06 2013 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 10 von Eva Opitz Die Anweisung „Auf das Dach lo- cken, um dann die Leiter wegzu- ziehen“ klingt, für sich allein betrachtet, hinterhältig. Nicht so, wenn sich die Leserinnen und Leser von dem eme- ritierten Freiburger Sinologieprofessor Harro von Senger in die hohe Kunst der chinesischen Strategeme einfüh- ren lassen. Strategeme sind gleichbe- deutend mit Listen, was im Deutschen einen negativen Unterton hat. Für Chi- nesinnen und Chinesen dagegen ist Listkundigkeit etwas Bewundernswer- tes. Mit einer Einführung, Vertiefung, Veranschaulichung und am Ende einer Einordnung der 36 Strategeme bereitet der Autor den westlich geprägten Leser vor: Gerade die Globalisierung sei für Europäerinnen und Europäer ein Grund, sich mit Strategemen zu beschäftigen und den Umgang mit ihnen zu erlernen. Westlichen Geschäftspartnerinnen und -partnern etwa fehle oft das Verständnis dafür. Salomon und die Bundeskanzlerin Das Buch bietet nicht nur Informati- onen, sondern will auch eine Anleitung für den listigen Umgang sein. Für den listblinden Europäer bindet Senger die einzelnen Strategeme in literarische, kulturelle oder politische Zusammen- hänge ein, was dem Buch zum Teil eine politische Ausrichtung verleiht. Im historischen Zusammenhang prä- sentiert er das Beispiel des biblischen Königs Salomon, der mit einer List die wahre Mutter eines Kindes findet. In der Sprache der Strategeme liefe das unter: „Auf das Gras schlagen, um die Schlangen aufzuscheuchen“ – ein Kniff, der Weisheit mit Klugheit, aber auch mit Provokation verbindet. Als die Atommeiler abgeschaltet wurden, hätte die Bundeskanzlerin Angela Merkel getreu dem Strategem „Auf das Dach locken, um dann die Lei- ter wegzuziehen“ die Schwierigkeiten einer hoffnungslosen Situation schil- dern, aber sofort danach Wege auf- zeigen sollen, wie die Menschen mit großen Anstrengungen für die Energie- wende wieder vom Dach herunterkom- men. Und als der Philosophieprofes- sor Martin Heidegger seiner Studentin Hannah Arendt einen nicht eindeutigen Liebesbrief schrieb, nutzte er – wahr- scheinlich unwissentlich – das Stra- tegem „Das Wasser trüben, um die ihrer klaren Sicht beraubten Fische zu fangen“. Klappt das nicht, bleibt immer noch das Strategem 36: „Rechtzeitiges Weglaufen ist bei sich abzeichnender völliger Aussichtslosigkeit das Beste“. Die Stärke des Buchs liegt in der oft amüsanten, immer wieder überra- schenden und stets informativen Sicht auf die 36 Strategeme der chinesi- schen Sammlung. Nach der Lektüre wird sich kein Europäer als Meister der List bezeichnen können, aber seine Sensibilität für ungewöhnliche Denk- und Taktikstrategien wird geschärft sein. Harro von Senger: Die Klaviatur der 36 Strategeme – In Gegensätzen denken lernen. Carl Hanser Verlag, München 2013. 304 Seiten, 24,90 Euro. kompass von Anita Rüffer Manche brechen schon am Anfang ab, weil sie sich an einer großen Universität verloren fühlen. Andere überfordern die Ansprüche der einzel- nen Fächer oder die Organisation des Studienplans. Es gibt viele Gründe, wa- rum ein Studium oder der Übergang in den Beruf zum unüberwindbaren Hür- denlauf geraten können. Die Universität Freiburg will das mit Unterstützungsan- geboten verhindern: Studienberatung, Tutorate, Informationsbroschüren oder professionelles Coaching. Heike Elisa- beth Kapp hat ein weiteres zu bieten, das alle anderen ergänzt – und dabei noch nicht einmal teuer ist, weil viel Ehrenamt drinsteckt: „Mentoring wur- de lange unterschätzt.