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uni'leben 05-2014

05 2014 leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 8 Schlicht und einfach „Freude“ lautet dem handschriftlichen Liederbuch. Der Text dürfte einer der bekanntesten aus der Zeit des späten 18. Jahrhunderts sein, noch heute spielt er im kollektiven Bewusstsein und in der öffentlichen Wahrnehmung eine Rolle: Friedrich Schillers „An die Freude“. Vor allem dank Ludwig van Beethovens „Neunter Sinfonie“ erklingt die „Ode an die Freude“ bis in die Gegenwart immer wieder aufs Neue. Im frühen 19. Jahrhundert war das noch anders. Das Gedicht galt als „populär“ – es zirkulierte in gebildeten Kreisen, die sich an dieser Form von Humanität und Freundschaft erfreuten hung des Gefühls „Freude“ interessiert waren. Viele Komponisten vertonten die Ode, etwa Franz Schubert, Carl Friedrich Zelter und Johann Friedrich Reichardt. Das Liederbuch enthält keine Melo- die und auch keinen Verweis, wie das Lied gesungen werden sollte. Aller- dings besteht kein Zweifel daran, dass es zum Singen bestimmt war, denn der Band enthält nur sangbare Texte, also musikalische Lyrik – und zwar mit einem bildungsbürgerlichen, aber auch unterhaltsamen Zuschnitt. Einige der Texte kursierten damals in gedruckter Eine Besonderheit des Bandes – die ihn zu einer wertvollen Rarität macht – sind die farbigen Illustrationen. Bei der „Ode an die Freude“ wird eine Ikono- buchtiteln her vertraut ist: Musizieren- de Engel umgeben eine Sonne oder einen Glorienschein, die Gott symboli- sieren. Der untere Teil des Bildes zeigt eine musizierende Person an einem Clavichord oder einem Tafelklavier sitzend. Auch dies entspricht der er- wähnten Bildkonvention. Ungewöhnlich hingegen sind die beiden Ball spielen- den Kinder auf der linken Seite. Dass das irdische Spiel der Men- lässt sich gut mit Schillers Auffassung vom Menschsein in Verbindung brin- gen: Erst das ästhetische Spiel mache den Menschen wahrhaft human. Die Verknüpfung des Spiels mit der Sphäre des Himmlischen ist allerdings auch traditionell in der Theologie verankert, galt doch speziell die Musik als „prälu- dium vitae aeternae“, als Vorspiel ewi- gen Lebens. Das unterhaltsame, farbig illustrierte Liederbuch gibt damit einen Einblick in die vielschichtige Musik- und Geisteskultur des frühen 19. Jahrhun- derts, in der Bildung, Ästhetik und Ge- selligkeit zu einer Einheit verschmolzen. Freude am Spiel uni’katDas Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Universität Freiburg beherbergt unzählige Schätze – von Schellackplatten und Pop-Singles über Liederbücher und Schlagerhefte bis hin zu Musicalpostern. In einer Serie stellt Dr. Dr. Michael Fischer besondere Exemplare aus den Sammlungen vor. von Claudia Füßler Kein Salz?“, tönt es aus dem Saal. „Kein Salz“, bestätigt Helga Pavan und fasst noch einmal zusammen: die Eier am besten in Größe L, den Zucker so fein wie möglich und beim Unterhe- ben der Kakao-Mehl-Masse ganz vor- sichtig rühren. Wie sie das Schritt für Schritt in der Küche umsetzt, kann das Publikum in einer PowerPoint-Präsen- tation mitverfolgen. Denn das Biskuit für die Schwarzwälder Kirschtorte, die an diesem Abend unter Pavans Hän- den entstehen wird, muss schon ein, zwei Tage vorher gebacken werden. Der Internationale Club (IC) des Stu- dierendenwerks Freiburg-Schwarzwald will nicht nur ausländischen Studie- renden, sondern allen Interessierten zeigen, wie man die traditionelle Torte backt: In der MensaBar an der Rem- partstraße steht Pavan – gelernte Hauswirtschafterin und ausgebildete Dorfhelferin – auf der Bühne und fa- briziert live die Königin aller Torten. Drei Leute aus dem Publikum helfen ihr dabei. Und das Rezept bekommen alle mit auf den Nachhauseweg. „Nach jeder Veranstaltung erhalten wir Feed- back per Mail von Leuten, die sich daheim an die Torte gewagt haben“, erzählt Andreas Vögele vom IC, „und sie schreiben immer: ‚Das ist viel ein- facher, als ich dachte.‘“ Schattenmorellen und Gewürztraminer An diesem Abend assistieren die Spanierin Miriam, der Taiwanese Jong und der Deutsche Lukas der Backchefin. Auch wenn das Biskuit schon fertig ist, gibt es genug zu tun: Der runde Kuchen muss in drei Bö- den geschnitten werden. „Sogar nach so vielen Jahren Erfahrung passiert es mir manchmal, dass ich schief schneide“, erzählt Pavan, die sich stilecht einen Minibollenhut an die Backschürze geheftet hat. Aber alles halb so wild: „Krumme Schnitte lassen sich später gut kaschieren.