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uni'alumni 2015

Jede Mark, die er übrig hatte, gab der Mann aus Norddeutschland ab den 1950er Jahren für Schlagerplatten aus – angefangen bei Peter Alexander und Rex Gildo bis hin zu den Beatles und den Bee Gees. 20.000 Singles kamen im Laufe der Jahre zusammen. Die Sammelalben, in denen der Musikfreund seine Vinyl- schätze aufbewahrte, bilden heute ein farbenfrohes Patchwork an zwei Bücher- wänden des Freiburger Zentrums für Po- puläre Kultur und Musik (ZPKM). In einem anderen Raum liegen stapelweise grau kartonierte Notenblätter aus dem 19. Jahrhundert. Eine Tür weiter reihen sich Dutzende Katalogkästen an- und überei- nander, darin Zehntausende Karteikar- ten, mit Tinte beschrieben. Das aus dem Deutschen Volksliedar- chiv (DVA) hervorgegangene ZPKM ist ein Schatzhaus der populären Musikkultur. Fundus und Forschungsthematik spannen einen Bogen vom Moritatengesang des 17. Jahrhunderts über die bürgerliche Haus- musik des 19. Jahrhunderts bis zu den Pophits der Gegenwart. Was das Populä- re ausmacht, ist zuweilen unscharf. „Be- liebtheit, wirtschaftliche Verwertbarkeit Geschäftsführenden Direktor Dr. Dr. Mi- chael Fischer populäre Musik – Kriterien, die auch für manche Werke von Johann Sebastian Bach oder Wolfgang Amadeus Mozart gelten. Ein Teil der Klassik könne durchaus als populäre Musik verstanden werden: „Uns geht es darum, Musik als soziale und kulturelle Praxis zu begreifen.“ Gier nach Neuheiten Zur populären Musik gehört für den Literaturwissenschaftler und Theologen neben Text und Melodie die Inszenierung, die es immer schon gegeben habe. „Bei Conchita Wurst haben alle über den Bart gesprochen. Im 17. Jahrhundert war die Bedeutung des szenischen Drumherums im Grunde nicht anders.“ Und auch damals hätten die Menschen nach Neuheiten ge- giert. „Lieder, auch religiöse, mussten ‚neu‘ sein, um sich gut zu verkaufen.“ Im April 2014 wurde das ZPKM als Forschungsinstitut in die Freiburger Uni- versität eingegliedert. Als Einrichtung be- steht es schon viel länger: Der Germanist und Volkskundler John Meier, der Volks- lieder – und nach Kriegsausbruch auch Soldatenlieder – sammeln ließ, hatte das Deutsche Volksliedarchiv 1914 gegrün- det. Seine Sammlung wurde später konti- nuierlich ausgebaut. Kurz vor seinem Tod 1953 vermachte Meier das Archiv dem Land Baden-Württemberg. Sein einsti- ges Wohnhaus diente dem DVA lange als Heimstatt. Zum Jahreswechsel 2011/12 zog das Institut in zweckmäßigere Räume in der Rosastraße um. Das wissenschaftliche Spektrum der Einrichtung, an der unter Fischers Leitung Musik-, Literatur- und Medienwissenschaftlerinnen und -wissen- schaftler arbeiten, wurde stetig erweitert. In den 1960er Jahren entdeckte die Forschung die Liedermacherinnen und Liedermacher sowie das politische Lied. Die musikalische Gegenwartskultur und Medienthemen kamen nach der Jahr- tausendwende dazu. 2010 wurde das Deutsche Musicalarchiv im ZPKM einge- richtet. Ein internationales Popmusikarchiv ist im Aufbau. Das Institut bringt zwei Online-Lexika heraus und hat eine neue Schriftenreihe mit dem Titel „Populäre Kultur und Musik“ aufgelegt. Daneben geht die Arbeit an den wert- vollen Sammlungen weiter, die seit 2013 unter Denkmalschutz stehen. Zur Er- gänzung des wachsenden Popmusikar- chivs können alle beitragen, die ihre alten Platten nicht mehr hören oder brauchen können: Das ZPKM ist ein dankbarer Abnehmer. Verena Adt » www.zpkm.uni-freiburg.de BLICK ZURÜCK 28 Das Schatzhaus Im 100. Jahr seines Bestehens wird das Deutsche Volksliedarchiv zum Freiburger Zentrum für Populäre Kultur und Musik Bunt und wertvoll: Die Sammlungen im Freiburger Zentrum für Populäre Kultur und Musik stehen unter Denkmalschutz. Fotos: Patrick Seeger Nicht nur Text und Melodie machen ein Musikstück populär – auch das szenische Drumherum gehört dazu, sagt Geschäftsführer Michael Fischer.

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