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uni'wissen 01-2016

Zwölf Minuten Simulation, unterteilt in drei gleich lange Spielrunden, auf die jeweils eine kurze Analyse folgt: Mehr Zeit brauchen Prof. Dr. Stephan Lengsfeld und sein Team nicht, um Studierende erleben zu lassen, wie sich so genannte Bereichs- egoismen in Unternehmen auswirken. Dabei handelt es sich um Verhaltensweisen, bei denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eigene Interessen beziehungsweise Ziele ihrer jeweiligen Abteilung verfolgen – gegebenenfalls zulasten anderer Ab- teilungen oder des Unternehmens. Dies zeigt der Ökonom am Beispiel einer Pralinenfabrik. Sie benötigt als Rohstoffe Schokolade, Sahne und Kirschen, simuliert mit schwarzen, weißen und roten Legosteinen, und fertigt daraus vier unter- schiedliche Produkte. Die Fabrik hat vier aufei- nanderfolgende Arbeitsstationen, die jeweils eine spezielle Aufgabe in der Wertschöpfungskette haben. Vor Beginn der ersten Runde erhalten die Studierenden deshalb Arbeitsanweisungen, in denen die für ihre Station relevanten Aufgaben und Ziele beschrieben sind. Der „Einkauf“ soll die Rohstoffe zu möglichst günstigen Stückprei- sen beschaffen. Das „Lager“ versucht, die Kos- ten für Kühlboxen zu minimieren. Die „Produktion“ stellt möglichst viele Pralinen unterschiedlicher Sorten her, und der „Versand“ wickelt die einge- henden Aufträge ab, indem er die Pralinen nach den Wünschen der Kundinnen und Kunden zu- sammenstellt, in Kisten verpackt und verschickt. Bereichsegoismen überwinden In Runde eins sind Pappwände als Sicht- schutz zwischen den Stationen aufgebaut, denn auch in Unternehmen sind die Abteilungen oft räumlich oder organisatorisch voneinander ge- trennt, was eine mangelnde oder fehlende Kom- munikation nach sich zieht. Prompt hat die Fabrik nach den ersten vier Minuten einen Verlust ein- gefahren – obwohl alle gemäß den jeweiligen Aufgaben und Zielen gehandelt haben. Ein Muster, das Lengsfeld aus vielen Unternehmen kennt: „Jeder denkt, in seiner Abteilung sei alles im grü- nen Bereich, und trotzdem ist das Gesamtergeb- nis schlecht, weil der Blick fürs Ganze fehlt.“ In der zweiten Runde sind die Pappwände weg, und die Studierenden beobachten, welche Roh- stoffe knapp werden und welche Pralinensorten der Versand benötigt. Sie erkennen nun, dass es – gegebenenfalls durch das Ziel- beziehungsweise Anreizsystem des Unternehmens selbst verur- sachte – Zielkonflikte zwischen dem eigenen Be- reichsoptimum und einem möglichst guten Gesamtergebnis geben kann. Wenn sie bereit sind, ihre individuellen Ziele hintanzustellen, können die einzelnen Stationen besser zusam- menarbeiten – beim Einkauf geht es nicht mehr nur um die günstigsten Preise, und die Produk- tion strebt keine bloße Maximierung der Pralinen- menge an, sondern achtet stärker auf die Nachfrage. In dieser Runde wird ein Gewinn er- zielt, der in den letzten vier Minuten der Simula- tion weiter steigen soll: Nun dürfen sich die Studierenden über ihre Aufgaben und Rollen aus- tauschen und gemeinsam überlegen, wie sie den Produktionsprozess stetig verbessern können. „Bereichsegoismen“ ist nur eines von vielen Themen, das Lengsfeld mit seinem Konzept „EconRealPlay“ erlebbar machen will. „Die Grund- fragen kommen aus der Wirtschaft“, betont der Ökonom, der für seine Forschung unter anderem mit Unternehmen und lokalen Wirtschaftsver- bänden kooperiert. „Zu diesen Fragen entwickeln wir Simulationen, die den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Lerneffekte ermöglichen und die wir zur Analyse von Verhaltensmustern nutzen.“ Fra- gen sind beispielsweise: Wie wirken sich Anreiz- uni wissen 01 2016 „Die Grundfragen kommen aus der Wirtschaft“ Schwarze, weiße und rote Legosteine stehen für die Rohstoffe, aus denen die Pralinen gemacht sind – Schokolade, Sahne und Kirschen. 41 uni wissen 012016

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