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uni'leben 02-2014

02 20142 von Eva Opitz Hundert Jahre Deutsches Volkslied- archiv (DVA) nähern sich ihrem Ende – und ein Neubeginn steht bevor. Mit der Zielvereinbarung, die Rektor Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer und Baden-Württembergs Wissenschafts- ministerin Theresia Bauer im Februar 2014 unterschrieben haben, ist der erste Schritt zum Zentrum für Popu- läre Kultur und Musik der Universität Freiburg gemacht. Inzwischen haben auch der Senat und der Universitäts- rat ihr Votum abgegeben. Damit ist es amtlich: Das DVA wird ein Forschungs- zentrum der Universität. „Wir haben klare Richtlinien, um das Volksliedarchiv zu einem Zentrum für Po- puläre Kultur und Musik für ganz Baden- Württemberg weiterzuentwickeln“, sagt Prof. Dr. Gunther Neuhaus, Prorektor für Forschung. Mit der Eingliederung in die Universität sieht er vor allem die chance einer umfassenden fächerübergreifen- den Forschung in Zusammenarbeit mit der Philologischen und der Philosophi- schen Fakultät sowie der Musikhoch- schule Freiburg. „Wir wünschen uns ein Kompetenznetzwerk für das ganze Bun- desgebiet und darüber hinaus.“ Gedichte und Lieder aus dem Ersten Weltkrieg Die Sammlung bleibt in ihrem Be- stand erhalten und wird als Kernstück des neuen Zentrums ausgebaut. Das Zusammenspiel zwischen einem bei- spiellosen Archiv und interdisziplinä- rer Forschung mache das Zentrum zu einer weltweit einmaligen Institution. Da sind sich alle, die am neuen Kon- zept mitgearbeitet haben, einig: „In den meisten Einrichtungen wird entweder gesammelt oder geforscht“, sagt der kommissarische Leiter Dr. Dr. Michael Fischer. „Hier aber bilden Forschung und Dokumentation eine Einheit.“ Auf der Basis der Sammlung geht es um Themen, die für die Ethnologie, Philologie, Geschichte oder Medien- wissenschaft interessant sind, jedoch immer mit einem Bezug zur Musik. Was das Archiv so wertvoll macht, ist zum einen sein historischer Bestand: 14.000 Kriegsgedichte und knapp 3.000 Liedbelege aus dem Ersten Weltkrieg sind dort zum Beispiel zu finden. Nicht weniger wichtig sind zum anderen die Sammlungen, die die ganze Breite der modernen populären Musik dokumen- tieren – eine „Musik der Vielen“, die den Alltag der Menschen prägt. „Wir orientieren uns am Mainstream, um die ganze Breite populärer Musik zu erfas- sen“, sagt Fischer. Dazu gehören chor- literatur, aber ebenso Popsongs und Musicals, die in einem eigenen Archiv zusammengefasst sind. 20.000 Singles eines Privatsammlers, dekorativ ver- packt in bunte Alben, haben ebenfalls ihren Weg ins Archiv gefunden. Wer im Zeitalter der Digitalisierung einen Blick in den Raum des Instituts in der Rosastraße wirft, der bis zur Decke mit Zettelkästen gefüllt ist, darf sich nicht verwirren lassen. „Die historischen Dokumente belegen einhundert Jahre Erschließungsleistung“, sagt Fischer. Auch diese gehören zum Forschungs- konzept. Die Lehre soll ebenfalls ein Teil der Zukunftsvision sein. Das Zen- trum könnte Studiengängen wie der Medienkulturwissenschaft, Geschichte oder Literaturwissenschaft neue Impulse geben. Für das neue Zentrumskonzept ha- ben unter anderem die geisteswissen- schaftlichen Fakultäten, das DVA, der wissenschaftliche Beirat des DVA und die Musikhochschule, die für die Um- setzung in angewandte Musik steht, ein passgenaues Leitungsprofil erarbeitet. es sieht ein dreiköpfiges direktorium mit dem Rektor als direktem Dienstvor- gesetzten vor. „Als einer der Direktoren