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uni'leben 05-2014

05 2014 leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 10 von Nicolas Scherger Ein Markt in Thailand: Menschen drängen sich zwischen Verkaufs- ständen, begutachten Kleidungsstü- cke, Haushaltsgeräte, Kunsthandwerk. Doch es sind nicht die Waren, die Gerd Bergmann auffallen. Sondern die Energiesparlampen, die den Markt be- leuchten. Modelle einer chinesischen Firma, in Deutschland damals noch unbekannt. Die Lampen sind taghell, er ein Exemplar mit und testet es da- heim. Einige Wochen später, im No- die Universität Freiburg. Heute bieten westliche Firmen diese Leuchtmittel ebenfalls an – und Bergmann hat mit seinem Team alle 236 Laternen auf dem Außengelände der Universität um- gerüstet. Jährliche Ersparnis: 70.000 Euro, 230.000 Tonnen Kohlendioxid, 384.000 Kilowattstunden Energie. Neue Technik, neue Trends: Das ist es, was Gerd Bergmann besonders fasziniert. Als „Gewerkeleiter Elektro- technik“ ist er beim Technischen Gebäu- demanagement der Universität für die gesamte Elektrizität unterhalb der Hoch- spannung verantwortlich. „Im Alltag sind wir eine Art Feuerwehr“, sagt der Elek- trotechnikmeister. Wenn in einem der mehr als 150 Universitätsgebäude das eine zusätzliche Steckdose benötigt wird, muss sein Team ran. Maßnahmen zum Energiesparen machen deshalb nur einen kleinen Teil seiner Arbeit aus. „Aber genau dieser Teil macht mir be- sonders viel Spaß, deswegen bin ich hier. Die Universität hat einen Energie- verbrauch wie eine kleine Stadt – und damit viel Potenzial zum Sparen.“ Sternenhimmel in der Bibliothek Bergmann setzt vor allem dort an, wo er auf einen Schlag viel Wirkung erzielt. Etwa mithilfe von LED in jenen Gebäuden, in denen das Licht ständig brennt und die Leuchtmittel schwierig zu wechseln sind. Ein Beispiel sind die beiden Hallen des Instituts für Sport und Sportwissenschaft: Im Vergleich zu gewöhnlichen Leuchtstoffröhren halten die neuen LED-Leuchtmittel fünfmal so lang, und der Energiever- brauch ist um fast zwei Drittel niedriger. Das spart jährlich etwa 37.000 Euro für Strom und Wartung sowie mehr als 190.000 Kilowattstunden Energie. Da die Preise für LEDs rasant fallen, wird der Wechsel immer lukrativer. Das nächste Vorzeigeobjekt soll das Kol- legiengebäude IV werden. Es erhält unter anderem einen „Sternenhimmel“ mit bis zu 60 LED-Strahlern unter der Lichtkuppel der Bibliothek. Sie erset- zen die bisher installierten Leuchtstoff- lampen, die so heiß werden, dass die Kuppel im Sommer mit zusätzlicher Energie gekühlt werden muss. „Für sol- che Fälle wird LED künftig der Stan- dard sein.“ In einige seiner Büromöbel hat Bergmann ebenfalls LEDs einge- baut. Sie leuchten rot, gelb, blau oder grün, steuerbar per Fernbedienung. „Als Farbtherapie“, sagt er und lacht. Seine Ausbildung hat Bergmann in einem kleinen Handwerksbetrieb in Sexau absolviert. Später wechselte er in die Industrie: zu dem Arzneimittelun- dem Pharmagroßhändler Phoenix. An der Universität reizt ihn nun das große Ziel, zusammen mit seinem Team die energetische Situation in allen Immo- bilien nach und nach zu verbessern – und er will die Chance nutzen, Neues auszuprobieren. Eine seiner Ideen ist ein