05 2014 leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 9 von Martin Jost Paul Borchert ist nicht der sympa- thischste Ich-Erzähler. Er lebt das Klischee vom Philosophie-Magister, der sich als Taxifahrer durchschlägt. Seine unakademische Karriere hat ihn ein bisschen zynisch gemacht, doch im Herzen ist er Philosoph geblieben. Das Warten auf den nächsten Fahrgast am Bochumer Hauptbahnhof verkürzt er sich mit Nachdenken über die großen Fragen des Lebens: Was ist Wahrheit? phen witzig? Die 31 Kapitel in „Theorie und Taxis“, dem neuen Buch des Slam- Poeten Sebastian 23, sind kurze Ver- suche, solche Fragen zu beantworten. mit Anekdoten aus dem Berufsleben: Betrunkene Fahrgäste oder ein über- müdeter Taxifahrer liefern den besten Nährboden für erkenntnisphilosophi- sche Grundverwirrung. Und wie sich das für ernsthafte Philosophie gehört, sind am Ende jeden Kapitels mehr Fra- gen offen als am Anfang. Viel Plot gibt es nicht. „Theorie und Taxis“ ist weniger ein Roman als ein schriftgewordener Poetry-Slam-Mono- log. Sebastian 23, der in Freiburg Philo- sophie studierte, ist nach mehr als zehn Jahren im Geschäft vielleicht der promi- nenteste Slam-Poet Deutschlands. Die Bühne ist das natürliche Zuhause für ihn und seine Texte. Dem Buch merkt man den Spaß an, den sein Autor an der spontanen Erforschung von Spra- che hat. Auf den ersten Blick hat Paul Borchert einen Hang zu Pointen vom Kaliber „Fly like an Igel“ oder „Ich bin Aber das sind bloß Ausgangspunkte für sprachspielerische Erkundungsrei- sen in die Vieldeutigkeit unter absoluter Ausreizung des Wortwitzpotenzials. Die Form des Mini-Essays erlaubt es Bor- chert, am bisweilen dadaistischen Ende sen und sich in einem neuen Kapitel einer neuen Frage zuzuwenden. Albernheit und Erkenntnis Der Erzähler hat großen Respekt vor den großen menschlichen Fragen. Den bedeutenden Köpfen, die diese Fragen im Laufe der Jahrhunderte stellten, be- gegnet er nicht zwangsläufig mit der gleichen Hochachtung. Manche Philo- sophinnen und Philosophen überzeugen ihn mehr, andere weniger. Das Gleiche gilt für seine Fahrgäste: Manche können ihn nicht einmal von ihrem jeweiligen Ziel überzeugen und landen auf Gleis 4 – auf dass sie vielleicht in München stranden, wo sie nicht für verrückt gehalten werden. Das Leitmotiv des sich im Taxi überge- benden Kunden ist zwar ein bisschen übertrieben, doch es enthüllt den Fa- talismus, mit dem der Taxifahrer jedem Erbrechen begegnet – und unterstreicht Weg zur Erkenntnis auch mit Albernheit Sebastian 23 hat aus „Theorie und Taxis“ inzwischen ein Bühnenprogramm mit dem Titel „Popcorn im Kopfkino“ gemacht, mit dem er deutschlandweit auftritt. Vielleicht kommt der Text erst in dieser „Mischform aus literarischen und performativen Elementen“, die Sebasti- an 23 für die große Stärke des Poetry- Slam-Formats hält, zu seiner ganzen Vollendung. Seine Live-Virtuosität und Bühnenpräsenz dürften Freiburger Slam-Veteranen jedenfalls noch in bes- ter Erinnerung sein: Den ehemaligen Studienort hat Sebastian 23 mit seinem Ich-Erzähler Paul Borchert gemeinsam. von Claudia Füßler Wie kommen Studierende an die passende Literatur zum Hausar- beitsthema? Welche Recherchetech- niken liefern die besten Ergebnisse? Und was genau ist der Unterschied Sammelwerk? Die Antworten auf die- studierende im neuen Online-Tutorial „FreiLern@UB“, das seit Beginn des Wintersemesters 2014/15 über die Lernplattform Ilias erreichbar ist. Dr. Marcus Schröter, Fachreferent für Ge- schichte und Altertumswissenschaften an der Universitätsbibliothek (UB), hat die fächerübergreifende Lerneinheit gemeinsam mit den studentischen Hilfskräften Corinna Höfel und Giuliana Falasca umgesetzt. Die Finanzierung für das Projekt stammt aus dem Inno- vationsfonds der Universität Freiburg. „Die Bibliothek ist eine Einrichtung, mit der alle Studierenden umgehen können müssen“, sagt Schröter, „ganz egal, ob sie eine Hausarbeit, einen wis- senschaftlichen Aufsatz oder ein Refe- rat schreiben.“ Diese Kernkompetenz jeder universitären Ausbildung sollen sie beherrschen, auch ohne spezielle Kurse an der UB besuchen zu müssen. Von vielen Dozierenden bekam Schröter das Feedback, die Literaturangaben in den Hausarbeiten seien mangelhaft. „Die über freie Suchmaschinen im Netz gefundenen Infos reichen nun einmal nicht aus, wenn man wissenschaftlich arbeiten will.