Prof. Dr. Dr. Christoph Bode für sein Engagement für For- schung und Lehre im Bereich der Kar- diologie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Bode setzt sich mit der Frage auseinander, wie sich Blutgerin- nung und Thrombosebildung therapeu- tisch beeinflussen lassen. Er ist Profes- sor Innere Medizin mit den Schwerpunkten Kardiologie und Angio- logie, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie I des Uni- versitäts-Herzzentrums Freiburg – Bad Krozingen sowie der Klinik für Innere Medizin III des Universitätsklinikums Freiburg. für Prof. Dr. Hans-Jörg Busch, Ärztli- cher Leiter Medizin des Universitäts- Notfallzentrums am Universitätsklinikum Freiburg, ist ab 2021 Kongresspräsident der Deutschen Interdisziplinären Verei- nigung für Intensiv- und Notfallmedizin. Busch wird als Präsident unter anderem das Programm der Vereinigung mitge- stalten und organisieren. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft nimmt die Freiburger Signalforscherin Dr. Anne-Kathrin Classen in das Heisen- berg-Programm auf und fördert sie über fünf Jahre mit 500.000 Euro bei ihrem Vorhaben, Epithelien zu untersuchen. Das sind biologische Mechanismen, die die Entstehung und Heilung von Deckgewe- ben steuern. Classen forscht seit 2016 an der Universität Freiburg und ist Mitglied des Exzellenzclusters CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies und Mitglied von BIOSS – Centre for Bio- logical Signalling Studies. Das Heisen- berg-Stipendium erhalten Forschende, die alle Voraussetzungen für die Berufung auf eine Langzeitprofessur erfüllen. Die VolkswagenStiftung unterstützt Prof. Dr. Anna Fischer vom Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Universität Freiburg bei ihrer Förder- linie „Momentum“. Über fünf Jahre erhält Fischer insgesamt 950.000 Euro für ihre Forschung zu Elektrokatalysatoren und Elektroden. Mithilfe der so genannten elektrochemischen Transmissionselekt- ronenmikroskopie wollen sie und ihr Team untersuchen, wie sich Nanomate- rialien wie Katalysatoren für Brennstoff- zellen unter elektrochemischen Bedin- gungen ihrem Förderprogramm unterstützt die Volks- wagenStiftung Professorinnen und Pro- fessoren, die ihren Forschungsschwer- punkt drei bis fünf Jahre nach ihrer ersten Lebenszeitberufung strategisch weiterentwickeln wollen. verändern. Mit Die Geographin Dr. Carola Fricke und die Biologin Dr. Linea Hesse von der Universität Freiburg erhalten Förde- rungen aus dem Margarete von Wran- gell-Habilitationsprogramm für Frauen, das vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württem- berg sowie der Universität Freiburg fi- nanziert wird. Beide Wissenschaftlerin- nen werden in den nächsten fünf Jahren eigene Forschungsprojekte aufbauen und ihre Habilitation anfertigen. Fricke wird die Verbindung räumlicher, politi- scher und planerischer Aspekte städti- scher Wohnungspolitik anhand dynami- scher Geographien und der Zirkulation von Konzepten und Programmen in eu- ropäischen Städten untersuchen. Hesse plant, die mechanische Architektur von Monokotyledonen, also einkeimblättriger Pflanzen, anhand ihrer Formen, Biome- chanik und Entwicklung zu erforschen. Ziel des Programms ist es, junge Wis- senschaftlerinnen auf dem Weg zur Pro- fessur zu unterstützen. Der Wissenschaftspodcast „Jung und Freudlos“ wurde im Mai 2020 mit der „Hochschulperle Offene Wissenschaft“ ausgezeichnet. Alle zwei Wochen beant- worten Dr. Ismene Hermann und Sebastian Kromer von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Uni- versitätsklinikums Freiburg zusammen mit dem Arzt und Moderator Moritz Prox-Ambil Fragen zu psychischen Krankheitsbildern und psychiatriebezo- genen Themen. Zusätzlich sind Exper- tinnen