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uni'leben 04-2014

04 201404 2014 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 4 forschen von Rimma Gerenstein Nomen est omen. Glaubt man die- sen Ausspruch, war ihre Laufbahn vorgezeichnet. Was soll eine Frau er- gründen, die Ulrike Halsband heißt? Richtig: Hunde, die bekanntlich besten Freunde des Menschen. Tatsächlich hat die Freiburger Wissenschaftlerin viel- fältige Schwerpunkte. Als Professorin für Neuropsychologie arbeitet sie zum Beispiel mit hirngeschädigten Patien- tinnen und Patienten. Außerdem unter- sucht die Expertin für die Erforschung veränderten Bewusstseins, wie das Hirn reagiert, wenn Menschen sich in einem Zustand der Hypnose oder Me- ditation befinden. Ihre Leidenschaft für Tiere hat Halsband ebenfalls zu einem Spezialgebiet gemacht: Sie erforscht die Intelligenz und das Sozialverhal- ten von Hunden. Dazu muss sie nicht zwangsläufig in ein Labor. Seit 14 Jah- ren züchtet sie Shih Tzus und Yorkshire- terrier. „Zurzeit lebe ich in einem Rudel mit sieben Hunden.“ Jeder Tag ist für die Verhaltensbeobachterin quasi ein Einsatz in der Feldforschung. Fisch ohne Ohren In unzähligen Liedern, Gedichten und Geschichten verewigt, gilt der Hund seit Jahrtausenden als einzigartiger Beglei- ter des Menschen. Einer, der beschützt, tröstet, und im Notfall – à la „Kommis- sar Rex“ – eine Wurstsemmel besorgt. „Was den Hund einmalig macht, ist seine Beziehung zum Menschen und seine Fähigkeit, dessen Mimik und Gestik zu verstehen“, erklärt Halsband. Hunde er- kennen, ob Frauchen zornig blickt oder lächelt, ob Herrchen lobt oder schimpft. In dieser Hinsicht seien die Vierbeiner sogar Primaten überlegen, die im Tier- reich besonders hohe kognitive Fähig- keiten aufweisen. Hunde müssen sich in Sachen Intel- ligenz aber nicht verstecken: Die For- scherin hat zum Beispiel ihrem Mini- Yorkshireterrier Mariechen beigebracht, anhand von Stofftieren zu zeigen, wo Augen, Ohren, Nase oder Mund sind. Die Hundedame deutet mit der Schnau- ze auf die Körperteile, egal, ob Halsband ihr einen Teddybären oder ein Plüsch- krokodil hinhält. „Einmal habe ich sie verwirrt und ihr einen Fisch gezeigt. Da war sie ganz entsetzt, nach dem Motto: ‚Der hat doch gar keine Ohren!‘.“ Nicht jeder Hund eigne sich jedoch für Intelli- genzspiele. „Das ist wie mit Menschen – es gibt helle und unterbelichtete Exem- plare.“ Grundsätzlich gelte: Die Tiere lernten nur, wenn sie motiviert und inte- ressiert seien. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm Halsband macht nicht nur Versuche mit dem eigenen Rudel, sondern ko- operiert auch mit dem ungarischen Hundeexperten Prof. Dr. Ádám Miklósi, den sie während eines Forschungsse- mesters in seinem Labor in Budapest besuchte. Seither untersucht sie ge- meinsam mit ihren Studierenden, wie die Bindung zwischen einem Vierbei- ner und dessen Frauchen respektive Herrchen beschaffen ist. Alle Experi- mente basieren auf Beobachtung, be- tont die Psychologin: „Bei unserer Ar- beit werden keine Tiere gequält.“ Das deutsch-ungarische Team fand heraus, dass das Persönlichkeitsprofil der je- weiligen Besitzerin oder des Besitzers das Hundeverhalten formt. Mehr als 1.500 Deutsche und Ungarn beant- worteten Fragen zu der Persönlichkeit ihres Haustiers und bewerteten ihren eigenen Charakter – hielten sie sich für kontaktfreudig oder scheu, hilfsbe- reit oder ablehnend, zuverlässig oder unorganisiert? Diese Selbsteinschät- zungen verglichen die Forscherinnen und Forscher mit Daten, die sie durch Beobachtung von Mensch und Tier sammelten. „Ist ein Besitzer ängstlich oder introvertiert, überträgt sich das auf das Verhalten seines Hundes“, be- richtet Halsband. „Reißt ein Frauchen ihren Hund sofort in die Luft, sobald sich ein anderer nähert, lernt das Tier, dass seine Artgenossen eine Bedro- hung für ihn sind – und baut keine ge- sunde Beziehung zu ihnen auf.