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uni'leben 05-2015

05 2015 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 6 forschen von Isabell Wiedle Der Philosoph Martin Heidegger, der Geograph Friedrich Metz und der Volkskundler Johannes Künzig: Während der Zeit des Nationalsozi- alismus waren sie alle an der Albert- Ludwigs-Universität tätig, ob als Rektor oder Professor. In seiner Dissertation hat sich Dr. Mario Seiler mit ihnen und weiteren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Forschungs- einrichtungen jener Zeit befasst. Der Historiker wollte ein umfassendes Bild der Universität und ihres damaligen Kurses in Sachen Hochschul- und Wissenschaftspolitik nachzeichnen – im Mittelpunkt stand dabei die „Grenz- lage“ Freiburgs: Als Elsass-Lothringen nach dem Friedensvertrag von Ver- sailles 1919 an Frankreich zurückfiel, lag die Stadt direkt an der deutsch- französischen Grenze. Die Grenzverschiebung hatte vor allem ökonomisch gravierende Folgen: Es siedelte sich kaum noch Industrie in Freiburg an, die Universität musste mit den zwei anderen badischen Hoch- schulen in Heidelberg und Karlsruhe um ohnehin knappe finanzielle Mittel konkurrieren: „Die Universität Freiburg hatte große Existenzsorgen. Man war sich nicht sicher, ob man sie dauerhaft würde halten können“, sagt Seiler, der für seine Arbeit den mit 5.000 Euro dotierten Ralf-Dahrendorf-Preis der Badischen zeitung erhielt. „Um finan- zielle Aufwendung vonseiten des Deut- schen Reiches zu erhalten und mehr Studentinnen und Studenten nach Freiburg zu locken, stellte die Universi- tätsleitung diese Grenzlandlage in den Vordergrund.“ Mit dem argument, sich als grenznahe Universität gegen „her- anflutende fremdvölkische Einflüsse“ schützen zu müssen, gründete sie neue Wissenschaftsdisziplinen und Forschungseinrichtungen, beispiels- weise das Alemannische Institut, das im weitesten Sinne „Volks- und Kultur- bodenforschung“ betrieb. Die Wissen- schaftler waren damals davon über- zeugt, dass Elsass und Lothringen Teile des alemannischen „Stammes- raumes“ waren, und wollten die Grenze „wissenschaftlich begründet“ revidieren, berichtet Seiler. Schattierungen und Schnittmengen Doch völkisches Denken war keine Erfindung der Nationalsozialisten. Des- wegen sahen die meisten Wissen- schaftler solche Forschungen und Aussagen nicht als politisch an. Für Seiler ergaben sich daraus weitere Fragen: Inwiefern sind Wissenschaft und Politik voneinander abhängig? Welche Rolle spielt Wissenschaft im Kontext politischen Handelns? Und welche Verantwortung muss sie für ihr eigenes Handeln übernehmen? Der Historiker kombinierte Universitäts-, Wissenschafts- und Ideengeschichte: „Dadurch konnte ich Blindstellen in der Geschichte der Universität Freiburg beleuchten und einzelne Akteure zum Teil in ein neues Licht rücken.“ Ein Beispiel ist Adolf Lampe, Profes- sor für Nationalökonomie und Mitglied der akademischen Widerstandsbewe- gung „Freiburger Kreise“, der schon früh Kritik an der Wirtschaftspolitik der Nationalsozialisten übte. In einem Gut- achten für die „Reichsstelle für Raum- ordnung“ bezog er Stellung zur ökono- mischen Neuordnung Badens und gab unter anderem Antworten auf Fragen, mit denen sich die nationalsozialisti- sche Raumordnungspolitik auseinan- dersetzte. Das zeige beispielhaft, dass das Denken und Handeln einzelner Wissenschaftler keine Schwarz-Weiß- Zeichnung zulasse, sagt Seiler. Viel- mehr sei es von Schattierungen und inneren Widersprüchen geprägt ge- wesen. „Es geht nicht darum, jemanden zu diskreditieren. Historische Forschung muss sich immer wieder klarmachen, dass Verstehen und Erklären im Vor- dergrund stehen.