Prof. Dr. Thomas Kenkmann ist seit 2010 Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Geologie und Strukturgeo- logie der Universität Frei- burg und seit 2013 Prodekan der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen. Nach dem Studium der Geologie und Paläontologie in Köln wur- de er 1997 an der Freien Universität in Berlin promo- viert und 2003 habilitiert. Als Wissenschaftler und Kurator arbeitete er am Geoforschungszentrum in Potsdam und später am Museum für Naturkunde Berlin. Von 2007 bis 2010 leitete er zusätzlich das Zentrum für Rieskrater- und Impaktforschung in Nörd- lingen. Seit 2009 ist er Sprecher der Forscher- gruppe „Multidisciplinary Experimental and Modeling Impact Research Network“ der Deutschen Forschungs- gemeinschaft. Er erforscht Meteoritenkrater, aber auch Bergstürze und lang- samere Verformungen der Erdkruste. Foto: Thomas Kunz Zum Weiterlesen Kenkmann, T./Deutsch, A./Thoma, K./Poelchau, M.H.(2013):TheMEMINresearchunit: experimental impact cratering. In: Meteoritics &PlanetaryScience48/1(MEMINspecialissue), S.1–2.doi:10.1111/maps.12035 Kenkmann, T./Wünnemann, K./Deutsch, A./ Poelchau,M.H./Schäfer,F./Thoma,K.(2011): Impact cratering in sandstone: the MEMIN pilot studyontheeffectofporewater.In:Meteoritics &PlanetaryScience46/6,S.890–902. Poelchau, M. H./Kenkmann, T./Thoma, K./ Hoerth,T./Dufresne,A./Schäfer,F.(2013):The MEMIN research unit: Scaling impact cratering experiments in porous sandstones. In: Meteorit- ics&PlanetaryScience48/1(MEMINspecial issue),S.8–22.doi:10.1111/maps.12016 Prof. Dr. Thomas Kenkmann simuliert Meteoriteneinschläge auch in seinem Labor an der Universität Freiburg: Ein Videoclip und ein Artikel auf unserem Forschungsportal www.surprising- science.de stellen die Anlage vor. www.pr.uni-freiburg.de/go/meteoriten Bei der Simulation von Meteoriteneinschlägen blei- ben die Splitter, Tropfen und Gesteinsreste in einer aus Blumensteckmasse und Vaseline gebastelten Fangvorrichtung hängen. Unter dem Mikroskop zeigt sich: Ist viel Wasser im Gestein (unten), kommen mehr große Splitter im Fänger an. Trockenes Gestein wirft kleinere, gleichmäßig große Gesteins- reste aus. Fotos: MEMIN Erforschung der ersten Nanosekunden nach dem Einschlag, in denen es zu einer enormen Hitze- entwicklung und zur Plasmabildung kommt. Zudem wollen die Forscher andere Gesteine, etwa Marmor und Gneis, einsetzen. Schutz vor Einschlägen Können die Erkenntnisse helfen, die Erde vor Meteoriteneinschlägen zu schützen? Kenkmann war wie viele Wissenschaftler überrascht, als am 15. Februar 2013 ein Meteorit in Russland ein- schlug.ZumGlückzerfieldieserinTausendeklei- ne Stücke, weil die Atmosphäre ihn hinreichend abbremste. Einen Impaktkrater gab es daher nicht. Dass 1.500 Menschen verletzt wurden, lag an der atmosphärischen Druckwelle, die der Meteorit er- zeugte. „Wäre der Stein nur wenig größer als 15 Meter gewesen, wäre es zur Kraterbildung gekom- men“, erklärt Kenkmann. Die Stadt Tscheljabinsk würde es wahrscheinlich nicht mehr geben. Das MEMIN-Projekt ermöglicht diese genauen Anga- ben und zeigt, wie Gefahren abgewehrt werden könnten: „Nach dem Prinzip aufeinanderprallender Billardkugeln können Projektile dazu dienen, Him- melskörper, die auf Kollisionskurs mit der Erde sind, aus ihrer Bahn abzulenken. Erste Erkennt- nisse zu diesem Mechanismus haben wir eben- falls aus den MEMIN-Experimenten erhalten“, sagt Dr. Frank Schäfer vom EMI. Die Experimente helfen den Wissenschaftlern, die Geschichte der Meteoriteneinschläge auf der Erde zu verstehen. Zu den großen irdischen Kratern zählt der Chixulub-Impakt, der einen Durchmesser von 200 Kilometer hat und vor 65 Millionen Jahren ein globales Massenaussterben verursachte, dem unter anderem die Dinosaurier erlagen. Wie beim Nördlinger Ries helfen Ge- steinsanalysenundBerechnungen,dieEinschlä- ge zu rekonstruieren. Denn durch Erosion und Abtragungen ist meist nichts mehr von der ur- sprünglichen Kraterform zu erkennen. AufderErdoberflächesindbisher184Impakt- krater bekannt, und jährlich werden neue entdeckt –auchvonGeologenderUniversitätFreiburg.„Wir sind so etwas wie die weltweite Impaktkrater- Taskforce“, sagt Kenkmann. Als am 15. September 2007 ein Meteorit am Titicacasee in Südamerika einschlug, rückte der Forscher mit seinem Team aus, um den Krater zu vermessen und Proben zu nehmen. „Es ist schon eine Passion.“ Einen ech- ten Meteoriteneinschlag miterleben würde Kenk- mann gerne – aus sicherer Entfernung und in einer menschenleeren Gegend. Bis dahin begnügt er sich mit Sternschnuppen. 7