und Experten zu Gast, die zu ih- ren Spezialgebieten interviewt werden. Der Chemical Abstracts Service (CAS), eine Unterabteilung der Ameri- can Chemical Society (ACS), hat Dr. Aurélien Forget vom Institut für Mak- romolekulare Chemie der Universität Freiburg in sein Programm „2020 CAS Future Leaders“ aufgenommen. Die ausgewählten Nachwuchswissen- schaftlerinnen und -wissenschaftler er- halten am Sitz der CAS in Columbo/ USA eine Fortbildung für Führungskräf- te und können am jährlichen Treffen der ACS teilnehmen. Dr. Hannah Fuhrer von der Klinik für Neurologie und Neurophysiologie des Universitätsklinikums Freiburg erhielt auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurointensiv- und Notfallmedizin (DGNI) den DGNI- Nachwuchsförderpreis 2020. In ihrem mit 20.000 Euro prämierten Projekt un- tersucht Fuhrer, ob sich die Optimie- rung des Blutflusses im Gehirn von Pa- tientinnen und Patienten mit akutem Schlaganfall und ein erweitertes Moni- toring der Herz-Kreislauf-Funktionen auf das Therapieergebnis der Unter- suchten auswirken. Die Landesfinanzministerin Edith Sitzmann hat Prof. Dr. Rainer Grießhammer für seine Leistungen für das Gemeinwesen und für sein ehren- amtliches Engagement mit dem Bun- desverdienstkreuz ausgezeichnet. Grießhammer hat das Öko-Institut e.V. – Institut für angewandte Ökologie in Diese Auszeichnung für bedeutende Erkenntnisse in der Schlafforschung verleiht die Medizinische Fakultät der Universität Pisa zusammen mit einem Fachkomitee alle zwei Jahre euro- päischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Das Max-Eder-Programm der Deut- schen Krebshilfe unterstützt Dr. Dietrich A. Ruess von der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Universitätsklinikums Freiburg mit 675.000 Euro beim Aufbau einer eige- nen Forschungsgruppe. In seinen Ar- beiten zeigt Ruess, dass eine neue Wirkstoffklasse auch bei Tumorzellen wirkt, die vor der Behandlung resistent gegen Medikamente sind oder es im Verlauf der Therapie werden. Dr. Fralett Suárez Sandoval vom Institut für Mikrosystemtechnik der Uni- versität Freiburg hat den Dr.-Wilhelmy- VDE-Preis 2019 erhalten. In ihrer mit 3.000 Euro prämierten Dissertation be- weist sie, dass sich magnetinduktive Wellen für eine effiziente drahtlose Energieübertragung bei freier Positio- nierung des Empfängers eignen. Die Dr.-Wilhelmy-Stiftung und die Techno- logieorganisation VDE zeichnen mit dem gemeinsamen Preis jedes Jahr bis zu drei Forscherinnen für herausragen- de Dissertationen im Bereich der Elek- tro- und Informationstechnik aus. Dr. Iva Speck von der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg wurde für das Berta-Ottenstein-Programm, Förderlinie Clinician Scientist, ausge- wählt. Sie wird für drei Jahre ein Forschungsprojekt zur Anwendung in- novativer neuronaler bildgebender Ver- fahren zur Vorhersage von Sprach- verstehen und Höranstrengung nach Einsetzen eines Cochlea-Implantats vorantreiben. Das Land Baden-Württemberg för- dert das Lehrprojekt „MARBLE – Mixed and Augmented Reality in Blended Learning Environments“ des Instituts für Archäologische Wissenschaften der Universität Freiburg in den kommenden drei Jahren mit 400.000 Euro. Das Ko- operationsprojekt zwischen der Univer- sität Freiburg und der Hochschule Furt- wangen hat das Ziel, dreidimensionale Bildgebungsverfahren für die archäolo- gische Lehre zu entwickeln und zu erproben. Mit der Ausschreibung „Teaching4Future“ fördert das Ministeri- um für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg Vorhaben, die Virtual- und Augmented-Reality- Lern- und Lehrkonzepte anwendungs- orientiert erforschen. Der Literaturwissenschaftler Dr. Kwinten Van De Walle von der Univer- siteit