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uni'wissen 02-2013

Anteil. Nur etwa drei Prozent des Extrakts sind uns nicht bekannt“, erläutert Merfort. In ihren Versuchen haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stets den Effekt des gesamten Birkenkork-Extrakts und die Wirkungen der iso- lierten Reinstoffe gegenübergestellt. Detektivarbeit auf molekularer Ebene Merfort und ihr Team stellten fest, dass der Naturstoff bereits in der ersten Phase der Wund- heilung wirkt. Wenn die Hautzellen verletzt sind, schütten sie bestimmte Mediatoren aus. Das sind Stoffe, die zu einer vorübergehenden Ent- zündung führen. „Das ist nichts Schlechtes. Eine Entzündung ist nichts anderes als eine Abwehr- reaktion des Körpers und wichtig, damit die Wunde heilen kann“, erklärt Merfort. Zu den Me- diatoren gehören Botenstoffe wie Chemokine: Sie locken Fresszellen an, die eingedrungene Bakterien sowie totes Gewebe beseitigen. Die Freiburger Pharmazeutinnen und Pharmazeuten wiesen mit verschiedenen Tests nach, dass der Birkenkork-Extrakt die Anzahl der Mediatoren erhöht. Vor allem Betulin, der Hauptbestandteil, war für die Reaktion verantwortlich. Die Wissen- schaftler untersuchten dies an menschlichen Ke- ratinozyten,­ dem­ in­ der­ oberen­ Hautschicht­ hauptsächlich­vertretenen­Zelltyp.­Dermatologin- nen und Dermatologen der Universität Hamburg testeten den Naturstoff zusätzlich an einem Schweineohr, da die Haut der Tiere der mensch- lichen­physiologisch­sehr­ähnelt,­und­bestätigten­ die Ergebnisse. Nachdem die Pharmazeuten belegt hatten, dass der Birkenkork-Extrakt die Zahl der Entzün- dungsmediatoren vorübergehend erhöht, wollten sie herausfinden, was auf molekularer Ebene passiert. Sie gingen wie Detektive auf Spurensu- che vor. Da die Anzahl der vorhandenen Boten- stoffe direkt mit der Lebensdauer der Boten-Ribonukleinsäure­ (mRNA)­ zusammen- hängt, untersuchten sie, ob das Mittel aus der Birke die Halbwertszeit von mRNA verlängert. Denn damit der Bauplan für ein Protein vom Erb- gut abgelesen werden kann, wird ein Gen zu- nächst in einen mRNA-Strang übersetzt. Je mehr mRNA zu einem Gen vorhanden ist und je länger diese stabil ist, desto mehr von dem Pro- tein kann hergestellt werden. Es zeigte sich, dass sich zum Beispiel die Halbwertszeit der mRNA des Botenstoffs COX-2 verdreifacht, wenn die Wissenschaftler den Birkenextrakt zu den Zellen hinzugeben. Betulin ist wieder für ei- nen Großteil dieser Reaktion ausschlaggebend. Schließlich fanden die Pharmazeuten den mo- lekularen­Strippenzieher:­das­Enzym­p38­MAPK.­ Der Birkenstoff aktiviert p38 MAPK, und das En- zym­sorgt­für­die­verlängerte­Stabilität­der­mRNA.­ Um sich endgültig sicher zu sein, gaben die For- „Das war eine spannende und interessante Arbeit, mit der wir die traditionellen pflanzlichen Arzneimittel stärken konnten“ Wundheilung Schritt für Schritt: Die menschliche Haut besteht vorrangig aus den Zelltypen Keratinozyten (blau) und Fibroblasten (grün). In der ersten Phase schütten die verletzten Zellen Entzündungsmediatoren aus, mit denen sie Fresszellen (weiß) wie Granulozyten, Phagozyten und Makrophagen anlocken, die eingedrungene Bakterien (grau) sowie totes Gewebe entfernen. In der zweiten Phase schütten Makrophagen Wachstumsfaktoren aus, wodurch die Hautzellen sich vermehren, in die Wunde einwandern und diese ver- schließen. Wenn die dritte Phase, die Remodellierung, abgeschlossen ist, hat sich die Haut neu strukturiert. Die Makrophagen sterben wieder ab, und es bildet sich Narbengewebe (braun). Grafik: Tamara Klaas s s 26

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