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uni'leben 04-2015

04 2015 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 5 Das Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) startet mit neuen Pro- jekten ins akademische Jahr 2015/16. Der neue Forschungsschwerpunkt wid- met sich dem Thema „Membrantrans- port in Alter und Krankheit“. Drei Grup- pen befassen sich mit epigenetischen Mechanismen zur Entwicklung neuer Ansätze für Medikamente, mit Reakti- onsmöglichkeiten „grüner Städte“ auf Herausforderungen wie Luftverschmut- zung sowie mit den neuronalen Mecha- nismen und Netzwerken, die der motorischen Kontrolle und dem motori- schen Lernen zugrunde liegen. Zudem werden drei gemeinsame Forscher- gruppen des FRIAS mit dem Université de Strasbourg Institut d’Etudes Avan- cées (USIAS) neu gefördert. Sie unter- suchen den Diskurs zum Thema Unfall im deutschen und französischen Militär von 1920 bis 1970, die Auswirkungen der tiefen Hirnstimulation auf das Erin- nerungsvermögen sowie organische Systeme, die auf chemische und me- chanische Reize reagieren. von Jürgen Schickinger Wir werden Neuland betreten“, sagt Teilchenphysiker Karl Jakobs, Professor am Physikalischen Institut der Universität Freiburg. Neuerdings kollidieren im Forschungszentrum für Elementarteilchenphysik CERN in Genf/Schweiz, wo der ATLAS-Teilchen- detektor steht, Protonen mit Weltre- kordwucht. „In diesen Energiebereich hat noch nie jemand geschaut.“ Gerade haben die Freiburger ATLAS-Expertin- nen und -Experten vom Bundesminis- terium für Bildung und Forschung 6,2 Millionen Euro erhalten. Das ist gut ein Siebtel der Gesamtfördersumme für den ATLAS-Forschungsschwerpunkt (FSP-ATLAS), der Aktivitäten von 17 deutschen Universitäten und Instituten umfasst. „Freiburg ist ein großer Stand- ort für Teilchenphysik“, erklärt Jakobs, „aber die Mittel werden auch nach Leis- tung verteilt.“ Die Forschungsgruppen um die Phy- sikprofessoren Jakobs, Gregor Herten und Markus Schumacher bauen am ATLAS-Teilchendetektor Experimente auf, machen Messungen und werten die Daten aus. Von theoretischer Seite leisten die Freiburger Professoren Ste- fan Dittmaier, Harald Ita und Jochum van der Bij Beistand. Insgesamt sind bei ATLAS knapp 3.000 Menschen von 177 Instituten aus 38 Ländern mit von der Partie. 2012 waren die Freiburger Physikerinnen und Physiker an der Entdeckung des lange vorhergesagten Higgs-Bosons beteiligt. Das Teilchen oder „Higgs-Feld“ verleiht elementaren Teilchen ihre Masse. Damals erreichte der CERN-Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC) Energien um sieben Teraelektronenvolt (TeV). Heute stoßen dort Protonen mit mindestens 13 TeV zusammen – im Herzen des ATLAS-Detektors. Der fängt Spuren der Teilchen auf, die nach den Kollisio- nen für Sekundenbruchteile existieren. Mehr Power ergibt mehr Teilchen je Crash, aber wahrscheinlich auch unbe- kannte. Sie sollen den Physikern eini- ge Fragen beantworten. Supersymmetrie als Fliegenklatsche „Warum ist das Higgs-Boson laut Theorie schwerer, als wir gemessen haben?“, fragt Gregor Herten. Antwor- ten könnte die Supersymmetrie liefern, eine theoretische Erweiterung des physikalischen Standardmodells. Sie stellt jedem „normalen“ Elementarteil- chen ein supersymmetrisches Partner- teilchen zur Seite. Eine Folge wäre neuartige Materie. Mindestens fünf verschiedene Higgs-Bosonen mit Su- persymmetrie müsste es geben. Sie könnte der Schlüssel zum Wesen der rätselhaften Dunklen Materie sein, aus der ein Viertel des Universums besteht. „Supersymmetrische Teilchen nachzu- weisen wäre eine Größenordnung wichtiger als das Higgs-Boson“, sagt Herten. „Wir könnten mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen.“ Es gibt neben der Supersymmetrie noch andere theoretische Erweiterun- gen der Standardtheorie. So sagen manche Modelle zusätzliche Raum- dimensionen voraus. „Diese könnten erklären, warum die Schwerkraft die schwächste der vier physikalischen Grundkräfte ist“, meint Jakobs. Die an- deren sind die elektromagnetische Kraft, die schwache und die starke Kernkraft. Jakobs und Herten bauen mit ihrem Team ATLAS auch für den längerfristigen Betrieb aus. Der Detek- tor muss in Zukunft mehr Ereignisse je Zeitschritt einfangen, weil am LHC- Beschleuniger weitere Leistungsstei- gerungen geplant sind. Wo ist die Antimaterie geblieben? „Wenn die Leistung am LHC steigt, müssen wir auch mehr Daten mit dem ATLAS-Detektor aufzeichnen, spei- chern und analysieren“, sagt Markus Schumacher. Das Rechenzentrum der Universität ist Teil eines virtuellen Su- percomputers, der aus vielen tausend, über die ganze Welt verteilten, anei- nandergekoppelten