Gent in Belgien hat das Humboldt- Forschungsstipendium für Postdokto- randinnen und Postdoktoranden erhalten. Das Stipendium richtet sich an überdurchschnittlich qualifizierte ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die am Anfang ihrer wissenschaftlichen Laufbahn stehen und ihre Promotion vor nicht mehr als vier Jahren abgeschlossen haben. Gastgeber ist Prof. Dr. Werner Frick vom Deutschen Seminar. Prof. Dr. Peter Vaupel, Gastwissen- schaftler an der Klinik für Strahlenheil- kunde des Universitätsklinikums Frei- burg, erhielt den „Lifetime Achievement Award 2020“ der Indian Association of Hyperthermic Oncology and Medicine. Die Auszeichnung würdigt seine wis- senschaftlichen Leistungen bei der Er- forschung der Tumorhypoxie und der lokalen Hyperthermie bösartiger Tumore. Mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds fördert das Bundesministe- rium für Wirtschaft und Energie im Rah- men des EXIST-Forschungstransfer- Freiburg mit aufgebaut und war 30 Jahre lang sein Geschäftsführer. An der Universität Freiburg ist er Honorar- professor und forscht im Freiburger Exzellenzcluster livMatS – Living, Ad- aptive and Energy-autonomous Mate- rials Systems zur Nachhaltigkeit von Materialsystemen. Der Theologe und Religionswissen- schaftler Dr. Mark Grundeken vom Institut für Biblische und Historische Theologie der Universität Freiburg er- hält den Manfred-Fuchs-Preis 2020 der Heidelberger Akademie der Wissen- schaften. Er untersucht frühchristliche Schriften der ersten beiden Jahrhun- derte und schlägt eine Brücke zwischen neutestamentlicher Exegese, alter Kir- chengeschichte, klassischer Philologie sowie Philosophie- und Religionsge- schichte. Der Preis soll im Rahmen des WIN-Programms der Heidelberger Aka- demie der Wissenschaften besonders qualifizierte Nachwuchswissenschaftle- rinnen und -wissenschaftler fördern, die sich in einem geisteswissenschaftli- chen Fach habilitieren oder sich durch die Leitung einer naturwissenschaftli- chen Forschungsgruppe auf eine Pro- fessur vorbereiten. Grundeken teilt sich die mit 10.000 Euro dotierte Auszeich- nung mit Prof. Dr. Florian Stengel vom Fachbereich Biologie der Universi- tät Konstanz. Juniorprofessor Dr. Andreas Hart- mann von der Professur für Hydrologi- sche Modellierung und Wasserressour- cen erhält den Arne Richter Award für herausragende Nachwuchswissen- schaftlerinnen und -wissenschaftler 2020. Die European Geosciences Uni- on (EGU) ehrt mit der Auszeichnung junge Forschende aus dem gesamten Spektrum der Geowissenschaften. Hartmann forscht vor allem zur Hydro- logie von Karstlandschaften, die sich aus verwitterten Karbonatgesteinen entwickeln. Ein wissenschaftliches Auswahlgre- mium hat Dr. Natalie Köhler von der Klinik für Innere Medizin I des Universi- tätsklinikums Freiburg zur 70. Nobel- preisträgertagung in Lindau eingeladen. Die Freiburger Molekularmedizinerin forscht vor allem zu Tumorimmunologie und Immuntherapien, die auf T-Zellen basieren. Einmal im Jahr treffen sich knapp 30 bis 40 Nobelpreisträgerinnen und -träger in Lindau, um mit etwa 600 jungen Wissenschaftlerinnen und Wis- senschaftlern ins Gespräch zu kom- men. Die Tagung wird 2021 in Lindau stattfinden. Die Arbeitsgruppe für Experimentelle Wirbelsäulenforschung an der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Uni- versitätsklinikums Freiburg unter der Leitung von Dr. Gernot Lang erhält von der Deutschen Wirbelsäulenstif- tung nach 2016 zum zweiten Mal eine Forschungsförderung über 25.000 Euro. In der Studie untersuchen die For- schenden eine neue Therapiemöglich- keit, die den Verschleiß der Bandschei- FOTOS: SANDR A MEYNDT ben und damit verbundene Schmerzen aufhalten oder lindern soll: