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uni'wissen 01-2016

statt, so der Ökonom. Nach dem 11. September 2001 verlangte die Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung verschärfte Sicherheitsvorkehrun- gen oder begrüßte sie zumindest. Die US-Regie- rung setzte infolgedessen immense Summen für Polizei, Militär und Geheimdienste frei, um gegen Terroristen vorzugehen. Laut Krieger beliefen sich die Ausgaben für die daraus resultierenden Kriege in Afghanistan und im Irak mehreren Studien zufolge auf circa 16 Milliarden Dollar – monatlich. Und auch die Regierung in Paris reagierte im November 2015 mit militärischen Einsätzen: Zwei Tage nach den Anschlägen begann die französische Luftwaffe mit Bombar- dements auf IS-Stellungen in Syrien. Darüber hinaus entstehen so genannte Reak- tionskosten. Sie sind die Folge davon, dass Men- schen aus Furcht vor weiteren Anschlägen zum Beispiel ihren Lebensstil, ihr Konsum- und Spar- verhalten ändern oder ihre Transportmittel wech- seln. In den USA gab es eine für den Freiburger Forscher interessante Ausweichreaktion, die sich auch ökonomisch auswirkte: Viele Menschen trauten sich nicht mehr, Flugreisen anzutreten, und begannen selbst für längere Inlandsreisen das Auto zu nehmen. Das führte unmittelbar nach dem 11. September 2001 zu mehr als 300 zusätzli- chen Verkehrstoten im Monat, weil auf den Straßen mehr Unfälle passierten. „Aufgrund der Emotionen, die die Attentate auslösten, taten sich die Leute schwer damit, Risiken richtig einzuordnen.“ In ihrer Angst, selbst Opfer eines Terroranschlags zu wer- den, überschätzten die Amerikanerinnen und Amerikaner dieses Risiko – und blendeten aus, dass die Wahrscheinlichkeit, mit dem Auto zu verunglücken, um ein Vielfaches größer ist. Wirtschaftlicher Teufelskreis Solche Kosten wirkten wie Sand im Getriebe der Volkswirtschaft und gingen über rein ökono- mische Aspekte hinaus, sagt Krieger. „Wenn sich Menschen insgesamt weniger wohlfühlen und weniger glücklich sind, sind das Kosten, die zwar in den typischen Kategorien eines Ökono- men schwer zu messen, aber dennoch vorhan- den sind.“ Vor allem in instabilen Ländern wie Nordirland, das in der Vergangenheit regelmäßig von Terrorattacken betroffen war, oder Israel handeln die Menschen kurzfristiger und sparen weniger. Länder, in denen es immer wieder An- schläge gibt, werden zudem für ausländische Geschäftsinvestitionen uninteressant. „So entsteht ein Teufelskreis“, erklärt der Ökonom, „denn eine starke Wirtschaft kann dem Terrorismus teilweise den Boden entziehen.“ Und nicht jedes Land habe finanzielle Ressourcen wie die USA oder Frankreich: „Arme Länder können sich nicht ge- gen Anschläge wehren und müssen daher mit besonders schwerwiegenden wirtschaftlichen Auswirkungen rechnen.“ Auch wenn Frankreich momentan infolge der Anschläge vom November 2015 hohe Ausgaben habe, sieht Krieger die Wirtschaft des Landes nicht bedroht: „Wir wissen aus der Forschung, dass nach Anschlägen die Lebenszufriedenheit der Menschen stark abnimmt, aber rasch wieder steigt.“ Problematisch werde es für die Wirt- schaft erst, wenn der Terrorismus zur dauerhaf- ten Bedrohung werde wie in Israel. „Von einer solchen Bedrohungslage sind Frankreich und Europa sehr weit entfernt.“ Krieger ist es wichtig, sein Forschungsfeld der bislang auf Deutschland bezogenen Ordnungspo- litik modern zu interpretieren. Er möchte in seinen Untersuchungen stärker über die Grenzen hinaus- schauen – geographisch wie inhaltlich. „Vor allem die Konfliktforschung wurde bisher in der „Die Konfliktforschung wurde bisher in der Ordnungspolitik übersehen“ Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris, der französische Präsident François Hollande und Barack Obama, Präsident der USA (von links), trauern um die Opfer der Attentate in Paris vom 13. November 2015: Ziel der Anschläge war es, das Land schmerzlich zu treffen und Medienaufmerksamkeit zu erreichen. Foto: Mike Pryor/Wikimedia Commons 6 uni wissen 01 2016 6 uni wissen 012016

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