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uni'alumni 2016

Wer im Sommer in Freiburg einen jungen Mann beobachtet hat, der auf einem zur Minibibliothek umgebau- ten Fahrrad in lokalen Freibädern unter- wegs war, hat Martin Bruch bei der Arbeit erlebt. Bruch bringt Literatur unter Men- schen. Er will Gruppen für das Lesen begeistern, die nicht damit aufgewach- sen sind. Deshalb überrascht er schon mal – gemeinsam mit Studierenden als literarischen Bademeisterinnen und Ba- demeistern – Kinder und Jugendliche, die keine Gelegenheit haben, in Urlaub zu fahren, mit einem Angebot von Comics bis Lyrik. Oder er geht mit der Reihe „zwischen/miete“ in Wohngemeinschaften, wo studentische Kuratorinnen und Kura- toren mit jungen Schreibenden über de- ren Texte diskutieren. stadt mit kultur Bruch leitet seit Januar 2014 das Lite- raturbüro Freiburg, das sich mit etwa 100 Veranstaltungen im Jahr an Literaturinte- ressierte, Schreibende und Übersetzende wendet. Die Begeisterung ist Bruch an- zusehen, wenn er von Literatur als Kunst- form und als Möglichkeit der Fantasie spricht. Das Programm hält für jede Al- tersgruppe etwas bereit. An die ältere Generation richtet sich etwa die Lesungs- reihe „Heimatkunde“, die in der Region rund um Freiburg stattfindet. Wichtig sei außerdem, mit internationalen Autorinnen und Autoren immer wieder auch die große Welt nach Freiburg zu bringen, sagt Bruch. „Wir versuchen, experimentelle Formate zu entwickeln und an die Grenze dessen zu gehen, wohin uns die Auseinander- setzung mit Texten führen kann.“ Die bisherigen Stationen des heute 31-Jährigen lesen sich wie eine Liste deutscher Metropolen mit weltstädti- schem Flair: Berlin, Frankfurt, München. Trotzdem hat er den Schritt nach Frei- burg nicht bereut. „Reizvoll und liebens- wert“ findet er seine neue Heimat im Dreiländereck. Zudem seien die kultur- politischen Bedingungen außergewöhn- lich gut – und dürften sich ab Frühjahr 2016 sogar noch verbessern: Das Lite- raturbüro wird von seinem jetzigen Sitz im Alten Wiehrebahnhof in die Alte Uni- versität an der Bertoldstraße umziehen und als Literaturhaus wiedereröffnen. Dort teilt es sich den Theatersaal mit studentischen Theatergruppen. Für die Stadt ist eine solche Institution gewisser- maßen der literarische Ritterschlag. Für Bruch eine einzigartige Chance: „Die Entwicklung der Literaturhäuser ist eine relativ junge und hat keine Tradition, de- ren Bärte wir hegen und pflegen wollen. Das bedeutet eine enorme Freiheit, das Haus so aufbauen zu können, dass es nach Freiburg passt.“ Dass Bruch eines Tages ein Litera- turhaus mitgestalten würde, war keines- falls vorgezeichnet. Eigentlich wollte er Lektor werden. In Hildesheim, Rom/Ita- lien und Berlin studierte er Kreatives Schreiben und Kulturwissenschaften. Anschließend arbeitete er als Assistent der Geschäftsleitung in einem Frankfurter Verlag. Von dort wechselte er in die Zentrale des Goethe-Instituts nach Mün- chen. In die Rolle des Kulturvermittlers wuchs er auch über eigene Projekte hinein. Gemeinsam mit Kommilitoninnen und Kommilitonen gab er eine Literatur- zeitschrift heraus und organisierte ein Literaturfestival. Als er die Stellenaus- schreibung in Freiburg sah, hatte er schließlich das Gefühl, dass darin vieles zusammenkam, was ihn seit Jahren beschäftigte. An Freiburg beeindrucke ihn nicht zu- letzt das kulturelle Miteinander. „Die ver- schiedenen Institutionen konkurrieren nicht, sondern arbeiten sehr gut zusam- men.“ Auch das Literaturbüro ist bestens vernetzt, jede zweite Veranstaltung be- streitet es mit Partnern. Vom Standort des neuen Literaturhauses verspricht Bruch sich weitere Kooperationen, etwa mit der Universität. Als Projektpartner reize ihn das Uniseum, „ein Ort mit vielfältiger Ge- schichte und vielen Geschichten“. Das Li- teraturhaus möchte er als symbolischen Kern betrachten, von dem aus ein breites Publikum erreicht werden soll. „Literatur ist nichts Exklusives. Wir möchten Zugän- ge anbieten, die nicht sofort ‚Hochkultur‘ schreien. Das Literaturhaus ist hierfür ein einzigartiger Möglichkeitsraum.“ Yvonne Troll 32 in der alten universität will Martin bruch ein literaturhaus aufbauen, das exakt nach Freiburg passt. Foto: Sandra Meyndt Der literarische Ritterschlag Porträt Martin Bruch möchte im neuen Literaturhaus mit ungewöhnlichen Veranstaltungen ein breites Publikum erreichen

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