ist der künftige Inhaber oder die Inha- berin des Lehrstuhls für Europäische Ethnologie gesetzt“, sagt Neuhaus. Als zusätzliches Bindeglied zu den Fakul- täten kommt ein weiteres Direktoriums- mitglied aus der Philologie hinzu, der Dritte im Bunde ist Michael Fischer. Sie alle sind dafür verantwortlich, dass die 1914 gegründete Volksliedsammlung zu einem modernen Forschungszentrum der Universität wird. unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de aktuell Eine Japanreise, drei neue Abkom- men: Rektor Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer und Prof. Dr. Michinari Hamaguchi, Präsident der Universi- tät Nagoya, haben in einem „Memo- randum of Understanding“ eine noch engere akademische Zusammenar- beit zwischen beiden Hochschulen vereinbart. Ziel ist es, gemeinsame Forschungsprojekte anzustoßen und die Zusammenarbeit zwischen der Forschungsadministration auf beiden Seiten sowie den jeweiligen Institutes of Advanced Studies zu verstärken. Darüber hinaus verlängerten Schiewer und Hamaguchi den Vertrag über das gemeinsame Betreiben des Büros der Universität Nagoya in Freiburg, das der japanischen Hochschule seit 2010 als Europazentrum dient, bis zum Jahr 2019. Eine drei Kontinente umspan- nende Kooperation wurde zwischen den Medizinischen Fakultäten beider Universitäten und der Medical School der universität adelaide/australien vereinbart. Ziel ist, gemeinsame For- schungsschnittstellen auszubauen und die Rahmenbedingungen für ein gemeinsames Promotionsprogramm zu schaffen. Partnerschaft über drei Kontinente hinweg Der Senat der Albert-Ludwigs-Uni- versität hat zwei neue nebenamtliche Prorektorinnen gewählt: Prof. Dr. Gisela Riescher ist künftig für Redlichkeit in der Wissenschaft, Gleichstellung und Vielfalt, Prof. Dr. Margit Zacharias für Technologietransfer und Innovation zuständig. Die Amtszeit beginnt am 1. Oktober 2014 und beträgt jeweils drei Jahre. Der Universitätsrat hat der Wahl zugestimmt. Gisela Riescher ist seit dem Wintersemester 1999/2000 inha- berin der Professur für Politische Philo- sophie, Theorie und Ideengeschichte am Seminar für Wissenschaftliche Poli- tik. Die Physikerin Margit Zacharias hat 2007 die Professur für Nanotechnologie am Institut für Mikrosystemtechnik (IM- TEK) übernommen. Gisela Riescher (oben) und Margit Zacharias werden zum 1. Oktober 2014 ihre Ämter antreten. FOtOs: PatRick seeGeR Neue Prorektorinnen für die Universität von Rimma Gerenstein Man kann einfach die Zahlen spre- chen lassen: knapp 1,5 Milliarden Euro Jahresbudget, 11.000 Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler, 100.000 Studierende, 10.000 Dokto- randinnen und Doktoranden. Gemein- sam stellen die Universitäten Freiburg, Strasbourg, Basel, mulhouse/Colmar und das Karlsruher Institut für Techno- logie einen Koloss auf die Beine – einen Forschungsriesen, der es mit interna- tional renommierten Elitehochschulen wie Harvard und Oxford aufnehmen kann. „European campus“ heißt der Masterplan. Die fünf Universitäten am Oberrhein schließen sich zu einem Hoch- schulraum zusammen, der ihren Mit- gliedern grenzenlose Zusammenarbeit ermöglichen soll. „Das Dreiländereck liegt im Herzen Europas“, sagt Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer, Rektor der Universität Freiburg. „Aus diesem geografischen Knotenpunkt soll nun ein Gravitationszentrum für Spitzenfor- schung mit internationaler Anziehungs- kraft wachsen.