Sie wollen das Renin-Angiotensin-System in den Bandscheiben hemmen, das im Körper an der Regulierung des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts beteiligt ist. Die Universität Freiburg bestellt Dr. Franz Leithold, Leiter des Medienzen- trums und stellvertretender Direktor der Universitätsbibliothek (UB) Freiburg, auf Vorschlag der Philologischen Fakultät zum Honorarprofessor und ehrt ihn da- mit für seine herausragenden Leistun- gen auf dem Gebiet der Medienpraxis. Im Oktober 2000 gründete er das Medi- enzentrum der UB und legte damit den Grundstein für die Lehre medienprakti- scher Kompetenzen. 2004 initiierte er die Gründung von uni.tv, dem studenti- schen Fernsehsender der Universität Freiburg, übernahm sieben Jahre später die Leitung des Uni-Radios so- wie die Redaktion des Studierenden- newsletters und führte die drei journa- listischen Ausbildungsredaktionen 2014 unter dem Namen uniCROSS zusammen. Lynn Leppla, Pflegeexpertin am In- terdisziplinären Tumorzentrum des Uni- versitätsklinikums Freiburg, erhält die mit 5.000 Euro dotierte Theodor-Fliedner- Medaille für innovative Pflegepraxis der Kaiserswerther Diakonie. In einem Pro- jektteam entwickelte Leppla das App- basierte Versorgungsmodell „SMILe“ für Stammzelltransplantierte. Im ersten Jahr nach der Transplantation können Patien- tinnen und Patienten per Smartphone medizinische Werte und auftretende Symptome erfassen und an das Trans- plantationszentrum übermitteln. Richtigstellung: In der Ausgabe 1/2020 dieser Zeitung wurde Prof. Dr. Ulrich Rebstock versehentlich ein fal- sches Fachgebiet zugewiesen. So ist es korrekt: Ulrich Rebstock, emeritier- ter Professor für Islamwissenschaft an der Universität Freiburg, wurde von der Islamischen Republik Mauretanien der „Ordre du Mérite National“ und damit der höchste mauretanische Verdienstorden verliehen. Er wird für seine Bemühungen um die Erforschung und Bewahrung der arabischen Handschriftenliteratur in Mauretanien geehrt. Rebstock ist zudem externer Leiter einer Research Section des Exzellenzclusters „Africa Multiple“ an der Universität Bayreuth. Dr. Peter Reinacher, Oberarzt der Abteilung Stereotaktische und Funktio- nelle Neurochirurgie des Universitäts- klinikums Freiburg, erhält von der Fraunhofer-Gesellschaft knapp 2,5 Mil- lionen Euro für ein Forschungsvorhaben. Er will mit einer eigenen Fraunhofer- Gruppe ein lautloses, laserbasiertes Knochenschneidesystem entwickeln. Prof. Dr. Dieter Riemann, Leiter der Abteilung für Klinische Psychologie und Psychophysiologie an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg, erhält in diesem Jahr den 14. Pisa Sleep Award.

02 2020 02 2020 persönlich unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 15 Glückwunsch DIENSTJUBILÄEN 25 JAHRE Prof. Dr. Ulrike Auhagen, Seminar für Griechische und Lateinische Philologie Prof. Dr. Stefan Baumgärtner, Institut für Umweltsozialwissen- schaften und Geographie Alexander Bender, Zentrale Universitätsverwaltung Beatrix Eck, Zentrale Universitätsverwaltung Melanie Feix, Zentrale Universitätsverwaltung Hans-Joachim Frigewski, Zentrale Universitätsverwaltung Der Rektor hat Dr. Claudia Christine Gatzka, Historisches Seminar, mit Wirkung vom 1. Januar 2020 für die Dauer von drei Jahren zur Akademischen Rätin ernannt. Der Rektor hat Dr. Philipp Schwab, Philosophisches Seminar, mit Wirkung vom 1. Januar 2020 für die Dauer von zwei Jahren zum Juniorprofessor für Philoso- phie mit Schwerpunkt Klassische deutsche Philosophie und ihre Rezeption ernannt. Der Rektor hat Dr. Konstantin Voigt, Musikwissenschaftliches Seminar, mit Wirkung vom 1. Mai 2020 für die Dauer von vier Jahren zum Juniorprofessor für Musikwissenschaft mit