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uni'leben 06-2013

06 2013 unı leben Die Zeitung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg www.leben.uni-freiburg.de 9campus von Isabell Wiedle Wie stellen sich Mädchen das per- fekte Date vor? Haben Jungs Angst vorm ersten Mal? Nicht immer haben Eltern oder der Sexualkundeun- terricht in der Schule passende Antwor- ten auf die Fragen von Jugendlichen parat. Um die sexuelle Aufklärung an Schulen zu unterstützen und zu ergän- zen, starteten Freiburger Medizinstudie- rende 2001 nach schwedischem Vorbild das Projekt „Mit Sicherheit verliebt“. In- zwischen ist es Teil der Arbeitsgruppe „Sexualität und Prävention“ der Bundes- vertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd). Studierende, die sich für „Mit Sicherheit verliebt“ enga- gieren, besuchen Schülerinnen und Schüler der Klassen sechs bis neun al- ler Schulformen und sprechen mit ihnen einen Vormittag lang über Themen rund um Sexualität, Geschlechtskrankheiten, Homosexualität und Beziehungen. Der Förderverein Alumni Freiburg würdigte die ehrenamtliche Arbeit 2013 mit dem „Alumni-Preis für soziales Engagement“, der mit 500 Euro dotiert ist. „Wir versuchen, den Schülern einen verantwortungsvollen Umgang mit dem eigenen Körper und der eigenen Se- xualität näherzubringen“, sagt Solveig Mosthaf. Die Medizinstudentin leitet die Freiburger Niederlassung des Pro- jekts – in ganz Deutschland gibt es 27 Lokalprojekte. Statt auf Frontalunter- richt setzt „Mit Sicherheit verliebt“ auf Peer Education, einen sozialpädago- gischen Ansatz, bei dem ein gleichbe- rechtigter Dialog zwischen Studieren- den und Schülern entsteht. Dank dem geringen Altersunterschied herrsche eine lockere Atmosphäre, in der sich die Schüler trauten, offen über Sex zu reden. „In der Regel gehen wir zu viert in die Klasse: zwei Männer und zwei Frauen. Wir beginnen in der großen Gruppe und gehen zunächst die Ana- tomie der Geschlechtsorgane durch“, erklärt die Medizinstudentin Amelie Leva, die die Schulbesuche koordi- niert. „Später teilen wir die Klasse in Jungen und Mädchen auf und arbeiten in Kleingruppen weiter.“ Die Studierenden können auf ein vielfältiges Repertoire an Methoden aus der Sexualpädagogik zurückgrei- fen. Da gibt es beispielsweise die „Becher-Methode“, mit der die mögli- chen Folgen von ungeschütztem Ge- schlechtsverkehr demonstriert wer- den: Alle Schüler bekommen einen mit Wasser gefüllten Becher. Einer davon enthält Salzwasser. Jedes Aufeinan- dertreffen zweier Schüler steht für Sex, und die beiden mischen den Inhalt ih- rer Becher. Am Ende der Übung neh- men alle einen Schluck aus ihrem Be- cher. „Die Erkenntnis, dass man zum Beispiel nur mit drei Menschen ‚Sex‘ hatte und das Wasser dennoch salzig schmeckt, erschreckt viele und öffnet ihnen die Augen“, sagt Leva. Die Studierenden behandeln auch das Thema Pornografie, die für Min- derjährige immer leichter zugänglich wird. Dem Team ist es wichtig, den Schülern ein Bewusstsein dafür zu vermitteln, dass Pornofilme und deren Darstellerinnen und Darsteller nicht die Realität im Sinne einer privaten Sexualität zeigen. Workshops zur Weiterbildung Die Rückmeldungen vonseiten der Schüler und Eltern seien positiv, be- richten die Studentinnen. Das gilt auch für die seit 2013 bestehende Koope- ration mit der Freiburger Staudinger Gesamtschule: Ab sofort besucht das Team alle achten Klassen eines Jahrgangs. Dennoch sieht sich „Mit Sicherheit verliebt“ auch vor Proble- men – zum Beispiel bei der Arbeit mit streng religiösen Schülern, die sich mit der Thematik zum Teil nicht auseinan- dersetzen möchten oder aufgrund ih- res Glaubens Fragen haben, die ihnen die Studierenden nicht beantworten können. Über Probleme wie diese tauschen sich die Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter der Lokalprojekte bei gemeinsa- men Ausbildungsworkshops und den regelmäßigen bvmd-Mitgliederver- sammlungen aus und entwickeln das Programm und die Methoden weiter. „Leider herrscht bei uns akuter Män- nermangel“, betont Mosthaf. „Es wäre auch schön, wenn sich mehr Leute aus anderen Fächern an dem Projekt beteiligen würden. Bei uns sind alle herzlich willkommen.