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uni'leben 02-2016

Der Guide zum Gate 02 2016 Unterricht: Wie Geflüchtete in Vorkursen Deutsch lernen > S. 3 Unterschlupf: Wo Wildbienen und andere Insekten nisten > S. 7 Unterwelt: Was die Keller im Institutsviertel bieten > S.  8 die Sicht auf seine Orientierungs- punkte versperren, eine Herausfor- derung. Mit den Hightechgeräten kann er auch die Bordpässe der Transferpassagiere scannen, über- prüfen, ob eine Gruppe vollständig ist, und sie selbstständig durch den Flughafen geleiten. Dabei passt er seine Geschwindigkeit an und weicht Hindernissen wie Koffern oder Reisegruppen aus. Nicht drängeln „Mit SPENCER haben wir den ersten Roboter mit sozialen Kompe- tenzen entwickelt, der jemals in ei- ner derart offenen und komplexen Umgebung zum Einsatz gekommen ist“, erklärt Arras. „Er hat die einzig- artige Fähigkeit, Personen in seiner Umgebung detailliert wahrzuneh- men und über deren Verhalten sozi- ale Bindungen – zum Beispiel die Zugehörigkeit zu einer Familie – zu erkennen und dementsprechend so- zial kompatibel zu handeln.“ Dazu gehört, dass SPENCER sich nicht durchdrängelt und sich anderen ge- genüber aufmerksam und rück- sichtsvoll verhält. Die soziale Kom- petenz erreicht er dadurch, dass er Menschen aufgrund von räumlicher Nähe, gemeinsamer Geschwindig- keit, Körperhaltung und Kopfrich- tung einander zuordnen kann. Da- bei kommen sowohl neue Verfahren des maschinellen Lernens als auch Erkenntnisse aus den Sozialwissen- schaften zum Einsatz. Eine Schwierigkeit beim Pro- grammieren besteht zum Beispiel darin, dass Roboter zeitgleich zwei Kriterien erfüllen müssen: Zum ei- nen sollen sie effizient die ihnen gestellten Aufgaben lösen, um etwa begrenzte Batteriekapazitäten zu schonen, zum anderen sollen sie sicher und regelkonform handeln. Die Testphase zeigte: Befolgte SPENCER alle Befehle, war er zwar zu allen Menschen höflich, führte die Gruppe aber auch zu langsam an. Arras zufolge zeigte sich ein Kompromiss als beste Lösung: ein Bewegungsverhalten, bei dem nicht alle sozialen Regeln beachtet werden. „Damit bestätigt SPENCER ein menschliches Verhal- ten: Je eiliger wir es haben, desto mehr soziale Regeln ignorieren wir.“ Das Team arbeitete bei dem Testeinsatz mit der niederländi- schen Fluggesellschaft KLM zu- sammen – knapp 70 Prozent der KLM-Passagiere fliegen über Schiphol. Das Unternehmen kann sich gut vorstellen, in Zukunft Ro- boter einzusetzen, um zu einem reibungslosen Transferablauf bei- zutragen, sagt René de Groot, Chief Operating Officer: „Die Airlines haben ein großes Interesse daran, dass ihre Kunden rechtzeitig das richtige Gate erreichen. Denn nur so kann ein zügiger Ablauf des Boardings sichergestellt werden.“ Wenn Roboter diese Serviceleis- tung übernehmen würden, hätte das Flughafenpersonal mehr Zeit, um Passagiere mit besonderen Bedürfnissen zu unterstützen. Doch nicht nur Flughäfen können von der Technologie profitieren. Sie kann überall genutzt werden, wo soziale Regeln bestehen. Da- mit eignet sie sich zum Beispiel für intelligente Serviceroboter, die ihren Arbeitsraum mit Menschen teilen – ob im Haushalt, in Fabri- ken oder als selbstfahrende Autos. Hunde und Handys Die Tests in der Live-Umge- bung des Flughafens hielten einige Überraschungen für die Forscherinnen und Forscher bereit: „Dazu gehörten pinkeln- de Hunde ohne Respekt vor SPENCER führt Passagiere zu ihrem Flugzeug und ist der erste Roboter, der auf soziale Bindungen reagiert von Natascha Thoma-Widmann Achtung, Achtung. Das ist der letzte Aufruf für alle Passagie- re des Flugs EZY1046. Bitte finden Sie sich an Gate B18 ein“, dröhnt die Ansage durch die Flughafenlaut- sprecher. Doch wo ist Gate B18? Menschen wuseln umher, Gepäck- wagen verbarrikadieren den Weg, die Schilder sind nur schwer zu lesen – und wer kein Englisch kann, hat ohnehin schlechte Karten. In dieser Situation könnten künftig Roboter Passagieren dabei helfen, rechtzeitig anzukommen und ihren Flug nicht zu verpassen. Dem Freiburger Informatiker und Juniorprofessor Dr. Kai Arras ist es gemeinsam mit einem internationa- len Team gelungen, einen Prototyp zu entwickeln. Der Roboter heißt SPENCER, ist etwa 1,90 Meter groß, wiegt 250 Kilogramm, hat