uni'leben 05-2015

05 2015 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 12 FoTo: THoMaS KUNz versum Wo haben Sie in Freiburg am liebsten gelernt, getanzt und gegessen? Gelernt habe ich meist beim Joggen um den Rosskopf. Ich weiß heute noch, an welcher Weggabelung oder an welchem Baum sich welche Er- kenntnis aus zuvor gelesenem Stoff offenbarte. Das Laufen hat irgend- wie das Tanzen ersetzt, und nachdem unser erstes Kind geboren war, gab es das Essen meist zu Hause. Aus Kostengründen war sowieso nur die Mensa drin. Welche Erkenntnis aus Ihrer Studienzeit hat Sie nachhaltig geprägt? Ich habe durch intensiven Sport und intensives Studium physisch und psychisch erlebt, dass Körper und Geist eine funktionelle Einheit bilden und dass diese nur mit einem orden- tlichen Maß an Muße und Regenera- tion gut funktionieren kann. Welchen Rat würden Sie Studierenden geben? Geht viel an die frische Luft, seid trotz aller Theorie körperlich aktiv. Was ist schade daran, kein Student mehr zu sein? Eigentlich nichts. Ich bin heute noch genauso neugierig wie zu Studien- zeiten, nur dass ich heute keine Prüfungen mehr ablegen muss. Das macht alles etwas entspannter. „Typisch Student“ war zu meiner Zeit … ... selbst gesammelte Tees trinken, ewig über Gott und die Welt oder die Chaostheorie diskutieren. Aber letztendlich: mit wenig Geld glück- lich zu sein. Dr. Michael Nehls hat Medizin in Freiburg und Heidelberg studiert und wurde 1997 im Fach Molekular- genetik promoviert. An internationalen Forschungseinrichtungen beschäf- tigte er sich mit der Entschlüsselung von genetischen Ursachen verschie- dener Erbkrankheiten. Er war leitender Genomforscher einer US-amerikani- schen Firma und Vorstandsvorsitzen- der eines Münchner Biotechnologie- unternehmens. Nehls hat es sich zur Aufgabe gemacht, die theoretischen Grundlagen für präventive und therapeutische Maßnahmen gegen Zivilisationskrankheiten zu entwickeln. Für seine Erkenntnisse zur Entste- hung, Prävention und Therapie von Alzheimer wurde er mit dem Hanse- Preis für Psychiatrie 2015 der Uni- versität Rostock ausgezeichnet. Seine Bücher „Die Alzheimer-Lüge“ und „Alzheimer ist heilbar“ wurden zu bundesweiten Bestsellern. Als Extrem- ausdauersportler war er zweimal bei dem 4.800 Kilometer langen Radrennen „Race Across America“ erfolgreich. Abgefragt Abgelichtet FoTo: SaNDRa MEYNDT Die Greatest Hits der 1980er, die Top Ten der Weltstädte, die trendigsten Res- taurants für Rohkost, die heißesten Blon- dinen in Hollywood: Die Ranglistenwut regiert das Leben. Die Kriterien sind oft schwammig und selten nachzuvollzie- hen, aber darum geht es nicht. Rankings bringen Ordnung in den konfusen Alltag des modernen Menschen. Woher sollten wir denn sonst wissen, was uns gefällt, wofür wir unser Geld ausgeben oder wel- che Taten wir vollbringen sollten? Etwa selber überlegen? Wie anstrengend. Das dachte sich wohl auch ein Pro- fessor aus Berlin und veröffentlichte in einem Artikel 101 Dinge, die jede Stu- dentin und jeder Student im Laufe des Studiums mal gemacht haben muss: „Lerne, mit offenen Augen zu schlafen“, „Lass deine Oma deine Seminararbeit als Hörbuch einlesen“, „Empöre dich im Seminar“. Donnerwetter! Die Auf- zählung liest sich bestenfalls wie eine aufmunterung für müde Mutige und schlimmstenfalls wie eine Anleitung für faule Radikalinskis. Nichtsdestotrotz: Wer die Liste be- folgt, lernt, sich selbst zu spüren („No- tiere einmal pro Woche, wie dich das Studium innerlich und äußerlich verän- dert“), die Stellen des Reinigungsperso- nals zu sichern („Schreib deinen Na- men auf das Kaugummi, das du unter den Tisch klebst), neue Kommunikations- formen einzusetzen („Schreibe deine Hausarbeit nur mit Emojis“, „In beson- ders schweren Fällen zeig zwei Mittel- finger“), wissenschaftlich fundiert zu arbeiten („Erfinde einen molukkischen oder livantischen Philosophen, den du bei jeder passenden Gelegenheit im original zitierst“) und den demografi- schen Wandel zu bremsen („Zeuge ein Kind“, „Zeuge noch ein Kind“). Am Ende