Schwerpunkt in praxisorientierter Forschung ernannt. Fakultät für Mathematik und Physik Programms ein Projekt vom Institut für Mikrosystemtechnik der Universität Freiburg mit 745.000 Euro. Ein Team unter der Leitung von Dr. Stefan M. Weber hat eine neuartige, durchsichti- ge Komponente für den Einsatz in der adaptiven Optik entwickelt. Das Pro- gramm fördert herausragende, for- schungsbasierte Gründungsvorhaben, die mit aufwendigen und risikoreichen Entwicklungsarbeiten verbunden sind. Der Klassische Philologe Prof. Dr. Andreas Willi von der University of Oxford in Großbritannien hat den Humboldt-Forschungspreis erhalten. Er wird an der Universität Freiburg in Ver- bindung mit dem Projekt „Fragmente der griechischen Komödie“ zur Sprache der griechischen Komödie und zur anti- ken wissenschaftlichen Auseinander- setzung mit dieser Gattung forschen. Mit dem Stipendium werden Forschen- de aus dem Ausland ausgezeichnet, deren Entdeckungen, Erkenntnisse oder Theorien das eigene Fachgebiet nachhaltig geprägt haben. Gastgeber ist Prof. Dr. Bernhard Zimmermann vom Seminar für Griechische und Latei- nische Philologie. Dr. Johan Wölber von der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Paradontolo- gie des Universitätsklinikums Freiburg hat den Kurt Kaltenbach Dental Educa- tion Award erhalten. Die Auszeichnung ist mit 2.000 Euro Preisgeld dotiert und ehrt Wölber für die Erstellung und Eva- luation eines interdisziplinären E-Lear- ning-Projekts zur motivierenden Ge- sprächsführung. An dem Projekt waren zudem Cornelia Schulz, Psychologin im Cancer Prevention Management Team am Tumorzentrum Freiburg, und Dr. Götz Fabry von der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizi- nische Soziologie an der Universität Freiburg beteiligt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert für die nächsten drei Jahre ein gemeinsames Projekt der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg und der Siemens Healthineers AG unter der Leitung von Prof. Dr. Maxim Zaitsev von der Klinik für Dia- gnostische und Interventionelle Radio- logie des Universitätsklinikums Frei- burg. In dem mit mehr als 3,3 Millionen Euro geförderten Projekt wollen die Forschenden die Magnetresonanzto- mografie für die interventionelle Radio- logie und die Kombination mit der Rönt- genbildgebung anpassen. An dem Projekt sind zudem Dr. Maximilian Russe von der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums Freiburg und Prof. Dr. Rebecca Fahrig von den Innovati- on Advanced Therapies der Siemens Healthineers AG beteiligt. Aus den Fakultäten Fakultät für Chemie und Pharmazie Prof. Dr. Andreas Walther wurde zum Professor an der Universität Mainz ernannt. Er verlässt das Institut für Mak- romolekulare Chemie an der Universität Freiburg. Technische Fakultät Prof. Dr. Yiannos Manoli, Institut für Mikrosystemtechnik, ist mit Ablauf des Monats März 2020 in den gesetzlichen Ruhestand getreten. Wirtschafts- und Verhaltenswissen- schaftliche Fakultät Der Rektor hat Dr. Tino Armin Endres, Psychologisches Institut, mit Wirkung vom 1. April 2020 für die Dauer von drei Jahren zum Akademischen Rat ernannt. Der Rektor hat Dr. Catherine Gunzen- hauser, bisher Universität Leipzig, mit Wirkung vom 1. Februar 2020 für die Dau- er von vier Jahren zur Juniorprofessorin für Erziehung und Sozialisation ernannt. Der Rektor hat Dr. Roxana-Mihaela Halbleib, bisher wissenschaftliche Mitar- beiterin an der Universität Konstanz, mit Wirkung vom 1. Mai 2020 zur Professo- rin im Fach Statistik und Ökonometrie ernannt. Prof. Dr. Oliver Landmann, Institut für Wirtschaftswissenschaften, ist mit Ablauf des Monats März 2020 in den gesetzli- chen Ruhestand getreten. Der Rektor hat Dr. Monika