“ Die Universität Freiburg und ihre Wissenschaftler haben sich mal mehr, mal weniger auf ideologische Strömun- gen der damaligen Zeit eingelassen, so lautet Seilers Fazit. In vielerlei Hinsicht habe sich Freiburg damit wie alle anderen Hochschulen in dieser Zeit verhalten, vor allem, was die Nut- zung von Fördermitteln des Reichs anging. Heute habe die Universität ihre Geschichte zum großen Teil aufgear- beitet. Historiker wie Prof. Dr. Hugo Ott und Prof. Dr. Bernd Martin haben zum Beispiel eingehend erforscht, welches Verhältnis Martin Heidegger zum Natio- nalsozialismus hatte. Auch Arbeiten wie die Denkschrift zum 550. Jubiläum der Universität 2007 und Seilers Dis- sertation tragen dazu bei, dass immer weniger Winkel unbeleuchtet bleiben. Mario Seiler hat die Geschichte der Universität Freiburg im Zeitalter der beiden Weltkriege offengelegt Banken gibt es viele. Aber die BBBank ist die einzige bundesweit tätige genossenschaftliche Privatkundenbank, die Beamten und Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes einzigartige Angebote macht. 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Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das neue Graduiertenkolleg „Erhaltung der Waldbiodiversität in viel- fältig genutzten Landschaften Mitteleu- ropas“ (Conservation of Forest Bio- diversity in Multiple-Use Landscapes of Central Europe – ConFoBi) mit knapp 4,5 Millionen Euro. Das Projekt startet am 1. Juli 2016 und ist auf vier- einhalb Jahre angelegt. Sprecherin ist Ilse Storch, Professorin für Wildtier- ökologie und Wildtiermanagement. An dem Vorhaben sind die Fakultät für Um- welt und Natürliche Ressourcen sowie die Fakultät für Biologie beteiligt. Part- ner ist die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg. Die Hochschule für Musik (HfM) Freiburg erhält eines von fünf Landes- zentren, mit denen das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg die Profile der Musikhochschulen des Landes schär- fen will. Die Besonderheit des „Freibur- ger Lehr- und Forschungszentrums Musik“ ist die enge Verbindung von musikalischer Praxis und Forschung. Die HfM wird die Einrichtung gemein- sam mit der Albert-Ludwigs-Universität betreiben. Die Pädagogische Hoch- schule Freiburg ist zudem in der ele- mentaren Musikpädagogik beteiligt. Das neue zentrum wird Musiktheorie, Musikwissenschaft, Musikpädagogik und Musikermedizin zusammenbrin- gen und mit der praktischen musikali- schen Ausbildung verknüpfen. Darüber hinaus soll das Zentrum künftig an der Universität den dreijährigen wissen- schaftlichen Bachelorstudiengang „Musikwissenschaft“ und an der HfM den vierjährigen wissenschaftlich- praktischen Bachelorstudiengang „Musik“ anbieten. Masterstudiengän- ge sind ebenfalls vorgesehen. Graduiertenkolleg zum Erhalt der biologischen Vielfalt Neues Institut für Musikforschung Im Nationalsozialismus hisste auch die Universität Freiburg Fahnen mit dem Hakenkreuz. Die Aufnahme zeigt Reichs- innenminister Wilhelm Frick (Mitte) in der aula des Kollegiengebäudes I, der 1940 zum Ehrensenator ernannt wurde. FOTO: UNIVERSITÄTSARCHIV FREIBURG 052015 Ihres neuen Kontos unter Tel. 0800/406040160 (kosten- 169x206_Dozent_Bezuegekonto_allgemein_4c.indd 121.09.1510:04

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