Schüles Gruppe fand heraus, dass LSD1 mit dem so genannten Androgenrezeptor interagiert. Dieser aktiviert Gene, die für Wachstum verant- wortlich sind, und spielt eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Prostatakrebs. Viele Therapieansätze bei Prostatakrebs zielen daher darauf ab, den Androgenrezeptor lahmzulegen. Allerdings entwickeln manche Patienten nach ei- ner gewissen Therapiedauer eine Resistenz ge- gen das Antiandrogenhormon: Die Blockierung versagt, der Krebs schreitet weiter fort. LSD1 könnte die Lösung für die Zukunft sein, denn Tests mit Zellkulturen haben gezeigt: Wird das Enzym gehemmt, blockiert dies das Androgen- Rezeptor-abhängige Tumorwachstum. Kette der Ereignisse unterbrechen Schüle und weitere Freiburger Forscherin- nen und Forscher des SFB haben einen zwei- ten Ansatz zur Bekämpfung von Prostatakrebs entdeckt: „Wir haben einen neuen Mechanis- mus identifiziert, wie LSD1 zusammen mit dem Androgenrezeptor zu Prostatatumoren führen könnte.“ Hinter der Krankheit steckt ein komplexer Vorgang, der mehrere epigenetische Enzyme einbezieht. Die Enzyme, die an das Chromatin eine Methylgruppe anfügen, machen das Gleiche auch bei LSD1. Die Histon-Demethylase wird selbst methyliert. Dadurch erhält sie eine andere Oberfläche, die ein weiteres epigenetisches Enzym anlockt. Dieses bindet an LSD1 und be- wirkt, dass die kondensierte Chromatinstruktur sich öffnet. So gelangen Transkriptionsfaktoren leichter an androgenrezeptorabhängige Gene. Diese werden aktiviert, und es kommt zu un- kontrolliertem Zellwachstum. „Wenn man diese Kette der Ereignisse unterbricht, kann man das Tumorwachstum blockieren“, führt Schüle aus. „Wir haben von dem Komplex von LSD1 mit dem epigenetischen Enzym eine dreidimensionale Röntgenkristallstruktur erstellt.“ Mithilfe dieses Modells können die Wissenschaftler genauere Aussagen über die Oberfläche und die Interaktion der beiden epigenetischen Enzyme treffen. „Wir wissen, wie der Schlüssel und das Schloss aus- sehen. Nun können wir Hemmstoffe designen, die diese Bindung blockieren.“ Auf den Spuren von Proteinen: Die Arbeitsgruppe von Roland Schüle beschäftigt sich unter anderem mit epigenetischen Regulationsmechanismen bei Prostatakrebs. Fotos: Patrick Seeger Die Fotos zeigen verschiedene Kulturen mit Fettzellen (Fett ist rot gefärbt). In die Kulturen, die in der rechten Spalte abgebildet sind, haben die Forscher eine Substanz gegeben, die das epigenetische Enzym LSD1 hemmt und dadurch die Fettbildung blockiert. Fotos: Delphine Duteil 1010