“ Beherzt greift Miriam zum Messer und zerlegt das Biskuit in drei Teile. Die beiden unteren Böden werden mit Schwarzwälder Kirschwasser be- sprenkelt. Dann kommen die Schattenmorel- len ins Abtropfsieb, und der Saft wird mit Tortenguss angedickt. „Da geht nichts schief“, erklärt Pavan, während Miriam den Saft auf dem Plattenkocher rührt. Zeit für „a shot of Kirschwas- ser“. Jong kippt sein Gläschen hinunter und bekommt für sein anerkennendes „Nicht schlecht“ eine Runde Applaus. Etwa 100 Interessierte sind an diesem Abend gekommen, zum größten Teil Studierende. Aber auch einige ältere Tortenfans tummeln sich in der Mensa- Bar. Den Tortenguss hat Elisabeth Schnäbele besonders kritisch beäugt. Sie backe ihre Schwarzwälder seit Jahrzehnten mit Speisestärke. „Aber gut, schließlich sind wir hier, um uns Tipps von der Fachfrau zu holen“, sagt sie und lacht. Ihr Mann ist mitgekom- men, „weil er am meisten von meinen bestätigend und nimmt einen Schluck von dem eisgekühlten badischen Ge- würztraminer, den der IC in Anlehnung schenkt. „Das hier“, sagt er und zeigt auf sein Glas, „wird die erste Neue- rung bei uns daheim: Der Gewürztra- miner ersetzt ab jetzt den Kaffee.“ Auf der Bühne bringt Miriam inzwi- schen die Kirschen auf den ersten Tortenboden. Damit die Masse spä- ter nicht die Sahne rot färbt, muss am Rand ein Zentimeter frei bleiben. Der zweite Tortenboden kommt auf die Masse, dann geht’s ans Sahne- schlagen. „Damit die Sahne steif wird, muss sie wirklich kalt sein“, sagt Pa- van und holt eine Flasche aus der Kühltasche. Mit Spritzschutz und der höchsten Stufe des Mixers schlägt sie Masse, hält den Behälter hoch und dreht ihn um – nichts läuft raus. La- chend applaudiert das Publikum. Miriam streicht die Sahne auf den zweiten Tortenboden, der dritte kommt als Deckel drauf. Dann heißt es warten – die Torte muss durchziehen. „Ein bisschen Verbund muss sein, sonst schmeckt es nicht“, erklärt die Haus- wirtschafterin. Wer nicht auf die fer- tige Schwarzwälder Kirschtorte war- ten möchte, kann sich an der Theke ein Tortendessert im Partyglas holen. „Super Idee“, sagt eine Studentin, die sich gerade noch ein paar Notizen zum Rezept ins Heft schreibt. „Ich will die Torte zu Weihnachten machen und ein bisschen bei meiner Oma an- geben. Sie ist nämlich die Superbä- ckerin in unserer Familie.“ Königin aus dunklem Biskuit Nach der Pause gibt das Team auf der Bühne Vollgas: Nachdem Jong sich mit dem Mixer vertraut gemacht hat, schaltet er ihn hoch und verwan- delt die zweite Flasche Sahne in eine steife Masse. Damit bestreicht er ge- meinsam mit Lukas die schon fast fertige Torte. Jetzt ist es Helga Pavan, die assistiert und Tipps gibt, wie sich die Masse glatt streichen lässt. Jong stellt sich dabei so gut an, dass er gleich noch mit der Deko beauftragt wird: ein bisschen Sahne aus der Spritztülle, oben- drauf eingelegte Kirschen, Schokostreusel und Kakaopulver. Und fertig ist die Königin der Desserts: dunkles Biskuit, eine fruchtig-süße Kirschfüllung und frische Sahne. Das Prachtstück wird gemeinsam mit zwei anderen Torten, die Helga Pavan am Abend zuvor gebacken hat, an die Gäste verteilt. Auch Elisabeth Schnäbele und ihr Mann holen sich ein Stück. Während er die Torte ver- schlingt, lässt sie sich jeden Bissen auf der Zunge zergehen: „Das hätte ich nicht gedacht, aber mit Torten- guss ist die Kirschmasse fast besser als meine Variante.“ campus www.zpkm.uni-freiburg.de Backe, backe Torte Ausländische Studierende lernen, wie sie das kulinarische Wahrzeichen des Schwarzwalds selbst zubereiten können Studierende aller Nationen Während der Vorlesungszeit bietet der Internationale Club in der MensaBar jeden Donnerstagabend Veranstaltun- gen für Studierende aller Nationen an, unter anderem das International Welcome-Dinner, ein Studierenden- Kochduell und Themenabende zu ein- zelnen Ländern. In jedem Semester gibt es zudem Städtetrips, Wanderun- gen und Sightseeing für Studierende aller Hochschulen. Die Club-Card kostet 2 Euro je Semester und ist im Infoladen des Studierendenwerks sowie an den Service-Points der Freiburger Mensen erhältlich. www.swfr.de/internationales/ der-internationale-club Das Liederbuch enthält Friedrich Schillers Gedicht „An die Freude“. FOTO: THOMAS KUNZ Helga Pavan (links) zeigt, worauf es bei einer echten Schwarzwälder Kirschtorte ankommt. FOTO: SANDRA MEYNDT FOTO: D O N57/FOTO LIA 052014

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