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uni'leben 04-2015

04 2015 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 7campus von Anita Rüffer Sie werden’s vielleicht nicht gemerkt haben, aber wir sind keine Profis“, sagt Dennis Scheu zum Abschluss ei- ner bemerkenswerten Veranstaltung im Kinosaal des Alten Wiehrebahnhofs. Er hat recht: Es hat niemand gemerkt. Die elf Leute auf der Bühne sind Studieren- de der Germanistik an der Universität Freiburg. „Familie in der deutschspra- chigen Literatur vom 18. Jahrhundert bis heute“ heißt das Hauptseminar, an dem sie im Sommersemester 2015 teil- genommen haben. Darin lernten sie, Texte zum Thema „Familie“ nach wis- senschaftlichen Kriterien zu analysieren und zu interpretieren, wie sich das für ein ordentliches Studium der neueren deutschen Literatur gehört. Aber an diesem Abend verwandelt sich ihre Sprache in Melodie, Rhyth- mus, Klang und Bewegung. Die Texte, die Choreografie, das Bühnenbild, die Musik, das Plakat, das Programmheft und sogar das Buffet zum Abschluss haben die Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer selbst gemacht. „Wer sich mit Literatur beschäftigt, sollte das aus unterschiedlichen Blickwinkeln tun“, erklärt Prof. Dr. Weertje Willms, die das Seminar veranstaltete. Zur Wissen- schaft kam eine Schreibwerkstatt dazu, in der die Studierenden selbst zur „Fe- der“ griffen und Texte rund um das Thema Familie produzierten. „Beson- ders im kreativen Prozess lässt sich das Verständnis für literarische Formen schulen“, sagt Willms. Zuckerdose und Mini-Bibel Die Freiburger Autorin Annette Pehnt stand der Gruppe an drei Nachmittagen zur Seite. Die Impulse, die sie etwa mit Gegenständen oder Kinderbildern setz- te, trugen reiche Früchte: Beispielswei- se wurden eine Zuckerdose und eine Miniatur-Bibel zu „Erbstücken“, um die sich kleine Familiengeschichten rank- ten. Die in der Leitung von Schreib- werkstätten erfahrene Schriftstellerin erlebte die Freiburger Studierenden als eine „ganz besondere Gruppe“: „Sie waren thematisch schon so eingearbei- tet, neugierig, diskutierfreudig und daran gewöhnt, über Texte zu sprechen.“ Diesen Eindruck kann Dennis Scheu bestätigen: „Es war eine neue Art, sich mit Sprache zu beschäftigen. Ich habe in wenigen Wochen so viel darüber ge- lernt wie in all den Semestern zuvor nicht.“ In der Schreibwerkstatt hätten sich die Studierenden ausgetauscht und gegenseitig inspiriert. Ihr Glück, dass sie überhaupt dabei sein durften, können sie kaum fassen: 140 Bewerbungen gingen bei Willms für das Hauptseminar ein, 25 wählte sie im Losverfahren aus. Im vergange- nen Jahr hatte die Germanistin schon etwas Ähnliches zum Thema „Liebe“ angeboten. Ihre besondere Art der Li- teraturvermittlung scheint sich herum- gesprochen zu haben: Kürzlich zeich- nete die Universität sie dafür mit einem Lehrpreis aus. Die 4.000 Euro, die es dafür gab, wird Willms in eine Folgever- anstaltung investieren. Das erspart ihr die Sponsorensuche. Dieses Mal hatte sie unter anderem die Elisabeth- Frickenhaus-Stiftung und das Studium generale der Universität für eine finan- zielle Beteiligung gewonnen. Nicht nur die Regieassistenz oder Materialien wie Programmhefte, auch eine Sprechtrainerin musste bezahlt werden. Waren es im vergangenen Jahr noch professionelle Schauspielerinnen und Schauspieler, die die Texte der Stu- dierenden aufführten, standen diese jetzt selbst im Rampenlicht. Sie boten eine Performance von 35 Texten dar, die die Seminarteilnehmer ausgewählt hatten. Erich Frieds Gedicht „Was es ist“ wird zum Dialog, in dem die Oma den Enkel nötigt: „Iss doch noch was!