“ Das will die Verhaltensbiologin und Organisations- psychologin ändern: Sie koordiniert am Service Center Studium das „Kompe- tenznetzwerk Studierendenmentoring“, das alle Mentoring-Programme für Studierende der Universität Freiburg zentral unterstützt. Kapp ist von der Wirksamkeit per- sönlicher Beziehungen zwischen Men- torinnen und Mentoren und den von ihnen begleiteten Mentees überzeugt. „Menschen geben sich gegenseitig Impulse. Beide Parteien profitieren von dem Angebot.“ Der Kontakt lasse die Mentees aufblühen, die Mentoren könnten sich ein wenig als Expertinnen und Experten fühlen und ihre Verbun- denheit mit dem eigenen Fach stärken. Einige Fakultäten, etwa die theologi- sche oder die rechtswissenschaftliche, planen derzeit Programme, bei denen die Mentees eine Ansprechperson aus dem Berufsleben zur Seite gestellt bekommen. Die meisten Tandems oder Kleingruppen bestehen zurzeit aber aus jüngeren und älteren Studie- renden, die oft Rollenvorbilder sein können: Beide Parteien sind etwa im selben Alter und haben ähnliche Inte- ressen, aber die Mentoren sind schon um ein paar Erfahrungen reicher. Weder Kaffeeklatsch noch Nachhilfestunde Die Koordinatorin achtet darauf, dass das freiwillige Mentoring weder zum Kaffeeklatsch noch zur Nachhil- festunde mutiert. „Der Beziehungsauf- bau ist wichtig“, definiert sie ihren Qua- litätsanspruch. Wie oft, wie lange und in welcher Form das Mentoring gelebt wird, vereinbart das Tandem vorher. In Schulungen oder Einzelberatungen bereitet Kapp die Koordinatorinnen und Koordinatoren der Projekte sowie die Mentoren auf deren Aufgaben vor und hilft dabei, Ideen zu entwickeln und umzusetzen. „Wenn die Fakultäten das Mentoring zu ihrer Sache machen, lässt sich viel ausrichten.“ Zu Beginn ist Kapp „bei allen Fakul- täten auf Tournee gegangen“, um für das Angebot zu werben. Das Mento- ring-Rad muss nicht jedes Mal neu er- funden werden: Die Expertin sammelt und verknüpft, was an der Universi- tät an Wissen und Erfahrung bereits vorhanden ist. Und Kapp bringt einen Koffer voll eigener Erfahrungen mit: An der Hochschule Bochum hat sie schon ein Mentoring-Programm ko- ordiniert. Was sie am Freiburger Weg begeistert: Jede Fakultät kann indivi- duelle Konzepte entwickeln und eigene Zielgruppen definieren. „Es wird nicht über alle das gleiche Format gestülpt.“ Zahlreiche Fakultäten halten zum Bei- spiel ein Gruppen-Mentoring für alle Erstsemester für sinnvoll. Ein kurzes, aber intensives Programm soll hel- fen, die Studienanfangsphase durch- zustehen. Im Fach Psychologie soll eine Kombination aus Gruppen- und Tandem-Mentoring vor allem jene 15 Prozent Studierende unterstützen, die schon ein bisschen älter sind, wenn sie ihr Studium beginnen. Die Techni- sche Fakultät hat verschiedene Men- toring-Programme für unterschiedliche Zielgruppen im Blick. Sie möchte zum Beispiel mehr Schülerinnen für ihre Studiengänge gewinnen und Frauen später beim Übergang in den Beruf be- gleiten. An den Fakultäten werden die Programme teilweise von Hilfskräften umgesetzt, die vom Kompetenznetz- werk bezahlt werden. 28 Teilprojekte an allen elf Fakultä- ten unterstützt das Kompetenznetz- werk – mit steigender Tendenz. Den Erfolg in Zahlen zu messen werde Zeit brauchen, sagt Kapp. „Die Erfahrun- gen sind durchweg positiv, und weit mehr als 1.000 Freiburger Studierende konnten bereits vom Mentoring profi- tieren.