Schönauer, Institut für Psychologie, mit Wirkung vom 1. Februar 2020 für die Dauer von vier Jahren zur Juniorprofessorin für Neuro- psychologie ernannt. Medizinische Fakultät Der Rektor hat Prof. Dr. Bertram Bengsch, Klinik für Innere Medizin II des Universitätsklinikums Freiburg, mit Wir- kung vom 1. Januar 2020 zum Professor im Fach Translationale Hepatogastroen- terologie ernannt. Der Rektor hat Dr. Julia Biermann für die Dauer ihrer Lehrbefugnis an der Uni- versität Freiburg die Bezeichnung „Au- ßerplanmäßige Professorin“ verliehen. Der Rektor hat Prof. Dr. Jodok Matthias Fink, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Universitätsklini- kums Freiburg, für die Dauer seiner Lehrbefugnis an der Universität Freiburg die Bezeichnung „Außerplanmäßiger Professor“ verliehen. Der Rektor hat Prof. Dr. Sebastian Heinrich, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Universitätsklini- kums Freiburg, für die Dauer seiner Lehrbefugnis an der Universität Freiburg die Bezeichnung „Außerplanmäßiger Professor“ verliehen. Der Rektor hat Dr. Lukas Konstantinidis, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, für die Dauer sei- ner Lehrbefugnis an der Universität Freiburg die Bezeichnung „Außer- planmäßiger Professor“ verliehen. Prof. Dr. Claas Lahmann, Klinik für Psychosomatische Medizin und Psycho- therapie, hat den an ihn ergangenen Ruf der Universität Magdeburg abgelehnt. Der Rektor hat Dr. Nico Tom Mutters für die Dauer seiner Lehrbefugnis an der Universität Freiburg die Bezeichnung „Außerplanmäßiger Professor“ verliehen. Der Rektor hat Dr. Hannes Neeff, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirur- gie des Universitätsklinikums Freiburg, für die Dauer seiner Lehrbefugnis an der Universität Freiburg die Bezeichnung „Außerplanmäßiger Professor“ verliehen. Der Rektor hat Dr. Dr. Nils Henrik Nicolay, Klinik für Strahlenheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg, für die Dauer seiner Lehrbefugnis an der Universität Freiburg die Bezeichnung „Außerplanmäßiger Professor“ verliehen. Der Rektor hat Dr. Peter Ogon, Zen- trum Sportorthopädie Freiburg, für die Dauer seiner Lehrbefugnis an der Uni- versität Freiburg die Bezeichnung „Au- ßerplanmäßiger Professor“ verliehen. Die Betriebswirtin Anja Simon, bis- her Kaufmännische Direktorin des Uni- versitätsklinikums Würzburg, ist seit dem 1. April 2020 neue Kaufmännische Direk- torin des Universitätsklinikums Freiburg und damit auch Vorstandsmitglied des Universitätsklinikums. Sie übernimmt das Amt von Bernd Sahner, der Ende 2019 in den Ruhestand getreten ist. Prof. Dr. Benedikt Spies ist seit dem 4. März 2020 neuer Ärztlicher Direktor der Klinik für Zahnärztliche Prothetik am Universitätsklinikum Freiburg. Prof. Dr. Annette Thierauf- Emberger ist seit dem 1. April 2020 neue Ärztliche Direktorin des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Freiburg. Prof. Dr. Andreas Vlachos, Institut für Anatomie und Zellbiologie, hat den an ihn ergangenen Ruf der Universität Frankfurt am Main abgelehnt. Der Rektor hat Prof. Dr. Kaywan Izadpanah Zargandeh, Klinik für Or- thopädie und Unfallchirurgie des Univer- sitätsklinikums Freiburg, für die Dauer seiner Lehrbefugnis an der Universität Freiburg die Bezeichnung „Außerplan- mäßiger Professor“ verliehen. Philologische Fakultät Der Rektor hat Dr. Göz Kaufmann, Deutsches Seminar, für die Dauer seiner Lehrbefugnis an der Universität Freiburg die Bezeichnung „Außerplanmäßiger Professor“ verliehen. Der Rektor hat Prof. Dr. Racha Kirakosian, bisher Associate Professor an der Harvard University, mit Wirkung vom 1. Juli 2020 zur Professorin im Fach Mediävistik mit Schwerpunkt Spätmittel- alter ernannt. Der Rektor hat