Methanogene Archaeen sind zudem die einzigen Organismen, die im Darm von Säugetieren aus dem Stoffwechsel heraus Methan herstellen, das mit der Atemluft in die Umwelt gelangt und als Klimafaktor bekannt ist. Eine eigene Domäne In den 1960er und 1970er Jahren räumten Forscherinnen und Forscher mit der irrtümlichen Vorstellung auf, dass die den Extremen zuge- neigten Archaeen zur Domäne der Bakterien ge- hören. Die Wissenschaft teilt alles, was lebt, in Domänen – auch Urreiche genannt – ein. Den neuesten Erkenntnissen zufolge bilden die Ar- chaeen eine eigene Domäne – neben Bakterien und Eukaryoten. Zu Letzteren gehören kernhalti- ge Einzeller wie die Hefezellen sowie Pflanzen, Pilze und Tiere. „Von außen sind Archaeen nur schwer von Bakterien zu unterscheiden“, sagt Al- bers. Deutliche Unterschiede gibt es jedoch in der molekularen DNA-Maschinerie, die dafür sorgt, dass die genetische Information in Protei- ne umgesetzt wird. Bei Archaeen geht dieser Vorgang nicht wie bei Bakterien vonstatten, son- dern eher wie bei Eukaryoten. „Außerdem läuft ihr Stoffwechsel völlig anders ab, und wichtige Bausteine der Zellwand zeugen von der einzigar- tigen Stellung dieser Lebewesen“, betont die Mi- krobiologin. 1977 wies der US-amerikanische Mikrobiologe Carl Woese nach, dass sich die ribo- somale Ribonukleinsäure (rRNA) der Archaeen deutlich von jener der Bakterien unterscheidet. Ribosomen sind Organellen der Zelle, in denen unter Einschluss von Ribonukleinsäure (RNA) die Proteinbiosynthese abläuft. Seit 1997 arbeitet Albers im Labor mit Sulfolo- bus acidocaldarius, einem Schwefel und Säure liebenden Archaeon, das sie auch schon mal aus den heißen Quellen im US-amerikanischen Yellowstone-Nationalpark nach Freiburg mitge- bracht hat. Dank der Vorliebe des Archaeons für heiße Naturräume sind seine Eiweiße hitzebe- ständig. „Wir können damit bei Zimmertemperatur arbeiten und auf die übliche Kühlung verzichten“, erklärt die Wissenschaftlerin, die während ihrer Diplomarbeit am Max-Planck-Institut für Bioche- mie in Martinsried ihr Interesse an Archaeen ent- uni wissen 02 2015 Das Archaeon ist von einer Proteinschicht umgeben, die S-layer heißt. Diese sorgt dafür, dass die Zelle eine feste Hülle hat. Das Archaellum durchstößt die S-layer, sodass sein Filament sich außerhalb der Zelle befindet. Der Motor des Archaellums, der das Filament bewegt, befindet sich in der Zellmembran und besteht aus den Proteinen FlaJ, FlaI, FlaH und FlaX. FlaB wird das Fila- mentprotein genannt. FlaF und wahrscheinlich auch FlaG sorgen dafür, dass das Archaellum in der Zellwand verankert ist. Quelle: Sonja-Verena Albers Kochende Schwefelquellen in der Tiefsee, so genannte Schwarze Rau- cher, bilden den Lebensraum bestimmter Archaeen. Foto: P. Rona/NOAA „Von außen sind die Archaeen nur schwer von Bakterien zu unterscheiden“ 30 uni wissen 022015