Lichtleiter: Eine Art Spiegel an der Meister Lampe Gerd Bergmann sorgt mit seinem Team dafür, dass die Universität bei der Beleuchtung Energie und Geld spart menschen von Anita Rüffer Deine Flügel existieren schon, du Khourys Wohnung zieren solche Weis- heiten zuhauf die Wände. Daneben hängen Fotos: junge Erwachsene, alte Menschen, Kinder, auch ein Bild von James Foley, dem von Schergen der Terrormiliz Islamischer Staat enthaup- teten Journalisten. Foley sei der beste Freund ihres besten Freundes Mustafa gewesen. Für sie alle, auch für die Freiburger Psychologiestudentin Dunja Khoury, haben die Sprüche existenziel- le Bedeutung gewonnen: Worte als Bar- rieren gegen das Grauen, Worte für die Menschenwürde. Mit all diesen „groß- artigen Menschen“, die sie als „mutig, stark, bedingungslos“ erlebt hat, umgibt sich Khoury – in der Hoffnung, dass auch sie in schweren Zeiten etwas von deren Zuversicht tragen wird. Doch sie sieht nicht so aus, als würde sie einmal den Mut verlieren. weiß-grün gestreifte syrische Natio- nalflagge mit den drei roten Sternen, wie sie bis zur Machtergreifung durch Bashar al-Assad und die Baath-Partei in Gebrauch war und die dann zum Symbol der Revolution wurde. Aber Khoury ist keine politische Aktivistin, sondern in humanitärer Mission unter- wegs. Mit dem Verein „Barada Syrien- hilfe e.V.“, den ihre aus Syrien stam- mende Familie gegründet hat, leistet sie in Flüchtlingslagern und einem Re- hazentrum im Grenzgebiet zwischen Syrien und der Türkei menschlichen und psychologischen Beistand: Kindern, deren Schulen von Bomben zerstört wurden; Männern und Frauen, die ohne sind. Die Freiburger Studentin hat sich ihre Geschichten erzählen lassen, als sie Anfang 2013 zum ersten Mal für ein achtwöchiges Praktikum in das Grenz- gebiet reiste, in dem mittlerweile 30.000 Flüchtlinge leben. „Warum hilft uns nie- mand?“, sei sie immer wieder gefragt worden. „Habt ihr uns vergessen?“ Sie ist froh, dass sie am Psychologischen Institut der Universität einen Betreuer für dieses ungewöhnliche Praktikum gefunden hat. Reise an die Grenze Penibel achtet die Studentin darauf, Worte wie „Bürgerkrieg“ und „Bürger- kriegsopfer“ zu vermeiden. „Das verhin- dert jede Empathie.“ Es könne zu dem Fehlschluss verleiten, die Menschen bekriegten sich gegenseitig und seien an ihrem Unglück selbst schuld. „Aber das sind unbewaffnete Zivilistinnen und Zivilisten, deren Zuhause von Bomben zerstört wurde.“ Für Khoury sind diese Menschen mehr als nur eine Zahl in der Statistik, die bereits mehr als 300.000 Tote und acht Millionen Flüchtlinge ver- zeichnet. Nachdem sie im September zum fünften Mal „an der Grenze“ ge- wesen ist, würde sie am liebsten mit allen Kontakt halten, die sie dort ken- nengelernt hat. „Ich möchte gerne wis- sen, dass sie in Sicherheit sind.