02 2016 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 8 campus Hightech unter Tage In geheimnisvolle Unterwelten absteigen: Das hat seinen Reiz – auch an der Universität Freiburg Löschanlage. Passiert ist bisher noch nie etwas. Darauf ist Steck stolz. Auch im Sinne der Nachhaltigkeit hat die Stabsstelle die Abläufe im ZSL nach und nach verbessert. Die Kanister, in denen die Gefahrstoffe angeliefert werden, gibt man den Instituten zur Wiederverwendung zurück. „Seitdem kommen die Kanister auch viel saube- rer hier an“, bemerkt Steck mit einem Augenzwinkern. Die Stoffe werden dann in größeren Gebinden zur Entsor- gung gefahren. So spart die Universität durch ein besseres Ressourcenmanage- ment und eine Vereinfachung des Handlings etwa 100.000 Euro im Jahr. Was die Universität dank cleverer Maßnahmen noch so alles spart, wird im Infrastrukturkanal (IVK) anschaulich. Dort arbeitet seit 2012 ein Doppelturbo- verdichter und versorgt das Instituts- viertel über einen Kühlkreislauf mit Prozess- und Klimakälte. In den IVK gelangt man über eine versteckte Trep- pe in der ehemaligen Pathologie, wo früher Leichname seziert und infektiöse Gewebeproben entnommen wurden. Ein längerer Spaziergang führt dann durch die unterirdische Röhre bis zu der Hightechanlage unter dem Infra- strukturgebäude beim Gelände des Instituts für Physik. Der Turboverdichter nutzt Grundwasser, um Kälte zu produ- zieren, und speist diese über einen Wärmetauscher in den Kühlwasser- kreislauf ein. Der Verdichter hat den Energieverbrauch der Universität stark reduziert. Vor seiner Zeit wurde viel mehr Kälte elektrisch erzeugt oder der Dampf des Klinikkraftwerks absorbiert. „Mit verschiedenen Maßnahmen, vor allem durch die Einführung der Kühl- kreisläufe, wird auch Wasser gespart. Seit Ende der 1980er Jahre konnten wir den Wasserverbrauch um zwei Drittel reduzieren, und das bei steigenden Studierendenzahlen“, resümiert Steck. Zwischenzeitlich ist der größte Teil der technischen Gebäude im Institutsviertel an den IVK angeschlossen. Unter dem Chemiehochhaus befindet sich ein weiterer gewaltiger Kellerraum. In der so genannten Neutra wird in vier riesigen Kunststofftanks mit je 25.000 Kubikmeter Fassungsvermögen das von Petra Völzing Institutsviertel, unter Tage. Beein- druckende Großanlagen sorgen dafür, dass Labore, Rechenzentrum und viele andere technische Anlagen effizient, störungsfrei und gleich- zeitig umweltfreundlich betrieben werden können. Hier werden das Abwasser der Institute neutralisiert, Kälte produziert und die Gefahr- stoffe, die aus den Laboren anfallen, sicher zwischengelagert. Sammellager für Sonderabfälle Öffentlich zugänglich ist die Unter- welt des Institutsviertels allerdings nicht. „Viel zu gefährlich“, sagt Jürgen Steck und zieht die Augenbrauen hoch. Das gilt zumindest für die groß- räumigen Keller unter dem Geologi- schen Garten an der Albertstraße. Hier ist seit 2001 das Zentrale Sam- mellager (ZSL) für die Sonderabfälle der Universität untergebracht. Der promovierte Chemiker Steck ist Leiter der Stabsstelle Umweltschutz der Universität und als Immissionsschutz- beauftragter sowie Betriebsbeauftrag- ter für Abfall, Gefahrgut und Strahlen- schutz auch Herr über diesen Keller im Institutsviertel. Im ZSL herrscht höchste Gefahrenstufe, denn durch Dämpfe, die aus Sonderabfällen aus- treten, können in der Luft hochexplo- sive Gemische entstehen. Für die Auslösung einer Explosion kann ein winziger Funke genügen. Deshalb darf es bei laufendem Betrieb auf keinen Fall zu elektrostatischen Ent- ladungen kommen. Für die zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten im Hinblick auf den Arbeitsschutz besondere Maßstäbe. Die Schuhe müssen ableitfähig sein, hinzu kommen Schutzanzüge und aufwendige Gesichtshauben. Im Tief- keller unter dem ZSL läuft eine ge- waltige Lüftungsanlage. „Solange diese ordnungsgemäß arbeitet, be- steht auch keine Explosionsgefahr, aber eine Störung lässt sich natürlich nie ausschließen. Es kann zum Bei- spiel Flüssigkeit aus einem Tank aus- laufen, dann steigt der Lösungsmittel- anteil in der Luft natürlich stark an“, sagt Steck. Allerdings melden Infra- rotdetektoren einen gefährlichen An- stieg sofort. Für den Brandfall steht im Tiefkeller eine Kohlenstoffdioxid- Laborabwasser neutralisiert. Unter Zugabe von Säure beziehungsweise Lauge wird es auf den richtigen pH- Wert gebracht, sodass es zusam- men mit dem normalen Abwasser in die Kläranlage gegeben werden kann. Die Anlage stammt noch aus den 1970er Jahren. „Es funktioniert aber alles noch einwandfrei, warum sollte man sie dann ersetzen?“, meint Steck. Die elektronische Steu- erung ist allerdings neu. Skurrile Kellergeschichten Natürlich gibt es auch zu den Frei- burger Universitätskellern die eine oder andere skurrile Geschichte – etwa zum Atomschutzbunker unter dem heutigen Zentrum für Neuro- wissenschaften. Dicke Stahltüren, ein Plumpsklo, ein winziger Aufent- haltsraum und der Notausstieg, der durch einen Kanaldeckel auf den Parkplatz führt, sind noch zu besich- tigen. Der Bunker ist seit 15 Jahren außer Betrieb. „Für frische Luft musste man von Hand über eine Kurbellüftung sorgen“, erzählt Steck, und ein spezieller Filter habe für die Zufuhr strahlungsfreier Luft gesorgt. Allerdings hätten hier nur wenige Personen einen nuklearen Winter überleben können. Im Auf- enthaltsraum standen lediglich vier Feldbetten. In der Nähe des heutigen Geologi- schen Gartens erlebte Steck 1998 ein kleines Kellerabenteuer. „Als hier für einen Neubau gebaggert wurde, stießen die Bauarbeiter auf einen Kellerraum, der wohl irgendwann einfach zugemauert und vergessen worden war“, erzählt Steck. Da muss- te er dann von oben einsteigen. „Eine ziemlich dreckige Angelegen- heit“, erinnert er sich und lacht. In dem Keller fand Steck neben uralten Lösemitteln und Chemikalien auf einem Tisch tatsächlich eine bei- nahe antike rote Bierdose der Brau- erei Ganter und ein Exemplar der Badischen Zeitung von 1964. Jürgen Steck, Leiter der Stabsstelle Umweltschutz der Universität, zeigt den Infrastrukturkanal, der das Institutsviertel mit Prozess- und Klimakälte versorgt. Fotos: Thomas Kunz In riesigen Kunststofftanks wird das Laborabwasser unter Zugabe von Säure beziehungsweise Lauge neutralisiert. Das Zentrale Sammellager für die Sonderabfälle der Universität Freiburg: Hier gelten besonders strenge Sicherheitsbestimmungen. Hinter diesem Eingang befindet sich der ehemalige Atomschutzbunker, der allerdings schon seit 15 Jahren außer Betrieb ist. www.umweltschutz.uni-freiburg.de 022016