gisch abbaubar sind. Samyns Materialien sollen aber besseren Schutz gegen bestimmte Sub stanzen bieten als ihre Vorgänger und später komplett kompostierbar sein. Der Juniorpro fessor steuert über die Art der eingebauten Nanopartikel, was eine Beschichtung tut und zu- lässt oder eben nicht: Könnte der Wasserdampf aus dem Karton entweichen, käme die Pizza vom Boten nicht in der Konsistenz eines feuchten Lappens an. Becher aus Papier würden form stabil bleiben, wenn heißer Kaffee hineingegossen wird. In Zukunft würden sich auch chemische Sensoren an Verpackungen wie Milchtüten und Joghurtbechern anbringen lassen, die durch ihre Farbe anzeigen, wenn der Inhalt verdorben ist. Holz als Quelle der Inspiration Doch Samyn weiß auch um die ungeklärten Risiken der Nanotechnologie. „Bei unseren Pro- zessen werden aber keine einzelnen Partikel freigesetzt“, sagt er. „Sie werden jeweils in einer flüssigen Substanz bearbeitet und fest in die bio- polymere Matrix eingebaut.“ Selbst wenn die Beschichtung bricht, bleiben die winzigen Teil- chen drin. Außerdem entwickelt Samyn neue Prozesse, bei denen sich die Beschichtung nach einem Bruch selbst wieder schließt. Bei prakti- schen Anwendungen würde er die Schicht mit den Nanopartikeln mit einer zweiten, rein poly- meren Schicht bedecken, um den Kontakt mit Lebensmitteln zu verhindern. „Wir behalten die Nanopartikel verleihen Materialien neue Eigen schaften: Die Kügelchen bedecken die Zellulosefaser, die senkrecht im Bild verläuft, und machen sie wasserabstoßend. Juniorprofessor Dr. Pieter Samyn kam 1978 in Belgien zur Welt. An der Universität Gent hat er Materialin genieurwissenschaften studiert. Dort beendete er 2007 seine Dissertation in Materialwissenschaften, die besonders mechani- sche Phänomene bei der Reibung von Kunststoffen behandelt. Am Freiburger Institut für Mikrosystem- technik beschäftigte er sich bis 2008 mit chemischen Aspekten von Adhäsions phänomenen. Nach einem Zwischenspiel in Belgien kehrte er im Oktober 2010 nach Freiburg zurück und wurde Gruppenleiter bei Prof. Dr. Marie-Pierre Laborie im Institut für Forstbenutzung und Forst liche Arbeitswissenschaft. Seit März 2011 ist er Inha- ber der Robert-Bosch- Juniorprofessur für „Nach- haltige Nutzung natürlicher Ressourcen“. Zum Weiterlesen Samyn, P./Deconinck, M./Schoukens, G./ Stanssens, D./Vonck, L./Van den Abbeele, H. (2011): Synthesis and characterization of imidized poly(styrene-maleic anhydride) organic nanoparticles in stable aqueous dispersion. In: Polymers for Advanced Technologies (im Druck). Samyn, P./Schoukens, G./Vonck, L./ Stanssens, D./Van den Abbeele, H. (2011): How thermal curing of an organic paper coating changes topography, chemistry and wettability. In: Langmuir 27/13, S. 8509 – 8521. Samyn, P./Van Erps, J./Thienpont, H./ Schoukens, G. (2011): Paper coatings with multi-scale roughness evaluated at different sampling sizes. In: Applied Surface Science 257/13, S. 5613 – 5625. Risiken und die Sicherheit bei der experimentellen Laborarbeit im Auge, müssen aber die Chance nutzen, die Eigenschaften dieser neuen Klasse von Materialien zu entdecken.“ Zunächst muss er jedoch erforschen, wie er aus Zelluloseteilchen, Schutzpartikeln und Bio- polymeren vorbildliche Schichten mischen kann. „Das Ziel ist, mit der geringsten Schichtdicke und dem geringsten Anteil an Nanopartikeln eine maximale Funktionalität zu erreichen“, erklärt Samyn. Dazu muss er herausfinden, aus wel- chen Pflanzen die besten Whiskers kommen. Diese unterscheiden sich etwa durch ihre Form, Reaktivität und Länge der chemischen Zellu loseketten. Am Ende muss eine homogene Schicht entstehen, die sich gut verarbeiten lässt. Samyn lässt sich dabei vom natürlichen Aufbau von Holz inspirieren, um die unterschiedlichen Komponenten neu zusammenzustellen. „Im bes- ten Fall kann der Holzfaserstoff Lignin, der den größten Teil der Schwarzlauge ausmacht, als eine biopolymere Matrix benutzt werden.“ Genug zu forschen, zu testen und experimentieren also. In den kommenden fünf Jahren an diesem Projekt arbeiten zu können und finanziell unab- hängig zu sein findet Samyn eine solide Basis. Für die Zukunft hofft er, einen Beitrag dazu leisten zu können, dass es in Supermärkten und Schnellimbissen nur noch nachhaltig hergestellte Verpackungen und Tüten gibt: „Der Kreislauf Boden – Pflanzen – Produkt soll sich schließen.“ 27uni'wissen 04