Hannah Arendt, John Keating und Herr Sylvester NACHGEFRAGT Isabell Wiedle hat Filminteressierte gefragt, welches Werk sie mit der Albert-Ludwigs-Universität verbinden. Dr. Franz Leithold, Universitätsbibliothek, Leiter des Medienzentrums und Bibliotheksdirektor: „Ich verbinde mit der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg den Film ‚Herr Sylvester stellt Erwägun- gen an‘. Das ist ein nicht sehr bekannter, aber sehr origineller Film, den der aka-Filmclub 1959 selbst produzierte. Er dauert etwa 17 Minuten und handelt von Herrn Sylvester, einem Studenten, der mor- gens aufsteht und sich nicht entscheiden kann. Er weiß nicht, was er anziehen soll. Er weiß nicht, Film auch deswegen so gut, weil die Hauptrolle von der Freiburger Lokalgröße Heinz Meier gespielt wurde, einem 2013 verstorbenen Schauspieler, den ich sehr schätze. Meier studierte an der Univer- sität Freiburg und leitete von 1957 bis 2003 das Freiburger Wallgraben-Theater. Bundesweit wurde er schließlich bekannt, weil er in vielen Sketchen von Loriot mitwirkte.“ Eva Schauerte, hilfswissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medienkulturwissenschaft: „Spontan kommt mir da ‚Der Club der toten Dichter‘ in den Sinn. Das liegt zunächst an der ehr- würdigen Architektur unserer alten Kollegiengebäude und dem gelegentlichen Nebel über Freiburg, die mich an das Setting dieses Films erinnern. Außerdem spielt im Film Traditionsbewusstsein eine große Rolle. Während das im Film eher negativ konnotiert ist, fasziniert mich an der Universität Freiburg gerade die Bereitschaft, sich vor dem Hintergrund alter und traditionsreicher Fächer auch neuen Forschungsprogrammen gegenüber zu öffnen. Das relativ junge Fach der Medienkulturwis- senschaft lässt mich manchmal an die Figur des Lehrers John Keating denken, der mit Konventio- nen brechen muss, um neue Horizonte zu eröffnen. Glücklicherweise werden in Freiburg – anders als im Film – innovative Forschung und Lehre begrüßt.“ Lena Prisner, zweite Vorsitzende des aka-Filmclubs: „Da ich seit fast drei Jahren Mitglied und seit Juli 2014 die zweite Vorsitzende des aka-Filmclubs bin, assoziiere ich mit der Universität Freiburg automatisch den Filmclub – und da vor allem den Kult- Platz ein und wird schon seit fünf Jahren regelmäßig im Programm gezeigt. Er ist skurril und lustig und lädt zum Mitsingen und Mitmachen ein. Reis, eine Wasserpistole, Toastbrot und Toilettenpapier sind wichtige Utensilien, die man zur Vorstellung mitbringen sollte – wer den Film schon einmal im aka-Filmclub gesehen hat, wird wissen, wovon ich spreche. Nach der Filmvorführung veranstalten wir immer eine Kostümparty, zu der man sich passend zum Film verkleiden kann. Das alles macht einen Riesenspaß und ist ein Muss für alle Studierenden der Universität Freiburg.“ Foto:privat Foto:privat Gabriele Schoder, Kulturredaktion Badische Zeitung: losophin, politische Theoretikerin und Publizistin 1926 ein Semester lang an der Universität Frei- burg studierte. Oder wegen ihrer Liebesbeziehung zu Martin Heidegger, dem späteren Rektor der Universität. Sondern weil die Unerschrockenheit ihres Denkens ein Vorbild für alle Studentinnen und Studenten sein kann: Unter dem Eindruck des Eichmann-Prozesses erkannte sie als Erste die furchtbare Banalität des Bösen. Und doch war die eigenständige, mutige Denkerin das ‚ewige Mäd- chen‘ des großen Philosophen Heidegger, mit dem sie trotz seiner Verirrung in den Nationalsozialis- mus und seines Unvermögens, sich nach dem Krieg davon zu distanzieren, nie wirklich brach. War das Hörigkeit, Liebe, Inkonsequenz? Der Film ist bestens geeignet, um sich die Köpfe heißzureden.“ Foto:privat Foto:privat uni'alumni 2015 Uni-Splitter 29