“ Be- kannte Kinderreime stellt die Gruppe in ungewohnte Zusammenhänge und ent- larvt somit Familienidyllen als schönen Schein. Jonas Hiestand, Improtheater- erfahren, genügt das Wort „Sohn“, um ganze Wortkaskaden zu erzeugen, die Erziehungsberechtigte zuweilen auf ihre Sprösslinge niederprasseln lassen. Schier unerschöpflich scheint die Palette der Themen und Formen, mit denen die Studierenden „Familie“ fan- tasievoll umkreisen. „Die Texte werden zu einem Teil von einem selbst“, sagt Scheu. Dennoch machte er die gleiche Erfahrung wie ein Autor nach der Ver- öffentlichung eines Werks: „Die Texte entwickeln ein Eigenleben und verän- dern sich bei der Rezeption.“ Nicht nur die Texte verändern sich: „Das Schreiben hat auch persönlich et- was mit mir gemacht“, sagt Lina Man- gold. Wie die meisten Teilnehmer ist sie Lehramtsstudierende. Ihre künftigen Schülerinnen und Schüler können sich schon mal auf den Deutschunterricht freuen: „Auf jeden Fall werden wir das alles auch im Klassenzimmer umsetzen.“ Tanz der leeren Bilderrahmen: Mit Texten entlarven die Studierenden das Familienidyll als schönen Schein. Foto: patrick seeger Im Projekt TREASURE-WATER un- tersuchen 14 Partner aus sechs Län- dern, was Staaten beachten müssen, um nachhaltig mit gemeinsamen Was- serressourcen zu wirtschaften und Konflikte zu vermeiden. Die Europäi- sche Union (EU) fördert das vom Frei- burger Biologen Prof. Dr. Ralf Reski federführend erarbeitete Vorhaben mit knapp einer Million Euro in dem neuen Programm „Erasmus+“. Ziel dieser För- derung ist es, den Austausch zwischen den europäischen Universitäten und denjenigen aus EU-Anrainerstaaten zu vertiefen, die Ausbildung der Studie- renden zu internationalisieren und Lehrpläne nach dem Best-Practice- Prinzip zu entwickeln. Die Absolventin- nen und Absolventen sollen von einer besseren beruflichen Qualifizierung profitieren. Das Projekt hat seine Ar- beit im Oktober 2015 aufgenommen. Eine Million Euro für neue Lehrpläne Friede, Freude, Familienkrach Für ein Hauptseminar der Germanistik tauschten Studierende den Hörsaal gegen die Bühne ein – dahinter steckt ein raffiniertes Lehrkonzept Verfasste Studierendenschaft verteilt 1,5 Millionen Euro Die Studierenden der Universität Freiburg haben zum Wintersemester 2015/16 erstmals die Chance, über die Verwendung von jährlich insge- samt 1,5 Millionen Euro Landesmittel zu entscheiden. Dies ist ein Ergebnis des Hochschulfinanzierungsvertrags, den die Landesrektorenkonferenz und die Landesregierung im Januar 2015 geschlossen hatten. Daraus geht her- vor, dass die bisherigen Qualitäts- sicherungsmittel – 2012 als Ausgleich für den Wegfall der Studiengebühren eingeführt – zum Großteil in den jähr- lichen Haushalt der Hochschulen übergehen. 11,764 Prozent der Ge- samtsumme erhalten jeweils die Ver- fassten Studierendenschaften (VS), die eigenständig darüber entscheiden, wie sie diese Mittel zur Sicherung der Qualität von Lehre und Studium ein- setzen wollen. Der Studierendenrat hat beschlossen, 1,1 Millionen Euro auf die verschiede- nen Fachbereiche der VS aufzuteilen. Dort haben alle Studierenden in den Fachschafts- und Fachbereichssitzun- gen die Chance, über die Vergabe der Mittel des Fachbereichs zu diskutieren und sich an den Entscheidungen zu be- teiligen. Zudem schreibt die VS 400.000 Euro im „Projektwettbewerb: Innovatives Studium“ zentral aus. Alle Mitglieder der Universität sind antragsberechtigt. Be- werbungen – als PDF-Datei, maximal drei Seiten lang – sind bis Sonntag, 25. Oktober 2015, per E-Mail an studieren- denvorschlagsbudget@stura.org einzu- reichen. Über die Vergabe entscheidet ein universitätsweites, vom Studieren- denrat gewähltes Gremium. www.stura.uni-freiburg.de/politik/svb 042015

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