“ Rückenwind aus der Politik Im Februar 2014 machte Schiewer gemeinsam mit Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bau- er das Vorhaben bekannt, bei dem die Universitäten Freiburg und Strasbourg federführend sind. Der European cam- pus soll die Partner vernetzen, aller- dings nicht alle Trennlinien verwischen: Jede Hochschule bleibt selbstständig, doch der Verbund möchte in den nächs- ten Jahren eine gemeinsame, von der Europäischen Union finanzierte For- schungsinfrastruktur im Riesenmaßstab etablieren. Außerdem können die Wis- senschaftler Geld für gemeinsame Pro- jekte beantragen – und es unter den Partnerinnen und Partnern verteilen. Bisher förderten zum Beispiel die Deutsche Forschungsgemeinschaft oder der Französische Na- tionalfonds nur Vorhaben innerhalb der eigenen Lan- desgrenzen. 715.000 Euro stehen dem European campus zwischen 2013 und 2015 zur Verfügung. Mit diesem Startkapital sollen die Univer- sitäten erste Schritte umsetzen. Dazu gehören unter anderem das Einrichten einer Koordinationszentrale, das Schaf- fen gemeinsamer Professuren und Stu- dienabschlüsse sowie gemeinsame Fellowships am Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) und seinem französischen Pendant, dem University of Strasbourg Institute for Advanced Study (USIAS). Einige Beispiele für solche Kooperationen gibt es bereits: Joachim Grage, Freiburger Professor für Nordgermanische Philologie, unter- sucht seit einigen Monaten mit seinem Straßburger Kollegen Prof. Dr. Thomas Mohnike, aus welchen unterschiedli- chen Blickwinkeln in Deutschland und Frankreich über skandinavische Kultur, Sprache und Literatur geforscht wur- de. Der Austausch läuft über Telefon, Email und, ganz altmodisch, auch per- sönlich: Zweimal in der Woche fährt Grage nach Strasbourg. Der Aufwand ist es ihm wert: „Der direkte Kontakt und die gemeinsame Arbeit mit meinem Kollegen geben mir wichtige Impulse, gerade wenn es um ideologische Vo- raussetzungen und die französische Perspektive auf mein Fach geht.“ Auch in der Lehre ist die Kooperation im Drei- ländereck in Ansätzen bereits etabliert, etwa mit dem Bachelorstudiengang „Regio chimica“, der chemiestudieren- de für den europäischen Arbeitsmarkt fit macht. Fazit nach 25 Jahren Das Gerüst für den European cam- pus muss also nicht komplett aus dem Boden gestampft werden. Die Hoch- schulen greifen vielmehr auf Struktu- ren zurück, die in den vergangenen Jahrzehnten reifen konnten: Seit 1989 existiert EUcOR, die Europäische Kon- föderation der oberrheinischen Univer- sitäten. Sie ermöglichte vor allem den Austausch für Studierende sowie ge- meinsame Forschungsprojekte, doch die Idee eines campus ohne Grenzen geht weit darüber hinaus. Die Bilanz der Partner nach 25 Jahren EUcOR lau- tet daher: Es geht noch mehr, es geht systematischer, es geht gemeinsamer. Schiewer, seit 2013 EUcOR-Präsident, ist optimistisch, dass der Plan aufgehen wird. Und wenn nicht, wird nachjustiert: „Wir orientieren uns am Erfolg.“ European Campus Fünf Universitäten aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz schaffen einen gemeinsamen Hochschulraum am Oberrhein „Musik der Vielen“: Das Archiv beherbergt Sammlungen, die die ganze Bandbreite der modernen populären Musik dokumentieren. FOTO: PATRIcK SEEGER Aus dem 100 Jahre alten Volksliedarchiv wird das neue Zentrum für Populäre Kultur und Musik Forscher und Sammler Berlin Paris Freiburg Bern FRANKREIcH ScHWEIZ DEUTScHLAND Karlsruhe Freiburg Strasbourg Mulhouse Basel GRAFIK: eNteLeChie / FotoLia, KATHRIN JAcHMANN

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