02 2012 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 5forschen von Rimma Gerenstein Konstantinus Simonides wurde 1820 auf der kleinen griechi- schen Insel Symi geboren. Oder auch 1824. Gestorben ist er in Ägyp- ten, vielleicht im Jahr 1867. Es passt zu seinem Leben, dass nicht einmal vermeintlich eindeutige Daten ein- deutig sind. Der Mann war ein Hoch- stapler – und für Paläografen aus aller Welt einer der begnadetsten Fälscher antiker Texte im 19. Jahr- hundert. Ob Gedichte von Homer oder Passagen aus dem Markus- und Matthäus-Evangelium: Simoni- des reiste mit seinen Manuskripten durch Europa, immer auf der Suche nach kaufkräftigen Antikeliebhabern. Bis heute tauchen Schriftrollen auf, die Wissenschaftlerinnen und Wis- senschaftler für Simonides’ Werk halten. Zum Beispiel der berühmte Artemidor-Papyrus – ein paar fast unleserliche, zerknüllte Schnipsel, die die älteste, unvollendet gebliebe- ne Karte Spaniens aus dem ersten vorchristlichen Jahrhundert abbilden. 2,75 Millionen Euro zahlte eine ita- lienische Stiftung für das Fragment. Eine Fälschung, behaupten manche Altertumsforscher. Für Prof. Dr. Wolfgang Kofler und seine Assistentin Dr. Anna Novokhat- ko, Klassische Philologen an der Uni- ver-sität Freiburg, steht die Echtheits- kritik – die Frage, ob es sich um eine Fälschung oder um ein Original handelt – nicht im Vordergrund. Statt- dessen interessieren sie sich für die Rezeptionsgeschichte der Fälschun- gen. Ein neuer Ansatz, den sie bei einem von der Albert-Ludwigs-Uni- versität organisierten internationalen Kongress im vergangenen Jahr mit Expertinnen und Experten diskutier- ten. Der Kongress war Teil der Pontes- Tagungsreihe, die unterschiedliche As- pekte zur Rezeption der klassischen Antike beleuchtet, und wurde von der Thyssen-Stiftung gefördert. Eine extreme Form der Rezeption Warum hielten Menschen ein Text- dokument in einer Epoche für ein Ori- ginal aus der Antike und ein Jahrhun- dert später nicht mehr? Wer hat Papyri, Manuskripte und Inschriften gefälscht, und aus welchen Gründen? Welche Funktion sollten diese Texte erfüllen? „Wir nähern uns diesen Fragen, indem wir wirtschaftliche und politische As- pekte, gesellschaftliche Dynamiken und soziokulturelle Prozesse einer Zeit in unsere Analysen einbeziehen“, sagt Kofler. Der Klassische Philolo- ge bezeichnet Fälschungen als „eine extreme Form der Rezeption, weil sie verleugnet, dass sie eine Rezeption ist“. Als Goethe zum Beispiel Ende des 18. Jahrhunderts seine Römischen Ele- gien verfasste, bediente er sich antiker Motive und Formen, wollte aber auf keinen Fall, dass ihn das Publikum mit Dichtern wie Ovid verwechselte. Betrü- ger wie Simonides dagegen fälschten, um für das Original gehalten zu wer- den. „Allerdings nicht nur aus einer kri- minellen Energie heraus“, betont Kofler. Antike verleiht Ansehen Viele Motive verbergen sich hinter der Fälschung antiker Texte. Etwa politische Herrschaftsansprüche, wie bei der Konstantinischen Schenkung, die den Primat des Papstes Silvester I. über den römischen Kaiser Konstantin I. festhalten sollte. Auch der Wunsch, eine Ideologie zu verbreiten, spielt eine große Rolle. Das prominenteste Bei- spiel aus der Antike ist der fingierte Briefwechsel zwischen dem Apostel Paulus und dem Philosophen Seneca. „Dieser Text kommt aus einer sich he- rausbildenden Christengemeinde, die sich gegenüber der heidnischen Eli- te legitimieren wollte“, erklärt Kofler. Der fiktive Dialog sollte das Image des Furore um ein Fragment: Die Frage, ob es sich beim Artemidor-Papyrus um ein echtes Manuskript handelt, ist Gegenstand der derzeit prominentesten Forscherdebatte. QUELLE: Canfora Mit den Genies verschmelzen Der Klassische Philologe