“ Vielen Studierenden sei das nicht klar. Ebenso müsse er im- mer wieder auf den wissenschaftlichen Ehrenkodex verweisen: Nicht jede frei verfügbare Information dürfe ohne Quellenangabe verwendet werden. Den Lernerfolg überprüfen „Da Studierende im sechsten Se- mester über ein anderes Vorwissen verfügen als Erstsemester, haben wir das Tutorial so konzipiert, dass man an jeder Stelle einsteigen kann“, er- klärt Falasca. Es ist in sechs Module gegliedert, jedes hat einen anderen Schwerpunkt: „Systematisches Re- cherchieren“ zum Beispiel oder „Ein- führung in die Literaturverarbeitung“. Alle Module sind gleich strukturiert: Es gibt einen Test mit Fragen zum Schwerpunkt des jeweiligen Moduls, damit die Studierenden ihren Stand einschätzen können. Dann folgen die fachlichen Informationen zum Thema, und am Ende steht wieder ein kleiner Wissenstest an, mit dem die Nutzerin- nen und Nutzer ihren Lernerfolg über- prüfen können. Wer bestanden hat, herunterladen. Da das Angebot sich an alle Bache- lorstudierenden richtet, sind bestimmte Informationen eher allgemein gehalten. So gibt es etwa statt einer Empfehlung für eine bestimmte Zitiertechnik viele Beispiele dafür, wie in einer wissen- schaftlichen Arbeit Belege aufgeführt werden können. Welche Variante die Studierenden für die eigene Arbeit wählen, klären sie mit den jeweiligen Lehrenden. „Wir wollen den Studie- renden nicht nur etwas beibringen, sondern auch ihr Interesse an diesem Thema wecken“, betont Falasca. Damit das Tutorial den richtigen Nerv trifft, haben Falasca und Höfel mit Fachreferentinnen und Fachrefe- renten der UB im Vorfeld eine Umfrage unter Bachelorstudierenden gemacht. „Die Ergebnisse zeigen klar, dass den Studierenden gerade hinsichtlich dif- ferenzierter Recherchetechniken noch Kenntnisse fehlen“, sagt Falasca. Schu- lungsbedarf herrsche zudem beim Wis- sensmanagement, beim Umgang mit Literaturverwaltungsprogrammen und in Zitationsfragen. Obwohl FreiLern@ UB schon zur Verfügung steht, tüftelt das Team weiter. „Wir arbeiten noch am Design und erhoffen uns nützliche Rückmeldungen: Was fehlt? Was kön- nen wir verbessern?“, sagt Schröter. Dahinter steht das Ziel, das Angebot für alle Studierenden zu einem unverzicht- baren Online-Tool zu machen. kompass Existenzielle Kalauer Richtig recherchieren: Haben die Studierenden das Tutorial bestanden, FOTO: THOMAS KUNZ „An jeder Stelle einsteigen“ Ein neues Online-Tutorial vermittelt Studierenden das nötige Rüstzeug für wissenschaftliches Arbeiten Im neuen Buch von Sebastian 23 sinniert ein studierter Taxifahrer über philosophische Fragen Sebastian 23: Theorie und Taxis. Auswege aus der Philosophie. Carlsen, 2014. 159 Seiten, 9,99 Euro (inklusive E-Book). www.ub.uni-freiburg.de/tutorials www.igf-studium.de Vom Frühjahr 2015 an können sich Berufstätige aus den Arbeitsfeldern der Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation an der Universität Freiburg und der Hochschule Furtwan- gen berufsbegleitend weiterbilden: Das gemeinsame Angebot „Interdisziplinäre Gesundheitsförderung – Weiterbildung modular“ reagiert mit seinem neuen Ansatz auf den Fachkräftemangel innerhalb der Branche Gesundheits- wesen. Interessierte können sich ab sofort anmelden. „Unser Ziel ist die Ausbildung von Spezialistinnen und Spezialisten in Praxis und Forschung der Gesundheitsförderung“, sagt Prof. Dr. Albert Gollhofer, Leiter des Insti- tuts für Sport und Sportwissenschaft der Universität Freiburg. Die einzelnen Module bieten Plätze für bis zu 20 Teil- nehmerinnen und Teilnehmer und sind berufsbegleitend angelegt: Sie sehen Präsenzwochenenden vor. Wer sich anmelden will, benötigt ein abgeschlos- senes Hochschulstudium oder eine ab- geschlossene Berufsausbildung sowie mindestens ein Jahr Berufserfahrung. Weiterbilden in der Gesundheitsförderung Fit in Freiburg: Ab sofort können sich Interessierte für die neue Weiterbildung anmelden. FOTO: ALEX KOCH www.shop.uni-freiburg.de Neue Produkte im Unishop fergurt, Softshell-Jacke: Der Freiburger Unishop hat sein Sortiment erweitert – insbesondere um Produkte für alle, die mit dem Fahrrad unterwegs sind. Außerdem sind eine blaue Tasse, ein extra kleiner USB-Stick und ein Bioku- gelschreiber zum Angebot hinzugekom- men. Alle Artikel sind im Onlineshop so- wie in den Freiburger Buchhandlungen Rombach und Walthari erhältlich. 052014