Eine „Fallschirmspringerin“ wollte sie nie werden – diese Art von Journalis- tin, die irgendwo landet, ein paar Bilder in den Kasten haut und wieder ver- schwindet. Prof. Dr. Sabine Rollberg will tiefer graben. „Ich werde für lebenslanges für mich ein neues Universum.“ Seit etwa 40 Jahren ist sie im Geschäft. Ihre Arbeit bezeichnet sie als „Brücken bauen zwi- schen den Kulturen“ – zum Beispiel als Moderatorin, Auslandskorrespondentin in New York und Paris, Autorin und Redakteurin zahlloser Fernsehfilme und als Chefin des Kultursenders Arte. Das Handwerk lernte sie früh. Als Stu- dentin schrieb Rollberg Artikel für Zeitun- gen und lieferte Radiobeiträge. In den 1970er Jahren jobbte sie im Bonner WDR- Studio und volontierte dann beim WDR. Einen Schlüssel zu ihrem späteren Beruf fand sie allerdings an der Universität Frei- burg: „Die Ethnologie eröffnete mir den Zugang zu den Menschen, daraus habe ich viel Honig gesogen. Wer sich mit den Denkweisen dieser Wissenschaft be- schäftigt, begegnet der Welt aufgeschlos- sener – es ist eine andere Art zu ticken.“ Dabei hätte sie auch andere Karriere- wege einschlagen können: Als Kind ei- ner Solotänzerin und eines Schauspie- lers sprach sie seit dem sechsten Lebensjahr in Hörspielen, auch in ale- mannischer Mundart, und stand später auf der Bühne. Nach dem Abitur legte sie eine Pause ein, jobbte vier Monate in Korsika, reiste mit einem 99-Dollar- Ticket mit dem Bus 99 Tage durch die USA. „Das hört sich nach einem Lotter- leben an“, sagt Rollberg und lacht. Sesshaftsein erfordert Sitzfleisch Tatsächlich bereitete sie sich auf die „moderne Welt“ vor: Während der Aus- landsaufenthalte lernte sie Französisch und Englisch; aus der Schulzeit brachte sie die alten Sprachen Griechisch und Latein mit. Ihr Studium der Geschichte, Germanis- tik und Politikwissenschaft – Ethnologie war ein freiwilliges Vergnügen – schloss sie mit dem Magister-, dem Staatsexamen und schließlich mit einer Promotion über Zeitschriften im Nachkriegsdeutschland Ende der 1940er Jahre ab. In der Wissen- schaft wollte sie aber nicht bleiben: „Dafür an einem Ort zu verharren gehört nicht zu Rollbergs Talenten. „Ich wundere mich, wie sesshaft ich nach der Geburt meiner Tochter geworden bin.“ Sesshaft: Das sind knapp 16 Jahre in Köln. Beim WDR verantwortet die 61-Jäh- rige nun das Programm für Arte, einen Sender, der für Qualität und Inhalt stehe. Außerdem unterrichtet sie als Professo- rin für künstlerische Fernsehformate an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Manchmal würde sie gerne den Schreib- tisch verlassen und die Filmemacherin- nen und Filmemacher auf ihren Reisen begleiten, Leute interviewen, Drehorte suchen. Die erfüllendsten Momente ihrer Karriere erlebte Rollberg bei solchen Einsätzen – etwa als sie jedes Wochen- ende Essen an Pariser Obdachlose ver- teilte und einen Film darüber drehte. Ein Beitrag, mit dem die Idee der „Tafel“ nach Deutschland gelangt sei. Lange wird es die Journalistin übri- gens nicht mehr in Köln halten. In ein paar Jahren geht sie in Rente. Es zieht sie in die Heimat, wo ihre 97-jährige Mutter wohnt, wo die Wiesen im Som- mer frischer duften als anderswo und wo die 558-jährige Alma Mater steht. Die will sie wieder besuchen, vielleicht ein Studium der Kunstgeschichte auf- nehmen. „Ich werde eine von diesen äl- teren Damen sein, die den Studierenden die besten Plätze im Hörsaal weg- schnappen und furchtbar viele Fragen stellen.“ Verharren, das sollen andere. Rimma Gerenstein Lebenslanges Lernen: Sabine Rollberg gehört zum Beirat des University College Freiburg, das unter anderem den Bachelor of Liberal Arts and Sciences anbietet – ein Studiengang, den auch sie reizvoll findet. Foto: Sandra Meyndt PORTRÄT „Eine andere Art zu ticken“ Die Journalistin Sabine Rollberg will Brücken zwischen den Kulturen bauen 10