“ Das Sex-Einmaleins Mit dem Projekt „Mit Sicherheit verliebt“ engagieren sich Freiburger Studierende für die Sexualaufklärung von Schülern www.sicher-verliebt.de www.ofamed.de/msv.htm von Julia Rosche Etwas war anders als erwartet. Das merkte die Gruppe aus Freiburg schnell. „Wir befanden uns in einem sehr armen Viertel. Natürlich ist uns das auch in der Schule aufgefallen, schon an der Kleidung der Kinder“, erinnert sich der Germanist Dr. Göz Kaufmann. Vor drei Jahren war er mit den Romanisten Prof. Dr. Daniel Ja- cob, Dr. Claus Pusch und 26 Studie- renden der Albert-Ludwigs-Universität auf Exkursion in Südamerika, um die Situation deutschsprachiger Einwan- derinnen und Einwanderer sowie die portugiesisch-spanische Sprachgren- ze zu untersuchen. In São Borja, ei- ner Stadt im Süden Brasiliens an der Grenze zu Argentinien, besuchte die Gruppe eine Schule, die ein bilingu- ales Sprachprogramm anbietet. Das sei der emotionale Höhepunkt der ge- samten Exkursion gewesen, sagt der Forscher. „Die Armut war offensichtlich“, er- zählt Kaufmann. „Manche Kinder hatten nicht einmal Schuhe.“ Bei ihrem Besuch berichteten die Freibur- ger Studierenden den Schülerinnen und Schülern vom Leben in Europa. Danach erzählten die Kinder, alle im Grundschulalter, aus ihrem Alltag. Die Gegensätze hätten nicht größer sein können, findet Laura Schmid, die an der Exkursion teilnahm. Auch die Schicksale der Lehrerinnen hin- terließen Spuren. „Sie verdienen we- nig Geld und stehen unter enormem Druck, sind aber wahnsinnig engagiert, und das nicht nur in der Schule“, sagt Kaufmann. „Die Lehrerinnen kennen die Familien und deren soziale Pro- bleme. Mit ihrer Arbeit versuchen sie, die Gemeinschaft zu unterstützen und zu stärken, indem sie beispielsweise Alphabetisierungskurse für Erwachse- ne anbieten.“ Neuer Raum für den brasilianisch- argentinischen Austausch Die Gruppe beschloss noch am selben Tag, der Schule Geld zu spenden. „Wir wurden so freundlich begrüßt und wollten uns bedanken“, sagt Schmid. „Bei der Übergabe wein- te die Direktorin vor Freude.“ Wieder in Deutschland angekommen, orga- nisierten die Studierenden einen Ku- chenverkauf und nahmen damit 600 Euro ein, die Kaufmann nach Brasi- lien überwies. Im Sommer 2013 be- suchte er zusammen mit Schmid die Schule erneut. Die beiden stellten fest, dass die Hilfe angekommen ist: Von dem Geld hat die Schule einen multikulturellen Raum eingerichtet. „Die Schüler können sich dort mit der argentinischen Kultur auseinander- setzen“, sagt Kaufmann. Der Raum dient unter anderem dem brasilia- nisch-argentinischen Austausch, und auch der bilinguale Sprachunterricht findet darin statt. An einem Computer und in einer kleinen Bibliothek kön- nen die Schüler zudem selbstständig recherchieren und lernen. Kaufmann und Schmid wollen der Schule weiterhin mit Spenden helfen. „Es wäre schön, wenn eine längerfris- tige Partnerschaft entstünde“, sagt der Sprachwissenschaftler. Wie es weiter- geht, ist aber unklar. „Wir wollen noch mal Kuchen verkaufen und freuen uns über alle, die sich engagieren möchten und weitere Ideen haben“, ergänzt die Studentin. „Die Schule ist ein sicherer Ort, den alle im Viertel respektieren. Daher ist es umso wichtiger, dass wir sie unterstützen.“ Kuchen verkaufen, Geld spenden Der Sprachwissenschaftler Göz Kaufmann hilft gemeinsam mit Studierenden der Universität Freiburg einer Schule in Brasilien Die Kinder der Schule in São Borja haben dank der Hilfe des Freiburger Teams nun einen multikulturellen Raum, einen Computer und eine kleine Bibliothek. FOTO: PRIVAT Locker informieren: Dank dem geringen Altersunterschied zwischen Studierenden und Schülern herrscht eine offene Atmosphäre. FOTO: SANDRA MEYNDT

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