Dr. Stefano Poletti, Seminar für Griechische und Lateinische Philologie, mit Wirkung vom 1. April 2020 für die Dauer von drei Jahren zum Aka- demischen Rat ernannt. Der Rektor hat Dr. Uta Reinöhl, bis- her Forschungsgruppenleiterin an der Universität Mainz, mit Wirkung vom 1. Mai 2020 zur Professorin im Fach Allge- meine Sprachwissenschaft ernannt. Philosophische Fakultät Der Rektor hat Dr. Melanie Arndt, bisher Leibniz-Institut für Ost- und Süd- osteuropaforschung Regensburg, mit Wirkung vom 1. April 2020 zur Professo- rin im Fach Wirtschafts-, Sozial- und Umweltgeschichte ernannt. Prof. Dr. Christian Berger, Musik- wissenschaftliches Seminar, ist mit Ab- lauf des Monats März 2020 in den ge- setzlichen Ruhestand getreten. Der Rektor hat Prof. Dr. Sandra Destradi, bisher Professorin an der Hel- mut-Schmidt-Universität Hamburg, mit Wirkung vom 1. April 2020 zur Professo- rin im Fach Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Internationale Beziehungen ernannt. Der Rektor hat Dr. Mariachiara Franceschini, Abteilung für Klassische Archäologie, mit Wirkung vom 16. April 2020 für die Dauer von drei Jahren zur Akademischen Rätin ernannt. Der Rektor hat Dr. Andreas Bett, bisher Institutsleiter am Fraunhofer-Insti- tut für Solare Energiesysteme ISE, mit Wirkung vom 15. April 2020 zum Profes- sor im Fach Solare Energie – Materialien und Technologien ernannt. Ursula Hug, Universitätsbibliothek Christine Jägle, Personalrat Der Rektor hat Dr. Philipp Harms, Mathematisches Institut, mit Wirkung vom 1. April 2020 für die Dauer von vier Jahren zum Juniorprofessor für Mathe- matische Stochastik ernannt. Prof. Dr. Dietmar Kröner, Mathema- tisches Institut, ist mit Ablauf des Monats März 2020 in den gesetzlichen Ruhe- stand getreten. Der Rektor hat Dr. Maximilian Horst Stahlofen, Physikalisches Institut, mit Wirkung vom 1. Januar 2020 für die Dau- er von drei Jahren zum Akademischen Rat ernannt. Fakultät für Biologie Der Rektor hat Dr. Thomas Heim- bucher, Institut für Biologie III, mit Wir- kung vom 1. Januar 2020 für die Dauer von drei Jahren zum Akademischen Rat ernannt. Der Rektor hat Dr. Jonathan Milne Henshaw, bisher University of Idaho in Moscow/USA, mit Wirkung vom 1. April 2020 für die Dauer von vier Jahren zum Juniorprofessor für Theoretische Biologie ernannt. Prof. Dr. Klaus Palme, Institut für Biologie II, ist mit Ablauf des Monats März 2020 in den gesetzlichen Ruhe- stand getreten. Prof. Dr. Sebastian Krebber, Institut für Wirtschaftsrecht, Arbeits- und Sozialrecht Andreas Lang, Zentrale Universitätsverwaltung Anita Löffler-Ganter, Botanischer Garten Daniela Moessner, Institut für Mikrosystemtechnik Prof. Dr. Claas Müller, Institut für Mikrosystemtechnik Matthias Müller, Zentrale Universitätsverwaltung Barbara Rees, Institut für Pharmazeutische Wissenschaften Prof. Dr. Uwe Schmidt, Institut für Forstwissenschaften Dr. Ekkehard Schulze, Institut für Biologie III Jürgen Strub, Institut für Geo- und Umwelt- naturwissenschaften Daniela Ziebold, Zentrale Universitätsverwaltung Der Rektor hat Dr. Thomas Wallner, Institut für Biologie III, mit Wirkung vom 1. Mai 2020 für die Dauer von drei Jah- ren zum Akademischen Rat ernannt. DIENSTJUBILÄEN 40 JAHRE Prof. Dr. Christian Berger, Musikwissenschaftliches Seminar Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen Prof. Dr. Ulrich Herbert, Historisches Seminar Der Rektor hat Dr. Peter Biedermann, bisher Forschungsgruppenleiter an der Universität Würzburg, mit Wirkung vom 1. April 2020 zum Professor im Fach Fors- tentomologie und Waldschutz ernannt. Andrea Jakob, Universitätsbibliothek Ulrich Jakob, Institut für Informatik Der Rektor hat Dr. Jan Henrik Blöthe, Institut für