so der Ökonom, der für sein Konzept den Univer- sitätslehrpreis und den Lehrentwicklungspreis „Instructional Development Award“ der Universität Freiburg erhalten hat. Lengsfeld beschränkt sich nicht auf das pro- duzierende Gewerbe – auch Dienstleister und Verwaltungen können von den Ansätzen profitie- ren. Inwieweit, zeigt die Simulation eines Anbie- ters von Versicherungen für Kraftfahrzeuge. Die vier Stationen sind die „Abteilungsleitung“, „Sachbearbeitung Schadensmeldung“, „Sachbe- arbeitung Vertragswesen“ und „Büroassistenz“. Ziel der zehnminütigen Spielrunden ist, mög- lichst viele eingehende Aufträge korrekt zu bear- beiten. Zu Beginn sitzen die vier Studierenden jeweils an einzelnen Tischen, die um das zentrale Aktenregal herum angeordnet sind. Im Regal stehen weiße und blaue Ordner ohne erkennbare Systematik, die Tische sind mit unterschiedlichen Formularen übersät. Die Folge: Alle Teilnehmen- den müssen in Runde eins allein mit der Unord- nung zurechtkommen, die Arbeit geht langsam voran, es gibt Leerlauf. Aber es wird mit jeder Runde besser, weil die Studierenden nach und nach die Grundregeln des „Lean Office“, des schlanken Büros, umsetzen dürfen: „Unnötiges aussortieren, Arbeitsplatz säubern, Gegenstände sinnvoll anordnen, Prozesse standardisieren, Standards kontinuierlich verbessern“, zählt Lengs- feld auf. In der letzten Runde sind unter anderem die Tische umgruppiert, sodass die Wege zwi- schen den Stationen viel kürzer sind. Die Formu- Zum Weiterlesen Bajmel, B. / Lengsfeld, S. (2015): No more extra miles: experimental evidence on the critical role of (no) time autonomy for process innovation and production. Workingpaper, Universität Freiburg. Dehm, W. / Bormann, B. (2007): Wandel zum Anfassen – Der Einsatz von Prozesssimulationen in Veränderungsprozessen. In: OrganisationsEntwicklung 2/2007, S. 31– 40. Prof. Dr. Stephan Lengsfeld hat Betriebswirtschafts- lehre an der Universität Saarbrücken studiert sowie das Grundstudium der Mathematik an der Univer- sität zu Köln absolviert. Dort wurde er 1998 in den Wirtschaftswissenschaften promoviert. 2004 schloss er seine Habilitation an der Universität Tübingen ab. Nach Stationen an der Technischen Universität München und an der Uni- versität Hannover über- nahm er 2010 die Professur für Finanzwesen, Rech- nungswesen und Controlling an der Universität Freiburg. Seine Forschungsschwer- punkte sind Personal- und Organisationsökonomik, Koordinations- und Anreiz- systeme für Produkt- und Prozessinnovationen, experimentelle Wirtschafts- forschung, interne Unter- nehmensrechnung, Erfolgs- faktoren für kleine und mittlere Unternehmen sowie neue Lehr- und Lernformen in der Hochschuldidaktik. lare sind sortiert, überflüssige Ordner entfernt, Arbeitsmaterialien an geeigneten Plätzen und in angemessener Anzahl vorhanden. Zudem haben die Sachbearbeitungen ihre Aufgaben neu ver- teilt. Die Abläufe funktionieren um ein Vielfaches besser und schneller als zu Beginn – und den- noch haben die Teilnehmenden noch viele Ideen, wie sie die Prozesse weiter verbessern könnten. Kooperation mit der Wirtschaft Die Arbeit an den Simulationen zu Bereichs- egoismen und zum Lean Office ist Lengsfeld zu- folge noch nicht abgeschlossen. Gemeinsam mit Mitarbeitern und Studierenden will er beide Sze- narien weiter verfeinern, um die Abläufe so zu gestalten, dass die Teilnehmenden – Studierende oder Mitarbeitende von Unternehmen und Orga- nisationen – möglichst viel dabei lernen. Ein Weg über Versuch und Irrtum: „Alle Ideen sind willkommen, das Scheitern gehört dazu – so wie in großen Konzernen, in denen im Schnitt neun von zehn Forschungsprojekten nicht den ge- wünschten Erfolg bringen“, berichtet der Ökonom. „Aber der eine Geistesblitz, der darunter ist, macht vielleicht den entscheidenden Unterschied aus.“ Das Team strebt regelmäßige Kooperationen mit der Wirtschaft an: Es will zum einen Simulatio- nen als Fortbildungen für Unternehmen und Ver- waltungen anbieten. „Unser Ziel ist, ein Bewusst- sein für Fehlsteuerungen zu entwickeln und den Mut zu wecken, die eigenen Prozesse und Ar- beitsabläufe zu hinterfragen und zu verbessern.“ Zum anderen wollen Lengsfeld und seine Mitar- beiter weitere Probleme, Herausforderungen und Best-Practice-Verhaltensweisen aus der Praxis in neue Simulationen umsetzen, um den Wissens- transfer zwischen Universität und Wirtschaft an der Schnittstelle zur Forschung zu fördern. www.finrech.uni-freiburg.de/copy_of_econrealplay uni wissen 01 2016 Ordner, Formulare, Umschläge, Farbpunkte – welche Materialien zu welchem Zweck sinnvoll sind, zeigt sich in den Spielrunden. 43 uni wissen 012016