“ Sie hat ihnen zugehört und mit den Kindern und Jugendlichen gemalt, damit das, was nicht in Worte zu fassen ist, nach außen dringen kann und sie ruhiger werden. Aus einem Papierstapel, der in ihrer Wohnung heraus: Sie zeigen Panzer oder Bomben, die aus einem Flugzeug auf Menschen fallen. Wenn die Studentin sehr bedrückt ist, greift sie selbst zu Farbe und Pinsel. „Freedom“ hat sie in großen weißen Let- tern auf die orangefarbene Wand ihres „Ateliers“ gepinselt. Von Freiheit habe auch vor Ausbruch nen, sagt Khoury und erinnert sich an zahlreiche Verwandtenbesuche in Sy- rien mit ihren Eltern und den zwei Brü- dern. „Die Wände haben Ohren“ – so sei die Familie vor regimekritischen Äu- ßerungen gewarnt worden. Khoury ist in einer anderen Welt aufgewachsen: Vor 30 Jahren sind ihre Eltern, beides Medi- ziner, zur Fortbildung nach Deutschland gekommen und geblieben. 1991 wurde Dunja Khoury in Oberfranken geboren. Die Studentin möchte sich auf Trau- matherapie spezialisieren und danach einige Jahre als Therapeutin in Syrien arbeiten. Nach ihrem Bachelorabschluss Ende 2015 möchte sie dort ein Waisen- haus mitgründen. Dafür will sie auch die 2.000 Euro verwenden, die ihr der kürz- lich verliehene Alumni-Preis für soziales Engagement eingebracht hat. Zwei Schulen, die den Namen „Amal“ (Hoffnung) tragen, für mehr als 500 Kinder hat die „Barada Syrienhilfe e.V.“ schon aufgebaut. „Ich bin nie allein“, sagt Khoury mit Blick auf die vielen Frei- willigen, die mithelfen – zum Beispiel die Schülerinnen des Freiburger St.-Ursula- Gymnasiums. Sie haben den Kindern und Jugendlichen Schultaschen, Hefte und Mäppchen geschickt und Briefe hi- neingelegt: „Wir denken an euch. Wir haben euch nicht vergessen.“ Freiheit im Atelier: Dunja Khoury betrachtet Zeichnungen, in denen Kinder und Jugendliche ihre Flüchtlingserfahrung verarbeiten. FOTO: THOMAS KUNZ Worte für die Würde Die Studentin Dunja Khoury leistet syrischen Flüchtlingen menschlichen und psychologischen Beistand Neue Leuchten für die Uni- versität: Gerd Bergmann hat mit seinem Team die Laternen auf dem Außen- gelände mit Energiespar- lampen ausgestattet. FOTO: PATRICK SEEGER Das Projekt DezMon Gerd Bergmann und sein Team unter- stützen das Projekt „Dezentrale mone- täre Anreize zur Energieeinsparung“ (DezMon) des Arbeitskreises Nachhal- tige Universität Freiburg. Es hat zum Ziel, Energie in Universitätsgebäuden effizienter zu nutzen und den Ver- brauch zu reduzieren. Dafür werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter indivi- duell geschult und technische Verbes- serungen eingeführt – zum Beispiel bei gesparten Geldbetrags können die je- weiligen Einrichtungen frei verfügen, etat der Universität zurück. www.nachhaltige.uni-freiburg. de/klimaschutz/dezmon-2010 www.barada-syrienhilfe.de Gebäudefassade soll das Tageslicht sammeln, das dann in durchsichtigen Röhren nach innen gelangt und die Räume erhellt. „Klingt noch nach Fan- tasy, ist aber denkbar.“ Auch in seiner Freizeit bastelt Gerd Bergmann gerne. Sein Haus im Ken- zinger Ortsteil Bombach, das er selbst renoviert, hat er mit vielen kleinen tech- nischen Spielereien ausgestattet. „Aber so, dass es gemütlich ist. Es sieht nicht aus wie im Raumschiff Enterprise.“ Im zusammen mit seiner Lebensgefährtin und einem befreundeten Paar. Zuletzt war die Gruppe in Kambodscha, „nur mit dem Rucksack, Abenteuer pur“. Vielleicht bringt er von seinen Reisen wieder einmal eine Idee mit nach Hau- se, von der seine Wohnung und mög- licherweise die gesamte Universität profitieren: „Im asiatischen Raum ist die Technik oft weiter.“ 052014

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