uni’lernen: Herr Maneval, warum stärkt die Reform die berufspraktischen Studieninhalte? Ulrich Maneval: Die Berufsorientierung ist wichtig, weil sie sich auf die Motivation und Zielorientierung des wissenschaftlichen Studiums auswirkt. Die Lehramtsstudierenden wählen dadurch Veranstaltungen aus, in denen vorrangig Kompetenzen und Inhalte vermittelt werden, die sie später im Beruf benötigen. Was bringt das neue Modul „personale Kompetenzen“? Es fördert die Selbstreflexion und macht den Studierenden bewusst, dass nicht nur fach- liche Kompetenzen, sondern auch die Gestaltung von Beziehungen, der Umgang mit Konflikten, die effektive Arbeitsorganisa- tion und vieles mehr für das Lehramt wichtig sind. Daher trägt das Modul zur Professionalisierung bei. Auch die Fachdidaktik wird wichtiger – aber ist sie nicht reine Theorie? Studierende erleben Fachdidaktik als gewinnbringend, wenn sie auf konkreten Unterricht bezogen ist. Aber es kann nicht bei praktischen Beispielen blei- ben. Ein guter Geschichtslehrer zum Bei- spiel ist sich der Prämissen, Theorien und Modelle bewusst, die seinem Unterricht zugrunde liegen. Mit seiner Didaktik und Methodik vermittelt er Werthaltungen und Geschichtsbilder. Professionalität bedeutet, dass dies ein reflektierter und selbstreflexiver Vorgang ist. Für diese Abstraktionsfähigkeit bedarf es auch in Zukunft eines gründlichen Fachstudiums. Worin unterscheiden sich die beiden Praxisphasen vor Studienbeginn und während des Studiums? Das Orientierungspraktikum macht den Rollenwechsel vom Schüler zum Lehrer früh- zeitig erfahrbar. Den Praktikantinnen und Praktikanten wird bewusst, dass der Unter- richt nur einen Teil der Lehrertätigkeit aus- macht. Wer zum ersten Mal an einem Eltern- gespräch teilnimmt, wird erleben, wie wichtig personale und soziale Kompetenzen sind. Diesem Zweck dient auch das Schulpraxis- semester, in dem grundlegende Fähigkeiten erworben und er- probt werden, an die im Vorberei- tungsdienst ange- knüpft wird. Viel mehr als nur Unterricht Prof. Dr. Ulrich Maneval ist Fachleiter für Geschichte am Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung in Freiburg. Annette Kollefrath-Persch hat ihn gefragt, was er von der Reform des gymnasialen Lehramtsstudiums hält. Ulrich Maneval 7 uni'lernen2011