Computern be- steht. Allein in Freiburg lagern zwei Petabyte Daten – 2.000 Millionen Millionen Byte. „Das ist nur etwa ein Prozent der ATLAS-Daten“, erklärt Schumacher. Im kompletten Datenpaket suchen er und sein Team nach einer bestimmten Spur: Warum ist unsere Welt überhaupt da? Kurz nach dem Urknall hielten sich Materie und Antimaterie exakt die Waa- ge. Treffen beide aufeinander, bleibt nichts übrig. „Heute existiert nur noch Materie, Antimaterie ist völlig verschwun- den. Die Ursache dafür wollen wir ge- nauer verstehen“, sagt Schumacher. Erste Ergebnisse erwarten die Phy- siker in den nächsten drei Jahren – oder schon nächsten Sommer, wenn die ATLAS-Forschung so überra- schend erfolgreich verläuft wie bisher. Jedenfalls, so alle drei, sei die Teil- chenphysik noch lange nicht am Ende, nur weil das Higgs-Teilchen mittler- weile entdeckt sei. forschen Am Forschungszentrum CERN kollidieren Teilchen mit einer bisher nie erreichten Energie Der Large Hadron Collider ist der leistungsstärkste Teilchenbeschleuniger der Welt. Mehr als 10.000 Experten waren an Planung und Bau beteiligt. FotoS: ATLAS Experiment, 2014 CERN Mit dem ATLAS-Detektor zeichnen die Physiker Kollisionen auf und rekonstruieren die dabei entstande- nen Teilchen. Schöne neue Wucht Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität Freiburg beteiligen sich an zwei For- schungsverbünden zum Thema Was- ser. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Würt- temberg fördert beide Netzwerke mit insgesamt knapp vier Millionen Euro. Ein Team um die Hydrologin Dr. Kerstin Stahl und ihren Kollegen Dr. Jens Lange möchte mit dem Projekt „Aus- wirkungen, Prozesse und Wider- standsfähigkeit im Zusammenhang mit Dürreperioden“ (DRIeR) Politik und Gesellschaft auf Trockenperioden vorbereiten. Das Projekt „Herausfor- derungen des Stausee-Managements unter Berücksichtigung ökologischer und sozialer Aspekte“ (CHARM), an dem der Geograph Prof. Dr. Rüdiger Glaser und sein Team mitwirken, be- schäftigt sich mit zentralen Fragen beim Betrieb von Stauseen. Netzwerke für die Zukunft des Wassers www.frias.uni-freiburg.de Wissenschaft entdecken auf Surprising Science Sensoren für die Psychologie: Ein Informatiker erklärt im Video- interview, wie technische Hilfsmittel die Therapie von Patientinnen und Patienten mit bipolaren Störungen unterstützen. Wissensdialog Nordschwarzwald: Beteiligte am Reallabor-Projekt geben im Video Einblicke in den Nationalpark und ihre dortige Forschung. www.pr.uni-freiburg.de/pm/ surprisingscience Die Europäische Union (EU) fördert im Programm „Horizon 2020“ zwei neue Verbundprojekte, an denen Wis- senschaftlerinnen und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Freiburg be- teiligt sind. HEP-CAR hat zum Ziel, neue Therapieansätze gegen Leber- krebs zu entwickeln. Die Forscherin- nen und Forscher erhalten dafür in den kommenden vier Jahren insgesamt 5,7 Millionen Euro. Projektleiter ist Prof. Dr. Robert Thimme, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin II. EVA strebt an, eine neue Technologie zur künstli- chen Beatmung zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen. Zu den Partnern zählt die Forschungsgruppe Beatmung um Prof. Dr. Stefan Schumann, die an der Klinik für Anästhesiologie und In- tensivmedizin unter der Leitung des Ärztlichen Direktors Prof. Dr. Hartmut Bürkle angesiedelt ist. Die EU unter- stützt das Vorhaben mit mehr als 2,3 Millionen Euro. Förderung für neue Verbundprojekte am Universitätsklinikum Das Bundesministerium für Wirt- schaft und Energie fördert mit dem EXIST-Forschungstransfer-Programm 2015 zwei Forschungsgruppen der Uni- versität Freiburg mit insgesamt knapp 1,4 Millionen Euro. Das Programm will den Unternehmergeist an Hochschulen stärken und den Einstieg in die Selbst- ständigkeit erleichtern. An der Profes- sur für synthetische Biologie haben Dr. Adrian Sprenger, Hanna Wagner, Bal- der Rebmann und Prof. Dr. Wilfried Weber eine Formulierung für Medika- mente entwickelt, die es ermöglicht, Wirkstoffe auf Vorrat im Körper zu la- gern und auf Kommando freizusetzen – eine Methode, die sich besonders für Impfstoffe eignet. Eine Ausgründung namens „Bionicure“ ist vorgesehen. Dr. Markus Ihmsen und Jens Cornelis vom Institut für Informatik haben das Verhal- ten von Flüssigkeiten in Algorithmen festgehalten, um dieses besser zu si- mulieren – etwa für den Wasserbau, das Umweltmanagement oder den Ani- mationsbereich. Das Team hat das Un- ternehmen „FIFTY2 Technology GmbH“ bereits ausgegründet. Erfolge für Forschungstransfers Aufbruch ins neue akademische Jahr 042015

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