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uni'wissen 01-2013

sich nehmen, um bei diesen Wehren anzufan­ gen“, so Hochbruck. Die Medien und einzelne Werke wie Fernsehserien und Romane prägen die Sichtweise bis heute. Der Film „Backdraft“ von 1991, der in Chicago spielt und im Deut­ schen den Untertitel „Männer, die durchs Feuer gehen“ trägt, hat noch immer enormen Einfluss. Alle befragten Rekrutinnen und Rekruten kann­ ten ihn, die Mitglieder mancher Wachen sehen sich ihn regelmäßig gemeinsam an. Doch nicht in allen Regionen ist das Heldenbild derart stark ausgeprägt. „Im Nordwesten beispielsweise gibt es mehr Waldbrände als Feuer in Gebäuden. Deshalb ist die Brandbekämpfung dort anders strukturiert.“ Im ländlichen Süden hätten die Fire Departments einen schwereren Stand und ein geringeres Ansehen, da sie erst später ent­ standen sind und mit personellen Problemen kämpfen. Stärkere Freiwilligenkultur in Deutschland Die amerikanischen Freiwilligen Feuerweh­ ren leiden unter einem Mitgliederschwund: Viele wurden mit anderen Departments zusammen­ gelegt, in Berufsfeuerwehren umstrukturiert oder aufgelöst. Ursprünglich bildete das Kon­ zept der „fameworthiness“ die Grundlage für bürgerschaftliches Engagement: Wer sich ehrenamtlich engagiert, wird anerkannt und wertgeschätzt, erwartet aber keinen finanziellen Vorteil. Dieses Konzept hat an Bedeutung verloren, stellt der Wissenschaftler fest. Den Wehren strömen noch immer neue Rekruten zu, doch diese erhoffen sich von ihrem Einsatz die Aussicht auf eine spätere Festanstellung bei einer Berufsfeuerwehr. Wenn ihnen keine Stelle angeboten wird, verlassen sie die ehrenamt­ lichen Rettungskräfte oft wieder. Bekommen sie eine solche Stelle, hat die Freiwillige Feuer­ wehr sie ebenfalls verloren. In Deutschland gibt es hingegen noch eine stärkere Kultur der Freiwilligkeit. Doch auch hier hat sich Hoch­ bruck zufolge der Ehrenamtsbegriff gewandelt und erfasst die Feuerwehr nicht mehr ausrei­ chend. Freiwillige Arbeitskräfte im Rettungswesen müssen vieles in Kauf nehmen, zum Beispiel ständige Bereitschaft und unvorhersehbare Arbeitszeiten. Deshalb plädiert Hochbruck dafür, ein solches Ehrenamt auch sprachlich von anderen zu unterscheiden und den Begriff neu zu definieren. Prof. Dr. Wolfgang Hochbruck hat Deutsch, Englisch und Geschichte in Freiburg, Kanada und den USA studiert. 1990 wurde er an der Albert­Ludwigs­ Universität Freiburg promo­ viert, 2001 in Stuttgart habilitiert. Danach war er Professor an der Techni­ schen Universität Braun­ schweig. 2003 kehrte er an die Universität Freiburg zu­ rück, wo er seitdem eine Professur für Nordameri­ kastudien am Englischen Seminar innehat. Er ist Studiendekan der Philolo­ gischen Fakultät, Direktor des Master­Programms „British and North American Cultural Studies“, Mitglied des Centre for Security and Society der Universität Freiburg sowie zweiter Vorsitzender des Carl­ Schurz­Hauses (Deutsch­ Amerikanisches Institut Freiburg e.V.). Seit elf Jahren gehört er Freiwilligen Feuerwehren an. Foto: Rudi Oswald Zum Weiterlesen Hochbruck, W. (2013): „Rescue Me“: Das FDNY zehn Jahre nach 9­11. In: Hennigfeld, U./Packard, S. (Hrsg.) (2013): Abschied von 9/11? Distanznahmen zur Katastrophe. Berlin, S. 153 –172. Hochbruck, W. (im Druck): Feuerwehr ist kein Ehrenamt. In: Jenki, M./Ellebrecht, N./Kauf­ mann, S. (Hrsg.): Organisationen und Exper­ ten des Notfalls. Zum Wandel von Technik und Kultur bei Feuerwehr und Rettungsdiens­ ten. Berlin. Hochbruck, W. (2007): Flashover! The fire­ fighter as one of American melodrama’s favorites. In: Mayer, R./Kelleter, F./Krah, B. (Hrsg.) (2007): Melodrama! The mode of ex­ cess from early America to Hollywood. Heidel­ berg, S. 73–94 (= American Studies 145). In kapitalistischen Gesellschaften verschwinde die Grundlage für soziales Verhalten, das auf Uneigennützigkeit basiert. Sie seien posthero­ isch: Es gebe zwar noch heldenhaftes Verhalten, aber dieses sei nicht mehr Bestandteil des Gesellschaftsvertrages. Stattdessen stünden der individuelle Profit und der ökonomische Vorteil im Vordergrund. Umso wichtiger sei daher die Feuerwehr als potenziell demokratisierendes Element in einer Gesellschaft. Sie ist Hochbruck zufolge ein System, in dem die Führungsrolle ausgehandelt werden muss. Für gewöhnlich erteilt eine Person die Befehle, doch die Gruppen­ führerin oder der Gruppenführer muss sich den anderen Mitgliedern gegenüber im Einsatz be­ währen. Insofern herrscht keine uneingeschränkte Hierarchie. Zudem ist die Feuerwehr ein anschauliches Beispiel dafür, wie demokra­ tisches Miteinander und gruppenorientierte Teamarbeit funktionieren. Dadurch ergeben sich wichtige Lerneffekte: „Im Einsatz darf es nicht darauf ankommen, mit wem ich es zu tun habe und ob ich jemanden persönlich leiden kann“, so Hochbruck. „Und diese Einstellung ist auf die Gesellschaft übertragbar.“ ‚‚Im Einsatz darf es nicht darauf ankommen, mit wem ich es zu tun habe und ob ich jemanden persönlich leiden kann“ 23

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