“ Dynamiken, die auch zwischen Eltern und Kindern nicht fremd sind. Apropos: In einem weiteren Projekt stellte Halsband mit ihren Studieren- den fest, dass Männer und Frauen, die als Paar unter einem Dach leben, eine unterschiedliche Beziehung zu ihrem Hund aufbauen: Für Frauen könne der Hund zum Kinderersatz werden, vor allem, wenn kein eigener Nachwuchs ins Haus stehe. „Frauen nehmen ihren Hund als Wesen wahr, das ihnen emo- tionale Nähe und Sicherheit gibt. Sie pflegen ihn, kümmern sich um das Es- sen und die Arztbesuche. Für Männer ist der Hund eher der Joggingkumpan, ein Begleiter für Sport und Freizeit.“ Es ist der meist vernachlässigte Gen- deraspekt, um den die Psychologin die bisherige Forschung zur Interaktion zwischen Mensch und Hund erweitern will. Ein Ergebnis, das sie selbst betrifft: In einer Studie mit knapp 400 Teilneh- merinnen und Teilnehmern haben drei Freiburger Studierende ermittelt, dass berufstätige Frauen anfälliger für Stress sind als Männer, wenn sie ihren Hund nicht mit an den Arbeitsplatz nehmen dürfen. „Grundsätzlich leiden Berufs- tätige in dieser Situation mehr als ihre Kolleginnen und Kollegen, die keinen Hund haben“, sagt Halsband. „Die Tat- sache, dass man sich im Laufe des Tages um das Tier Sorgen macht, be- einflusst die Arbeitskapazität.“ Nun gilt es, diese Ergebnisse zu untermauern. Basierte die Studie unter anderem auf Selbsteinschätzungen der Befragten, soll im nächsten Projekt die Stressbe- lastung der Teilnehmer gemessen wer- den. Jüngst ist Halsbands Buch „Gehirn, Intelligenz und soziales Verhalten von Hunden“ erschienen, das ihre Verhal- tensbeobachtungen und die neuesten wissenschaftlichen Ergebnisse enthält. Heller Kopf mit kalter Schnauze Sieben Erfolge im Forschungsprogramm Bioökonomie Das Land Baden-Württemberg för- dert im Forschungsprogramm Bioöko- nomie sieben Projekte von Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Freiburg mit dem Ziel, die nachhaltige und wirtschaftliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe zu verbessern. Der Förderzeitraum läuft von Juli 2014 bis 2017, an die Albert-Ludwigs-Universität fließen insgesamt circa 1,6 Millionen Euro. Sechs der sieben Freiburger Vorha- ben befassen sich mit Lignozellulose, also Biomasse mit einem hohen An- teil an Zellulose, Hemizellulose und Lignin. Darunter fallen zum Beispiel Bäume und Gräser, die verstärkte Zellwände haben und deshalb ver- holzen, und Reststoffe aus der land- und forstwirtschaftlichen Produktion sowie der holzverarbeitenden Indus- trie, etwa Stroh oder Sägespäne. Ziel dieser Projekte ist, die Potenziale für die Nutzung dieser Biomasse zu er- mitteln und Wege zu finden, um sie nachhaltig bereitzustellen. Ein weite- res Projekt befasst sich mit der Idee, in Bioraffinerien unterschiedliche Pro- dukte aus Mikroalgen herzustellen. Neuer Schwerpunkt Hirnerkrankungen Die Carl-Zeiss-Stiftung unterstützt das Bernstein Center Freiburg (BCF) der Albert-Ludwigs-Universität da- bei, neue Ansätze zur Erforschung neurologischer Erkrankungen auf der Grundlage computergestützter und mathematischer Methoden zu entwickeln und umzusetzen. Mit der Förderung in Höhe von 750.000 Euro wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den kommenden vier Jahren wichtige Aufbauarbeit leisten. Bislang konzentrierte sich das BCF auf Grundlagenforschung und davon abgeleitete neurotechno- logische Anwendungen. Die Förde- rung ermöglicht es nun auch, neu- ronale Mechanismen neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen zu untersuchen. Der neue Schwer- punkt soll unter anderem den für dieses Vorhaben notwendigen Brü- ckenschlag zwischen Medizin und Naturwissenschaft ermöglichen. Weltweit leiden etwa eine halbe Mil- liarde Menschen an neurologischen Erkrankungen, deren Ursachen auf der Ebene von Nervenzellen und neuronalen Netzwerken weitgehend ungeklärt sind. Die hohe Intelligenz von Hunden ermöglicht die einzigartige Verbundenheit zwischen dem Menschen und seinem besten Freund Informieren Sie sich jetzt über die zahlreichen Einstiegsmöglichkeiten für Studierende bei der Testo AG. www.testo.de/jobs Zwischen Theorie und Praxis liegen 568 Höhenmeter. Frauchenversteher: Hunde können die Mimik und Gestik ihrer Besitzer deuten. FOTO: MAT HAYWARD/FOTOLIA

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