Umweltsozialwissenschaften und Geographie, mit Wirkung vom 1. April 2020 für die Dauer von vier Jahren zum Juniorprofessor für Geomorphologie und rezente Morphodynamik ernannt. Der Rektor hat Dr. Marco Dietmar Heurich, Institut für Forstwissenschaf- ten, für die Dauer seiner Lehrbefugnis an der Universität Freiburg die Bezeichnung „Außerplanmäßiger Professor“ verliehen. Markus Melder, Fakultät für Chemie und Pharmazie Dr. Günter Müller, Universitätsrechenzentrum Claudia Rees, Universitätsbibliothek Petra Straub, Physikalisches Institut Carola Sturm, Rechtswissenschaftliche Fakultät Institut für Makromolekulare Chemie Prof. Dr. Moritz Hennemann wurde mit Wirkung vom 1. April 2020 zum Pro- fessor an der Universität Passau er- nannt. Er verlässt das Institut für Medien- und Informationsrecht an der Universität Freiburg.

16 versum 02 2020 02 2020 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de Impressum uni'leben, die Zeitung der Universität Freiburg, erscheint viermal jährlich. Herausgeber Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, der Rektor, Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer Verantwortlich für den Inhalt: Nicolas Scherger, Leiter Öffentlichkeits- arbeit und Beziehungsmanagement Redaktion Rimma Gerenstein (Redaktionsleitung), Nicolas Scherger, Patrick Siegert Anschrift der Redaktion Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Albert-Ludwigs-Universität Fahnenbergplatz 79085 Freiburg Telefon: 0761/203-4302 Fax: 0761/203-4278 E-Mail: unileben@pr.uni-freiburg.de Auflage 7.000 Exemplare Gestaltung, Layout Jürgen Oschwald Druck und Verarbeitung Freiburger Druck GmbH & Co. KG Vertrieb Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit und Beziehungsmanagement ISSN 0947-1251 © Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Texte geben nicht unbedingt die Meinung des Verlags oder der Redaktion wieder. uni’leben erscheint online unter www.leben.uni-freiburg.de uni'leben ist klimaneutral auf 100 Prozent Altpapier gedruckt. Das Papier ist mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“ zertifiziert. klimaneutral gedruckt Die CO2-Emissionen dieses Produkts wurden durch CO2-Emissions- zertifikate ausgeglichen. Zertifikatsnummer: 311-53210-0310-1003 www.climatepartner.com Der kahle Campus Orte, an denen sich sonst Studierende und Lehrende tummeln, bieten in Corona-Zeiten einen ungewohnten Anblick Von Seminar zu Seminar eilen, auf der Wiese Sonne tanken, zur Universitätsbibliothek (UB) radeln, zwischen zwei Vorlesungen einen Kaffee trinken, mit Freundinnen und Freunden in der Mensa essen: Während des Semesters pulsiert auf dem Campus das bunte, laute Leben. Doch im digitalen Sommersemester 2020 ist alles anders. Die UB, die Kollegiengebäude, die Mensen und andere beliebte Plätze wirken verwaist – erst nach und nach sind dort wieder Menschen zu sehen. uni’leben präsentiert ein paar ungewohnte Ansichten. Auf dem Campus der Technischen Fakultät ist niemand zu sehen – digitaler Austausch dürfte für die Informatik aber nicht allzu neu sein. Eingerahmt von Sichtbeton und grauem Kopfsteinpflaster: der Eingang zum Kollegiengebäude III. FOTOS: SANDR A MEYNDT Schneller Teller, Essen I oder nur eine Schale Milchreis? Die Mensa Rempartstraße hat seit Juni 2020 wieder eingeschränkt geöffnet. Die Sonne bahnt sich ihren Weg zwischen den Kollegiengebäuden I und IV. Keine Menschen, dafür jede Menge bunte Plakate: im Erdgeschoss des Kollegiengebäudes II. Das Herz der Wissenschaft schlägt wieder: Seit Mitte April 2020 hat die UB geöffnet. Anstehen gehört inzwischen dazu. Die grünen Schönheiten im Botanischen Garten gedeihten auch ohne Publikum. Begehrte freie Stellplätze für Fahrräder vor dem Kollegiengebäude IV.