Wolfgang Kofler erforscht, warum Menschen antike Briefe, Gedichte und Inschriften fälschten Das Projekt English Medium In- struction (EMI) am Sprachlehrinstitut Freiburg bietet im Sommersemester 2012 den Lehrenden in englischspra- chigen Veranstaltungen „classroom observation services“ an. Die Unter- richtsbesuche von international erfah- renen Sprachdozentinnen und -sprachdozenten sollen die Qualität der englischsprachigen Lehre sichern. Um ein objektives Feedback zu den Sprachfähigkeiten vermitteln zu kön- nen, besprechen die Sprachdozenten vorab mit den Lehrenden, worauf sie bei dem Besuch besonders achten sollen. Anschließend findet ein Tref- fen statt, bei dem die Beobachtungen der Sprachdozenten und mögliche Verbesserungen besprochen werden. Ziel dieser ersten Projektphase des EMI ist ein fakultätsübergreifender Überblick. Auf dessen Grundlage soll eine auf die speziellen Bedürfnisse der Lehrenden zugeschnittene sprachliche Betreuung angeboten werden. Das Projekt wurde im Dezember 2011 im Rahmen des „Qua- litätspakts Lehre“ gestartet. Förderung der englischsprachigen Lehre Die Masterstudierenden Susanne Eichel, Jan Leike, Sohaib Anees, Julian Kleber und Tobias Domhan erhalten die von der Badischen Wirtschaft ge- stifteten Christoph-Rüchardt-Stipendi- en der Technischen Fakultät. Die fünf Stipendiatinnen und Stipendiaten erhal- ten 2.400 Euro, die aus Mitteln der vom Verband der Freunde der Universität Freiburg e.V. betreuten Stiftung Techni- sche Fakultät finanziert werden. Geför- dert werden Studierende, die das Ba- chelorstudium mit einem Notendurch- schnitt von mindestens 1,5 abgeschlos- sen haben. Bewerben konnten sich alle, die im Sommersemester 2011 oder im Wintersemester 2011/2012 ein Master- studium in Informatik, Angewandter Informatik, Bioinformatik und System- biologie, Mikrosystemtechnik oder Mi- crosystems Engineering aufgenommen haben. Die Technische Fakultät verleiht Stipendien an Studierende www.sli.uni-freiburg.de/EMI gregg.dubow@sli.uni-freiburg.de la.kenya.houston@sli.uni-freiburg.de Apostels aufpolieren. „Nach dem Mot- to: Unser Paulus hat auch etwas drauf, wenn er sich mit eurem tollen Seneca unterhält.“ Die Ergebnisse der Tagung belegen, dass der Bezug auf die Antike in jedem Fall eine Menge Prestige einbrachte. „Vor allem in der Renaissance orien- tierten sich die Menschen an antiken Denkern. Das waren die Stars, die klu- gen Geister.“ Humanisten etwa emp- fanden das Fälschen nicht unbedingt als kriminellen Akt, sondern auch als Möglichkeit, eine Art Personalunion mit den alten Genies einzugehen. „Um eine perfekte antike Fälschung hinzu- kriegen, muss ein Autor perfekt antik denken können. Er muss alles, was die Antike lebte, dachte und schrieb, verinnerlicht haben“, sagt Kofler. Eine unentdeckte Fälschung wies einen Au- tor als wahren Humanisten aus und unterstrich seine Genialität – auch, weil er die Zeitgenossen an der Nase herumgeführt hatte. Wissenschaftliche Diskussionen und persönliche Fehden Auch Zwischentöne, die nichts mit Wissenschaft zu tun haben, schwingen oft in der Rezeptionsforschung mit – für Wolfgang Kofler einer der spannendsten Aspekte: „In Diskus- sionen um die Echtheit eines Texts werden Weltanschauungen, persön- liche Verhältnisse oder universitäre Zwiste mit verhandelt.“ So auch bei dem Artemidor-Papyrus, Gegenstand der derzeit größten Forscherdebatte. Hinter vorgehaltener Hand melden sich Stimmen zu Wort: Die Auseinander- setzung sei lediglich eine persönliche Fehde zwischen zwei prominenten italienischen Intellektuellen. Nicht nur die Humanisten wetteiferten darum, der Genialste zu sein. Raus aus der Uni und rein ins Urlaubsvergnügen! 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