ein freundliches Smiley-Gesicht und meisterte seinen ersten öffentlichen Einsatz mit Bravour: Bei Tests am Flughafen Schiphol in Amsterdam/ Niederlande im März 2016 beglei- tete er Passagiere erfolgreich zum richtigen Abfluggate. Der Roboter ist mit 3-D- und 2-D- Laserscannern, Kameras und Be- rührungssensoren ausgestattet. Aus diesen Daten erstellt er ein Modell seiner Umgebung und ermittelt fort- laufend seinen Standort – bei stark schwankenden Lichtverhältnissen und dichten Menschenmengen, die Robotern und eine Testgruppe Män- ner, die so an ihren Handys kleb- ten, dass sie es nicht mitbekamen, als SPENCER scharf bremste, um nicht mit einem Kind zusammenzu- stoßen – und auf ihn draufliefen“, berichtet der Freiburger Informatik- doktorand Timm Linder schmun- zelnd. „SPENCER hat dieses Duell aber gut überstanden, und die Män- ner nahmen es mit Humor.“ Im Herbst 2016 entscheiden die Projektpartner aus Deutschland, Schweden, Frankreich, den Nieder- landen und der Schweiz, wie es weitergeht. Denkbar ist ein Folge- antrag bei der Europäischen Union, um den Roboter weiterzuentwickeln. Geschwindigkeit, Größe und Ge- wicht lassen sich noch verbessern, auch verschiedene Sprachen inklu- sive chinesischer Schriftzeichen möchte das Team SPENCER noch beibringen. Für Rollstuhlfahrer oder ältere Menschen könnte er zum Beispiel auch Handgepäck oder bis zu zwei Koffer transportieren. SPENCER SPENCER ist eine Abkürzung für „Social situation-aware perception and action for cognitive robots“. Forschende von sechs universitä- ren und zwei industriellen Partnern arbeiteten drei Jahre lang an dem Vorhaben. Das Projekt wurde von der Europäischen Kommission mit 3,18 Millionen Euro gefördert und in Freiburg koordiniert. FOTO:THOMASKUNZ FOTO:THOMASKUNZ www.spencer.eu Freundlich und kompetent: Der Roboter SPENCER hat den Praxistest am Flughafen Schiphol in Amsterdam/Niederlande bestanden. FOTOS: SPENCER-PROJEKT/KLM Nicht drängeln „Mit SPENCER haben wir den ersten Roboter mit sozialen Kompe- tenzen entwickelt, der jemals in ei- ner derart offenen und komplexen Umgebung zum Einsatz gekommen ist“, erklärt Arras. „Er hat die einzig- artige Fähigkeit, Personen in seiner Umgebung detailliert wahrzuneh- men und über deren Verhalten sozi- ale Bindungen – zum Beispiel die Zugehörigkeit zu einer Familie – zu erkennen und dementsprechend so- zial kompatibel zu handeln.“ Dazu gehört, dass SPENCER sich nicht durchdrängelt und sich anderen ge- genüber aufmerksam und rück- sichtsvoll verhält. Die soziale Kom- petenz erreicht er dadurch, dass er Menschen aufgrund von räumlicher Nähe, gemeinsamer Geschwindig- keit, Körperhaltung und Kopfrich- tung einander zuordnen kann. Da- bei kommen sowohl neue Verfahren des maschinellen Lernens als auch Erkenntnisse aus den Sozialwissen- schaften zum Einsatz. Eine Schwierigkeit beim Pro- grammieren besteht zum Beispiel darin, dass Roboter zeitgleich zwei sich ein Kompromiss als beste Lösung: ein Bewegungsverhalten, bei dem nicht alle sozialen Regeln sich gut vorstellen, in Zukunft Ro- boter einzusetzen, um zu einem reibungslosen Transferablauf bei- zutragen, sagt René de Groot, Chief Operating Officer: „Die Airlines haben ein großes Interesse daran, dass ihre Kunden rechtzeitig das richtige Gate erreichen. Denn nur so kann ein zügiger Ablauf des Boardings sichergestellt werden.“ Wenn Roboter diese Serviceleis- tung übernehmen würden, hätte das Flughafenpersonal mehr Zeit, um Passagiere mit besonderen Bedürfnissen zu unterstützen. Doch nicht nur Flughäfen können von der Technologie profitieren. Sie kann überall genutzt werden, wo soziale Regeln bestehen. Da- mit eignet sie sich zum Beispiel für intelligente Serviceroboter, die ihren Arbeitsraum mit Menschen teilen – ob im Haushalt, in Fabri- ken oder als selbstfahrende Autos. Hunde und Handys Die Tests in der Live-Umge- bung des Flughafens hielten einige Überraschungen für die Forscherinnen und Forscher bereit: „Dazu gehörten pinkeln- de Hunde ohne Respekt vor Der Roboter infor- miert die Reisenden auf einem Bildschirm über die verbleibende Distanz zum Gate und die Zeit bis zur Ankunft. Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 022016

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