Mit flexiblen Linsen und Blenden ist es den Freiburger Forschern nun gelungen, die Anpas- sungsfähigkeit des Auges auf kleinstem Raum nachzuahmen. Der zylindrische Prototyp war nur vier Zentimeter breit und fünf Zentimeter lang. Petsch lieferte eine gummiartige Linse, die sich mit kleinen Motoren verformen lässt, und Schuh- laden eine Iris aus steuerbaren Flüssigkeiten. Die Bilder, die ein mit dem Prototyp ausgestatteter Bildsensor aufnahm, waren von hervorragender Qualität. „Schärfe und Beleuchtung ließen sich nach dem gleichen Prinzip wie im Auge einstel- len. Ein erster Erfolg“, sagt Zappe. Tintenfläschchen und Elektronik liegen auf Schuhladens Laborplatz bereit. Er mischt Flüs- sigkeiten und verdrahtet Mikrochips, um eine flüssige Iris zu entwerfen, die sich auf Befehl öff- net oder schließt. Die Iris besteht aus einem kla- ren Öl und einer schwarzen Tinte. Sie sind in einer Kammer zwischen zwei Glasscheibchen eingegossen, die mit transparenten elektroni- schen Kontakten ausgestattet sind. Die Flüssig- keiten vermischen sich nicht, da die eine auf Öl und die andere auf Wasser basiert. Dabei liegt die Tinte in einem Ring innerhalb des Öls. Auch wenn man die Kammer schüttelt, bleiben sie am selben Platz, da sie die gleiche Dichte haben. Mittels Elektrobenetzung – ein Verfahren, bei dem elektrische Spannung an die Flüssigkeit an- gelegt wird – kann Schuhladen den dunklen Ring auf durchsichtige Elektroden ziehen, sodass er sich kreisförmig zusammenzieht. Die Iris lässt dann mehr oder weniger Licht durch. Für Petsch besteht die Herausforderung darin, eine Technik zu entwickeln, mit der sich die gum- miartige Linse verformen lässt. Er fügt kleine An- ker seitlich in das Gummi ein. Mikromotoren ziehen die Linse auseinander, um sie flacher zu machen. So reguliert Petsch die Brennweite ge- nau wie im Auge, indem er die Krümmung der Lin- se verändert. Mit dieser Art dehnbarer Linse ließen sich auch Abbildungsfehler, wie sie durch Astigmatismus entstehen, korrigieren, denn sie lässt sich ungleichmäßig krümmen. Der nächste Schritt bringt das System noch näher an das Vor- bild: Die Forscher arbeiten zurzeit an einem syn- thetischen Muskel, der die Linse verformen soll, „Mögliche Anwendungsgebiete dieses Systems sehen wir zum Beispiel in der Kameratechnik, in der Medizin oder Mikroskopie“ Das integrierte Auge besteht analog zum menschlichen Auge aus Iris (schwarz), Linse (blau) und Sensor (orange). Sowohl die Öffnung der Iris als auch die Krümmung der Linse lassen sich im bionischen Objektiv einstellen – wie im natürlichen Vorbild. Die optofluidische Iris besteht aus einem Tintenring, der in einem Öl eingebettet liegt. Durch Anlegen einer Spannung weitet sich die Tinte kreisförmig aus: Die Iris schließt sich und lässt weniger Licht durch. Die flexible Linse aus Kunststoff (blau) ist an muskelähnlichen Elastomeren (rot) aufgehängt, die sich zusammenziehen, wenn sie durch Stromzufuhr erhitzt werden. So entsteht ein Zug auf die Linse und sie flacht ab. Im Auge verändert der Ziliarmuskel (rot) die Krümmung der Linse. Die Netzhaut (orange) nimmt im Auge die Bildinformation auf und leitet sie über den optischen Nerv (grün) an das Gehirn weiter. Im bionischen Objektiv erkennt ein Fotodetektor (orange) die Bildpunkte. Die Bildinformationen gelangen über diesen Sensor zum Mikrocontroller (grün), an dem sie verarbeitet werden, sodass ein Bild entste- hen kann. Grafik: Gisela-und-Erwin-Sick-Professur für Mikrooptik 30