“ Hürden des Studiums nehmen Das Kompetenznetzwerk Studierendenmentoring unterstützt die Fakultäten dabei, passende Konzepte zu entwickeln und umzusetzen www.mentoring.uni-freiburg.de In Schulungen oder Einzelberatungen bereitet Heike Elisabeth Kapp die Koordinatoren der Projekte sowie die Mentoren auf deren Aufgaben vor. FOTO: SANDRA MEYNDT Aufs Dach locken, das Wasser trüben, rechtzeitig weglaufen Der Sinologe Harro von Senger präsentiert eine Einführung in die Klaviatur der chinesischen List kulturelle oder politische Zusammen- „Auf das Dach locken, um dann die Lei- ter wegzuziehen“ die Schwierigkeiten einer hoffnungslosen Situation schil- dern, aber sofort danach Wege auf- zeigen sollen, wie die Menschen mit großen Anstrengungen für die Energie- wende wieder vom Dach herunterkom- men. Und als der Philosophieprofes- sor Martin Heidegger seiner Studentin Hannah Arendt einen nicht eindeutigen Liebesbrief schrieb, nutzte er – wahr- scheinlich unwissentlich – das Stra- tegem „Das Wasser trüben, um die fangen“. Klappt das nicht, bleibt immer noch das Strategem 36: „Rechtzeitiges Weglaufen ist bei sich abzeichnender völliger Aussichtslosigkeit das Beste“. oft amüsanten, immer wieder überra- schenden und stets informativen Sicht Mit einem Elektroauto und Energie- sparlampen engagiert sich die Uni- versität Freiburg für eine nachhaltige Energiebilanz. Die Mitarbeiter des Technischen Gebäudemanagements stellen sämtliche Laternen auf dem Außengelände der Universität Frei- burg auf neue Leuchtmittel um. Diese sind ebenso hell wie die zuvor ver- wendeten Lampen, verbrauchen aber nur etwa ein Fünftel so viel Energie und haben eine längere Lebensdauer. Somit fallen deutlich geringere Kos- ten für Strom und Wartung an. Zudem sollen in zahlreichen Innenräumen Röhren mit energiesparenden LED- Leuchtmitteln zum Einsatz kommen, so zum Beispiel in den Hallen des Instituts für Sport und Sportwissen- schaft sowie bei etwa 1.250 Lampen an der Technischen Fakultät. Des Weiteren können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zentralen Univer- sitätsverwaltung statt der mit Benzin und Diesel betriebenen Dienstautos nun einen Elektro-Smart für Dienst- fahrten innerhalb der Stadt nutzen und so dazu beitragen, den Kohlen- stoffdioxid-Ausstoß der Universität zu verringern. Energie sparen, Umwelt schützen www.nachhaltige.uni-freiburg.de Austauschprogramm: Markus Groß (oben) und Uwe Schmidtke vom Tech- nischen Gebäudedienst wechseln die Leuchtmittel der Laternen auf dem Außengelände aus. FOTO: PATRICK SEEGER Die Albert-Ludwigs-Universität hat ihre neue Kindertagesstätte (Kita) „Murmelgarten“ eröffnet. Sie bietet in modernen Räumen 40 Betreu- ungsplätze für Kinder im Alter von bis zu drei Jahren. Träger ist die Fa- milienservice gGmbH, die 2011 als gemeinnützige Tochtergesellschaft der Universität gegründet wurde und derzeit vier Kitas betreibt. Zudem gibt es eine fünfte Universitäts-Kita, de- ren Trägerschaft das Jugendhilfswerk übernommen hat. Die neue Einrich- tung befindet sich im Stadtteil Her- dern, nahe dem Institutsviertel, der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen, der Fakultät für Biolo- gie und dem Rektorat. Die Plätze gehen in erster Linie an Kinder von Mitgliedern der Universität und des Universitätsklinikums sowie von Be- schäftigten anderer Hochschulen und wissenschaftlicher Einrichtungen in Freiburg. Neue Kita „Murmelgarten“ in Betrieb genommen