Prof. Dr. Jürgen Rüland hat Politikwissenschaft, Geschichte und Germanistik an der Albert-Ludwigs-Uni- versität studiert. Dort wurde er 1981 promoviert und 1989 habilitiert. Nach Statio- nen in Passau und Rostock kehrte er 1998 an das Semi- nar für Wissenschaftliche Politik nach Freiburg zurück. Von 2001 bis 2007 war er Direktor des Freiburger Arnold-Bergstraesser- Instituts. Außerdem lehrte und forschte er mehr als sieben Jahre an verschiede- nen südostasiatischen Universitäten. Seine For- schungsschwerpunkte sind Kooperationen und Institutionen in den inter- nationalen Beziehungen, Globalisierung und Regionalisierung, internatio- nale Politik im asiatisch- pazifischen Raum, Demo- kratisierung sowie der politische, sozioökonomi- sche und kulturelle Wandel in Südostasien. Foto: Hanspeter Trefzer Zum Weiterlesen Nguitragool, P. / Rüland, J. (2015): ASEAN as an actor in international fora. Reality, potential and constraints. Cambridge (= Integration through law: The role of law and the rule of law in ASEAN Integration 7). Rüland, J. (2014): The limits of democratizing interest representation: ASEAN’s regional corporatism and normative challenges. In: European Journal of International Relations 20/1, S. 237–261. Rüland, J. (2014): Constructing regionalism domestically: Local actors and foreign policymaking in newly democratized Indonesia. In: Foreign Policy Analysis 10/2, S. 181–201. Jahr wurde das seit Ende der 1970er Jahre be- stehende regionale Parlament formal reformiert. Eine Umbenennung sollte einen Zuwachs an de- mokratischen Kompetenzen vortäuschen – eine Reaktion auf die zunehmende internationale Kri- tik, die ASEAN pflege einen elitären Politikstil, der die Interessen der betroffenen Bevölkerung missachte. Globale Standards, lokal interpretiert Viel wichtiger sei es jedoch, hinter die Termi- nologie zu blicken, sagt Rüland. Man müsse prüfen, welche Normen tatsächlich umgesetzt würden. „Das Parlament hat weder gesetzgebende noch kontrollierende Funktionen. Es hat lediglich emp- fehlende Kompetenzen. Außerdem vertreten die Abgeordneten stark die jeweiligen Regierungs- positionen.“ Anstatt europäische Normen spiegel- bildlich zu übernehmen, passe die ASEAN diese an die eigenen Interessen an. Zugunsten von Harmonie und Einheit würden Themen wie die Menschenrechtssituation in Myanmar kaum dis- kutiert. Eine 2012 verabschiedete Erklärung der ASEAN zum Schutz der Menschenrechte ist in- ternational umstritten, da sie Schlupflöcher bietet, sobald nationale Interessen berührt sind. „Das Parlament ist im Grunde eine Fassade“, resümiert Rüland. Ein Modell nach europäischem Muster hält er nicht zuletzt aufgrund der Unterschiede zwischen den Staaten für wenig realistisch. „Sie führen dazu, dass man sich auf der Ebene des kleinsten gemeinsamen Nenners bewegen muss.“ Das Thema ist eingebettet in den Forschungs- schwerpunkt „Dynamic Alignments and Dealign- ments in Global Southeast Asia“ des Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) und in das vom Bundesministerium für Bildung und For- schung finanzierte Projekt „Grounding Area Stud- ies in Social Practice“. Neben Rüland beteiligen sich die Ethnologin Prof. Dr. Judith Schlehe und der Ethnologe Prof. Dr. Stefan Seitz, der Wirt- schaftswissenschaftler Prof. Dr. Günther Schulze und die Historikerin Prof. Dr. Sabine Dabringhaus, die damit ebenfalls die Südostasienforschung an der Universität Freiburg stärken. Rülands Arbeit kommt nicht nur der Wissenschaft zugute, son- dern findet auch in der Politikberatung einen ak- tuellen Praxisbezug. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen wirkt er etwa bei Treffen von Think Tanks mit und ist in Gremien präsent, die die deutsche Politik gegenüber Südostasien mitge- stalten. Außerdem informieren er und sein Team die Öffentlichkeit regelmäßig über aktuelle Ent- wicklungen in der Region. „Schließlich wollen wir nicht nur im Elfenbeinturm sitzen und für eine kleine Gruppe von Experten Forschung betreiben.“ www.southeastasianstudies.uni-freiburg.de uni wissen 02 2015 Vorbild Europäische Union? Inwieweit die ASEAN sich der EU angleicht, ist eine der Forschungsfragen Jürgen Rülands. Foto: Europäisches Parlament 27 uni wissen 022015