des Studiums darf sich das Individuum dann stolz seiner Einzigartig- keit und Kreativität versichern. Manche werden beim Befolgen aber keine neuen Erlebnisse verbuchen können: „Sei mal pleite“, „Einmal im Lesesaal der Biblio- thek ausnüchtern“. Abgelästert von Rimma Gerenstein 101 Gründe, nicht mehr selbst zu denken FOTO:SABINENEHLS Diversity am Büfett Abgehört von Nicolas Scherger … und dann noch die vielen Leute mit Unverträglichkeiten, klar. Der eine kann nicht mit Laktose, die Nächste nicht mit Gluten, der Übernächste nicht mit Fruk- tose. Aber das ist Diversity, das ist fort- schrittlich, davon profitieren wir! Früher war das Angebot viel eintöniger. Da haben die Studierenden alles geges- sen, Hauptsache billig. Der Preis spielt also keine Rolle mehr? Doch, natürlich. Die Freiburger Sterne- gastronomie mag bei manchen Mitglie- Die Mensa an der Freiburger Rem- partstraße fällt in die Kategorie der zweit-vegan-freundlichsten Mensen Deutschlands. Zu diesem Ergebnis kommt eine Tierrechtsorganisation in ihrem Ranking – und das im zwei- ten Jahr in Folge. Nicolas Scherger hat sich am Büfett bedient. uni’leben: Hallo, Büfett. Ich werde gleich Teile von Ihnen verspeisen. Büfett: Gerne, dafür bin ich da. Grei- fen Sie zu! Ich will nicht vergammeln. Und morgen gibt es mich wieder neu. Sie sind also vegan-freundlich. Empfinden Sie das als Lob? Aha, der Fleischfresserhumor. Keine Sorge, auch Sie kommen bei mir nicht zu kurz. Ich bin nämlich ehrgeizig. Wenn mein veganes Angebot zuerst die Auszeichnungen einheimst, ist das fein. Aber die anderen Anteile müssen nachziehen. Ich will für alle Zielgrup- pen das beste Angebot sein. Das wird schwierig. Es gibt auch Vegetarier, Frutarier, Rohköstler, Pescetarier … dern der Universität beliebt sein, bei Studierenden sicher nicht. Ich muss also günstig sein. Aber mit Discounter- fraß kann und will ich preislich nicht mithalten. Deshalb biete ich gleichzei- tig Qualität: mit regionalen, ökologisch und nachhaltig produzierten Zutaten. Sie passen prima nach Freiburg. Die Mensa für alle Gutmenschen. Und Sie nehmen sich jetzt endlich Ihr Schnitzel mit Pommes und Salat, Sie Hinterwäldler. Der Milchreis zum Des- sert ist für Sie heute gestrichen. Alumni antworten: Michael Nehls Impressum uni'leben, die Zeitung der Universität Freiburg, erscheint fünfmal jährlich. Herausgeber Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, der Rektor, Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer Verantwortlich für den Inhalt: Rudolf-Werner Dreier, Leiter Öffentlichkeits- arbeit und Beziehungsmanagement Redaktion Rimma Gerenstein (Redaktionsleitung), Nicolas Scherger, Yvonne Troll Anschrift der Redaktion Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Albert-Ludwigs-Universität Fahnenbergplatz 79085 Freiburg Telefon: 0761/203-8812 Fax: 0761/203-4278 E-Mail: unileben@pr.uni-freiburg.de Auflage 14.000 Exemplare Gestaltung, Layout Kathrin Jachmann Anzeigen Gregor Kroschel Telefon: 0761/203-4986 E-Mail: gregor.kroschel@zv.uni-freiburg.de Druck und Verarbeitung Freiburger Druck GmbH & Co. KG Vertrieb Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit und Beziehungsmanagement Jahresabonnement Euro 9,– ISSN 0947-1251 © Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Texte geben nicht unbedingt die Meinung des Verlags oder der Redaktion wieder. uni’leben erscheint online unter www.leben.uni-freiburg.de klimaneutral gedruckt Die CO2-Emissionen dieses Produkts wurden durch CO2-Emissions- zertifikate ausgeglichen. Zertifikatsnummer: 311-53210-0310-1003 www.climatepartner.com Schicht für Schicht: Wer würde nicht gerne mal in den Kopf seines Gegenübers schauen, um dessen Gedanken zu lesen? Das Schnittmodell im Bernstein Center Freiburg zeigt allerlei Einblicke, allerdings nur anatomische. So bleiben die Gedanken frei – und die Forscherinnen und Forscher an dem wissenschaftlichen zentrum der Universität ergründen weiterhin die Mechanismen des menschlichen Gehirns. 052015

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