es schlau, von Anfang an nach den weltweit füh- renden Konfuziusexperten Ausschau zu halten und diese mit ins Boot zu holen“, erklärt Joas, wie das neue Buch, das bei Harvard University Press erscheint, entstanden ist. Joas hat noch einige Töpfe auf dem Herd. Was genau im nächsten oder übernächsten köcheln wird? Derzeit bereitet er eine Reihe von sechs Vorträgen über das Verhältnis von Religions- geschichte und Religionskritik vor. „Manchmal grabe ich mich durch eine Arbeit, ein Projekt, und stelle fest, dass diese Mine sehr ertragreich ist. Während des Grabens aber habe ich gesehen, dass es einen Nebenstollen gibt, der sehr span- nend aussieht. Das merke ich mir und gehe dann noch einmal dorthin zurück. So erkenne ich rückblickend eine Kontinuität, die ich niemals so hätte vorhersagen können.“ Ob Joas auf Nebenstollen trifft und wie vielversprechend sie sind, weiß er im Vorfeld kaum. Doch genau das ist das kreative Überraschungsmoment der Wissenschaft, das er liebt und das er in einem früheren Buch über die Kreativität des mensch lichen Handelns näher zu bestimmen versucht hat. herausgibt. Den Begriff „Achsenzeit“ hat der Philo- soph Prof. Dr. Karl Jaspers 1949 geprägt; darunter wird die Zeit zwischen 800 und 200 vor Christus verstanden. Damals hat sich die Vorstellung von Transzendenz entwickelt: Gott oder die Götter wurden außerhalb alles Weltlichen verortet. „Das war ein historischer Schub“, sagt Joas. „Bis dato konnte politische Macht als heilig empfunden werden. Die Transzendenzvorstellung jedoch ließ auf einmal erkennen: Der Herrscher ist ja ein Mensch wie ich, er kann höchstens von den Göttern eingesetzt worden, nicht aber selbst gött- lich sein.“ Joas ist der Frage nachgegangen, wer schon vor Jaspers gedacht hat, dass es ein bedeutender Schritt für die menschliche Entwick- lung gewesen sei, als sich Religion und Politik ein erstes Mal voneinander lösten, und welche neuen Verknüpfungen danach entstanden. Zusammenarbeit mit weltweit führenden Experten Noch wichtiger aber als die historische Einord- nung der Idee sind die Fälle selbst: Wann sind wo auf der Welt in welcher Gesellschaft solche Wand- lungsprozesse vor sich gegangen? Und – hier schließt sich wieder einer von vielen Kreisen, die Joas’ Arbeit durchziehen – inwieweit wird das Verständnis von Menschenwürde von den achsen- zeitlichen Veränderungen beeinflusst? Um diese Fragen beantworten zu können, haben Joas und Bellah die Hilfe vieler Expertinnen und Experten in Anspruch genommen. Um selbst herauszu finden, ob zum Beispiel Konfuzius eine Quelle der Entsakralisierung politischer Macht war, müsste man viele Texte lesen, die hauptsächlich auf Chinesisch verfasst worden sind. „Und dann macht man sich wahrscheinlich trotzdem lächer- lich, weil man Wichtiges übersehen hat oder es in der Übersetzung verloren gegangen ist. Daher ist War Konfuzius eine Quelle der Entsakralisierung politischer Macht? Um solche Fragen zu beantworten, arbeitet Hans Joas mit weltweit führenden Experten zusammen. Foto: Increa/Fotolia Prof. Dr. Hans Joas ist bis zum Frühjahr 2014 Permanent Fellow am Frei- burg Institute for Advanced Studies (FRIAS). Der Sozio- loge hat unter anderem an der Freien Universität Berlin studiert und wurde dort auch habilitiert. Von 1987 bis 1990 war er Professor an der Universität Erlangen- Nürnberg, dann wurde er an das John-F.-Kennedy- Institut für Nordamerika studien und das Institut für Soziologie der Freien Uni- versität Berlin berufen, wo er bis 2002 blieb. Im Anschluss ging er als Max- Weber-Professor nach Erfurt und leitete dort bis März 2011 das Max-Weber- Kolleg für kultur- und sozial- wissenschaftliche Studien. Neben seiner Arbeit am FRIAS führt er seine Gast- professur an der University of Chicago/USA weiter, die er seit 2000 innehat. Zu Joas’ Forschungs schwerpunkten gehören die historisch orientierte Religionssoziologie, die Soziologie von Krieg und Gewalt sowie die Sozial philosophie. Zum Weiterlesen Bellah, R. N. (2011): Religion in human evo lution. From the paleolithic to the axial Age. Cambridge/USA. Taylor, Charles (2009): Ein säkulares Zeitalter. Frankfurt/Main. Joas, Hans (1997): Die Entstehung der Werte. Frankfurt/Main. 27